Göttingen,24.11.2008
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat heute entschieden, dass Christian Klar nach 26 Jahren Knast Anfang Januar aus der Haft entlassen wird. Auch wenn die Rote Hilfe diese Entscheidung natürlich erfreut zur Kenntnis nimmt, ist sie für uns dennoch kein Grund zum Jubeln. Christian Klar hat 26 Jahre in bundesdeutschen Knästen verbracht, davon viele unter den verschärften Bedingungen der Isolationshaft.
Die Rote Hilfe hat seit vielen Jahren die längst überfällige Freilassung der verbliebenen Gefangenen aus der „Rote Armee Fraktion“ gefordert. Dass diese Forderung nicht durchsetzbar war, zeigt nicht nur eine Niederlage der Solidaritätsbewegung. Es offenbart auch die Tatsache, dass der Umgang mit den Gefangenen aus der RAF bis zum heutigen Tag, mehr als zehn Jahre nach der Selbstauflösung der RAF, von einem staatlichen Rachebedürfnis geprägt ist. Insbesondere Christian Klar ist als Symbolfigur für den Aufbruch der Stadtguerillagruppen in den 1970er Jahren abgestraft worden, er ist länger inhaftiert als irgendein anderer Gefangener aus der RAF.
Die bevorstehende Haftentlassung Christian Klars ist für uns Anlass, noch einmal an die Bedingungen der Verfolgung, Verurteilung und Inhaftierung der ehemaligen RAF-Mitglieder zu erinnern. Die Verfahren gegen mutmaßliche oder tatsächliche Mitglieder der RAF setzten grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft. Gekaufte Kronzeugen, verschwundene, unter Verschluss gehaltene oder vernichtete Beweise und Dokumente, ausgehebelte Verteidigerrechte und Sondergesetze machten und machen diese Verfahren zur offensichtlichen Farce. Der Terrorparagraph 129a erübrigte in den meisten Fällen jeden individuellen Tatnachweis. Allen Mitgliedern der RAF wurden regelmäßig sämtliche während ihrer Mitgliedschaft stattgefundenen Taten zur Last gelegt. Den besonderen Zorn der Verfolgungsbehörden zogen sich die Angeklagten insbesondere zu, wenn sie nicht bereit waren, sich selbst und andere zu belasten oder sich von ihrer eigenen Geschichte und ihren linken Zielen zu distanzieren.
Mehr als deutlich wurde dies im vergangenen Jahr, als eine antikapitalistische Äußerung Christian Klars zum Anlass genommen wurde, ihm bereits in Aussicht gestellte Hafterleichterungen zu verwehren.
Der Kampf gegen die politische Justiz und für die Freiheit der politischen Gefangenen ist mit der aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts keineswegs überflüssig geworden. So sitzt mit Birgit Hogefeld ein weiteres Mitglied der RAF im Gefängnis, in Stammheim findet zur Zeit ein absurdes 129b-Verfahren gegen türkische Exil-Linke statt.
Die Rote Hilfe e.V. fordert auch weiterhin:
Weg mit dem Gesinnungsparagraphen 129a und 129b!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.