Protestaktion gegen Haftbedingungen

Seit dem 1.8. sind über 500 Gefangene im Hungerstreik. Ihr Protest richtet sich gegen ein zunehmend rigider werdendes Knastregime. Durch die Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung ist der Druck auf die Gefangenen noch größer geworden. Duckmäuser sind gefordert – kritische Menschen unerwünscht. Wer aufbegehrt läuft schnell Gefahr besonderer Repression ausgesetzt zu sein. Zur Unterdrückung von Kritik verfügt das Knastsystem über ein breites Terrorinstrumentarium: u.a. tägliche Demütigungen, Zensur kritischer Zeitungen und Briefe, Kontaktsperren, Isolationshaft bis hin nun zur nachträglichen Sicherungsverwahrung. Angesichts eines solchen Klimas ist es umso erstaunlicher, daß sich nun so viele Gefangene zu einer gemeinsamen Aktion zusammengefunden haben.
Ihre Forderungen nach Abschaffung der Isolationshaft, der Sicherungsverwahrung und der Zensur können wir nur unterstützen. Unter anderem deshalb stehen wir hier auf der Straße. Unsere Kritik geht aber noch viel weiter. Wir sind der Ansicht, daß kein Mensch das Recht hat, einen anderen Menschen einzusperren. Viele werden jetzt fragen, was denn mit den schlimmen Fällen passieren soll, die wir aus den Medien kennen. Ehrlich gesagt, wir wissen es nicht. Wir würden uns aber eine breite Diskussion darüber wünschen, wie eine Gesellschaft auch ohne Knast mit solchen Problemen umgehen kann. Außerdem
Wer jetzt glaubt, die Gefängnisse seien voll mit „ganz schlimmen“ Menschen, ist auf dem Holzweg. Allein in NRW sitzen Tausende, weil sie ihre Geldstrafen nicht bezahlen konnten. Schwarzfahrer, Eierdiebe und vor allem Süchtige stellen das Gros der Knastinsassen. Letztere bräuchten eher eine Therapie als Knast. Es ist schon bezeichnend für diese Gesellschaft, daß es mehr Knast- als Therapieplätze gibt.
Knast hat viel mit uns draußen zu tun
Es ist nicht verwunderlich, daß diese ganzen Verschärfungen im Knastsystem jetzt zu einer Zeit kommen, in der es vielen Menschen draußen immer schlechter geht. In der viele Existenzangst haben. Wer sollte die Leute draußen, die nicht mehr über die Runden kommen, daran hindern sich das zu nehmen, was sie zum Leben brauchen? In dieser Gesellschaft: die Androhung von Haft. In einer freien Gesellschaft würden die Menschen eben das bekommen, was sie brauchen. Knast überflüssig!
Wieviel der Knast mit den Zuständen in einer Gesellschaft zu tun hat, zeigt sich auch daran, wer überhaupt dort landet. Es sind fast auschließlich Leute aus dem ärmsten Teil der Gesellschaft. In den USA lautet das Kriterium für Knastgefahr: ARM und SCHWARZ. Hierzulande könnte mensch sagen: ARM, SÜCHTIG und MIGRATIONS-HINTERGRUND.
Aus unserer Sicht lassen sich die Probleme rund um das Gefängnisunwesen nur in einer freien solidarischen Gesellschaft überwinden. Das darf uns aber nicht daran hindern, schon hier und gegen die gröbsten Auswüchse anzugehen.
Autonomes Knastprojekt und freund/inn/e/n c/o kumm erus Elsaßstr.34, 50677 Köln akp.koeln@googlemail.com

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