Erneut Jugendlicher von Polizei angeschossen
Nur kurze Zeit nach dem Foltermord an Engin Ceber und dem tödlichen Schuss auf Cagdas Gemik, haben nun türkische Polizeibeamte einen weiteren Jugendlichen beinahe getötet. Der Vorfall ereignete sich am 9. November in Adana.
Nachdem das Motorrad eines Polizisten gestohlen wurde, begaben sich zwei Polizeibeamte auf die Suche nach dem Fahrzeug. Als sie das Motorrad in der 61. Straße des Wohnviertels Onur in fahrendem Zustand entdeckten, öffneten sie das Feuer, um die drei darauf sitzenden Jugendlichen aufzuhalten. Dabei wurde der 14-jährige Ahmet Yildirim, der ganz hinten saß, in den Rücken geschossen.
Ahmet Yildirim musste schwer verletzt ins Numune Krankenhaus eingeliefert werden. Seine beiden anderen Freunde, die auf dem Motorrad saßen wurden festgenommen…. Der Polizist, der auf den Ahmet Yildirim geschossen hat, steht unter Schutz. Sein Name wird geheim gehalten und es heißt, dass er festgenommen und vom Dienst suspendiert wurde.
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Dialogrecht in den Gefängnissen
Gestern Sonntag (9. November) hielten die Angehörigen der Gefangenenorganisation TAYAD eine Presseerklärung auf dem Kislahan-Platz in Antalya ab.
Mit der Aktion forderten die TAYAD-Mitglieder den Justizminister erneut auf, sein, in einem Rundschreiben festgehaltenes Versprechen, den Gefangenen in den F-Typ Gefängnissen ein zehnstündiges Gesprächsrecht einzuräumen, umzusetzen.
Bei der Protesterklärung wurde ein Transparent mit der Aufschrift „SCHLUSS MIT DER ISOLATION UND FOLTER IN DEN GEFÄNGNISSEN! DAS GESPRÄCHSRECHT MUSS EINGEHALTEN WERDEN!“ geöffnet. Mit symbolischen Särgen wurde an die 122 im Widerstand gegen die Isolationshaft getöteten Menschen erinnert. Die TeilnehmerInnen des Protests riefen die Parolen „Der Justizminister muss sein Versprechen halten“, „Das Gesprächsrecht muss gewährleistet werden“ „Schluss mit der Isolation“ und „Die Mörder
Die im TAYAD organisierten Angehörigen von Gefangenen sagten: „Seht, in diesen Särgen haben wir 122 unserer Kinder auf unseren Schultern zu Grabe getragen!… Solange es Tyrannei gibt, ist es legitim, dass sich die Unterdrückten gegen diese Tyrannei wehren… In diesem Land gibt es RevolutionärInnen, die ihre Würde und Ehre verteidigten. Der Staat versucht diese Revolutionäre in den F-Typ Gefängnissen zu isolieren. Unsere Kinder werden drinnen und wir werden draußen unseren Kampf fortsetzen. Der Justizminister muss sein Versprechen einhalten … „.
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StudentInnenproteste gegen den YÖK
Am 27. Jahrestag der Gründung des reaktionären Hochschulrats YÖK wurden landesweit Proteste abgehalten.
Die Jugendföderation organisierte am 7. November eine zentrale Aktion in Ankara. In Istanbul hatten sich am Vorabend mehrere Dutzend Mitglieder der Föderation versammelt, um die Fahrt nach Ankara gemeinsam anzutreten. Gleichzeitig machten sich auch die StudentInnen aus anderen Städten auf den Weg zum zentralen Versammlungsort in der Hauptstadt.
Gegen 10.00 Uhr morgens am 7. November waren alle Mitglieder der Jugendföderation zur Aktion eingetroffen und es wurden die Parolen „Nein zum YÖK“, „Wissenschaft und Bildung für das Volk“, „Wir wollen keine ‚F-Typ‘- Universität“ gerufen.
Die Jugendföderation kam mit einer ganzen Palette von Forderungen, die auf Protestschildern und Transparenten Ausdruck fanden:
• Kostenlose, Wissenschaftliche Bildung in der Muttersprache
• Recht auf kostenlose Unterkunft, Transport und Gesundheit
• Aufhebung diskriminierender Bildung
• Ausreichende technische Ausstattung und
• Gewährleistung kostenloser sozialer und kultureller Räumlichkeiten
• Wir fordern eine Unabhängige, demokratische Universität
• Schluss mit dem Terror der Polizei, der Gendarmerie und des Spezialen Sichherheitsteams an den Schulen und Schluss mit den Ermittlungsverfahren
Es wurde außerdem mit Plakaten gegen die Ermordung von Engin Ceber protestiert und die Verhaftung der folternden Polizisten gefordert. Weiters wurde die Umsetzung des 10-stündigen Dialogsrechts der Gefangenen und ein Ende der Isolation, Folter und Morde gefordert.
Rund 210 StudentInnen der Jugendföderation hatten sich in der Yüksel Straße versammelt, wo sie mit Parolen die LadenbesitzerInnen und die Bevölkerung auf ihre Forderungen aufmerksam machten.
Ümit Cimen verlas eine Erklräung im Namen der Jugendföderation. Darin wurde mitgeteilt, dass der YÖK ein Produkt der Militärjunta von 1980 ist, und dass er das größte Hindernis sowohl für die wissenschaftliche und demokratische Bildung als auch für freie Studien. Mit der Politik des YÖK seien die Universitäten zu Handelsplätzen geworden, hieß es.
Cimen erklärte weiter: „Die Eröffnung Dutzender Universitäten oder die Errichtung von neuen Tabellenuniversitäten lösen weder das Bildungsproblem noch stellen sie einen Schritt in Richtung Lösung dar.
Die Lösung liegt nicht darin, Universitäten zu eröffnen, in denen eine derartige Bildung vorherrscht, sondern darin, das Bildungssystem zu verändern, es neu zu organisieren, und zwar so, dass Bildung und Wissenschaft dem Volk zur Verfügung stehen und deren Bedürfnissen nachkommen. Wir wollen Demokratische Volksuniversitäten, die auf Wissenschaft und Bildung für das Volk basieren, und in denen es keinen YÖK oder ähnliche Institutionen gibt.“
Im Anschluss an die Erklärung wurde mitgeteilt, dass zuerst eine Delegation von 4 StudentInnen der Jugendföderation ein Gespräch mit dem Abgeordneten der CHP (Republikanische Volkspartei) Atilla Kart im Parlament führen wird, und dass sich die StudentInnen anschließend zum YÖK begeben werden, um dem YÖK-Vorsitzenden Yusuf Ziya Özcan ein Dossier mit ihren Forderungen zu überreichen.
Die vierköpfige Delegation verließ um 11.00 Uhr die Yüksel Straße, um das Treffen mit dem Abgeordneten im Parlament wahrzunehmen. Atilla Kart äußerte seine Meinung, dass der YÖK die derzeitigen Universtitäten gleichschaltet, dass er der jungen Bevölkerung das Recht auf Bildung entzieht, aber keine Massenorganisation genügend Reaktion dagegen aufzeigt.
Er sagte außerdem, dass der YÖK eine Institution sei, die von der ’80er- Junta geschaffen wurde, um die Studierendenbewegung
der ’60er Jahre zu zerschlagen, und dass es deshalb auch unmöglich sei, demokratische Bedingungen an den Universitäten herzustellen. Die StudentInnen antworteten, dass es ihnen bewusst sei, dass der YÖK unter diesen Bedingungen nicht abgeschafft werden könne. Dies hänge aber nicht nur mit der AKP-Regierung zusammen, sondern mit allen Regierungen, die seit 27 Jahren an die Macht gekommen waren. Der YÖK habe die Anforderungen aller bisherigen Regierungen erfüllt, sein Weiterbestehen liegt also darin, dass er die Jugend gleichschaltet.
Die StudentInnen sagten außerdem, dass die Politik des YÖK nicht von der Politik der AKP oder von anderen Regierungsparteien getrennt werden kann: „Genauso, wie die AKP-Regierung oppositionelle Kreise verhaftet und wie im Fall von Engin Ceber ermordet, hält sich auch der YÖK an die Befehle der Regierungen und öffnet leitet Ermittlungsverfahren gegen oppositionelle Kreise ein und schließt sie aus der Schule aus“.
Atilla Kart erklärte abschließend, dass er in diesem Kampf auf der Seite der StudentInnen stehe und dass er bereit ist alles Erforderliche zu unternehmen.
Die Mitglieder der Jugendföderation begaben sich anschließend vor die Zentrale des YÖK.
Dort wurde ihnen mitgeteilt, dass sich der Vorsitzende Yusuf Ziya Özcan derzeit auswärts befindet. Das Dossier wurde dennoch bei der Institution abgegeben und ein Termin mit Özcan für heute, den 11. November vereinbart.
Einer der Delegierten, Hazal Avsar Tunc informierte die restliche Gruppe über die Gespräche und betonte, dass die Lösung nciht im parlamentaristischen Kampf liege, sondern in der Verstärkung des Kampfes der StudentInnen.
Die Aktion endete gegen 14.00 Uhr.