Die Zeitungen zu Christian Klars anstehende Freilassung

Es ist weiterhin wichtig auf einige der aktuellen Artikel einzugehen, da sich dort weitere Linien von Repression und Widerstandsbekämpfung abzeichnen.
In diesen herrschenden Diskurs reiht sich auch das Neue Deutschland (ND) ein, die bekanntlich der Linkspartei nahe steht.
„Deutscher Herbst geht zu“ Ende titelt der ND vom 25.11.
Damit ist wohl gemeint, dass mit Christian, das letzte Mitglied, der um 1977 in der RAF organisiert war , nach 26 Jahren aus dem Knast endlich herauskommt.
Es wird aber unterschlagen, das alle Gesetze aus dieser Zeit weiter in Kraft sind bzw. weiter verschärft sind.
– die Paragrafen zur Bekämpfung, Überwachung und Ausforschung des linken Widerstandes §129 und §129a sind um den §129b (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland) erweitert und verschärf worden.
– Gegen radikale Linke gibt es zu Zeit zwei Gerichtsverfahren: Zum einen findet seit September in Berlin das Verfahren gegen Axel, Florian und Olli wegen „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mg“ (§129) statt. Zum anderen wird seit dem Frühjahr gegen 5 türkische migrantische Linke wegen §129b verhandelt.
– Die Isolationshaftbedingungen:
Im ersten Stammheimer Verfahren kamen Gutachter 1975 zum Ergebnis, dass die 4 RAF-Gefangenen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe nach der jahrelangen Isolation nicht mehr verhandlungsfähig sind.
Die Isolationsfolter wird auch weiße Folter genannt, weil sie keine sichtbaren physischen Spuren am Körper hinterlässt. Sie dient der sensorischen Deprivation und sozialen Isolation, die auf das Aushungern der Seh-, Hör-, Riech-, Geschmacks- und Tastorgane zielt und dadurch zu lebensgefährlichen Zuständen führen kann.
Diese Haftbedingungen bestehen weiter und gehen heute auch an keinem der Gefangenen spurlos vorbei. Die Prozesse werden auf Kosten des Lebens von Gefangenen geführt, so findet z.B.in Stammheim gegen den herzkranken und somit haftunfähigen Mustafa Atalay, den an einer Psychose leidenden Ilhan Demirtas sowie dem retraumatisierten Florian aus dem Berliner Verfahren statt.
– Weiterhin sind Sondergerichte bzw. Staatschutzgerichte mit besonders ausgewählten geschulten Richtern ausgestattet, die Verteidigung wird generell benachteiligt wie z.B durch vorenthalte Akten, Einschüchterung und Behinderung der Öffentlichkeit durch drakonische Kontrollen.
Wie in fast allen Gazetten und vom ND findet man davon nichts, stattdessen wird in einem Kommentar die Freilassung als „Stärke des Rechtsstaat“ bezeichnet.
Nicht nur die Bild vom 25.11. befrüchtet, „dass DER ( originale Schreibweise aus der Bild) ..zum Medienstar werden dürfte. Christians Anwalt Jürgen Schneider hat das jüngst öffentlich dementiert. Aber dieser Angriff gegen Christian zielt gegen jegliche politische Betätigung, an einem Artikel aus dem selben Blatt wird es ein Tag später deutlicher: „Wird Terrorist Klar zur linken Galionsfigur?“ Bosbach von der CDU ebenda: „Mir graut davor,…das er demnächst ….. bei Chaotendemos mitmischt“.
In Belgien wurde Bertrand Sassoye, ehemaliger Gefangener aus der Stadtguerillagruppe Kämpfende Kommunistische Zellen CCC (Cellules Communistes Combattantes) für 7 Wochen inhaftiert, da er sich weiterhin politisch engagierte: Z.B. als Mitglied des internationalen Sekretariates und der Internationalen Kommission zum Aufbau einer Roten Hilfe International. Nur eine internationale Kampagne führte zu seiner Freilassung. Oder im Oktober wurde der Gefangene aus der französischen Stadtguerillagruppe Action Directe, Jean-Marc Rouillan nach einem Interview mit der Zeitung L’EXPRESS zurück in den geschlossenen Vollzug verlegt. Er war seit Dezember 2007 im Freigang, sollte dort 1 Jahr arbeiten und dann – nach fast 22 Jahren Knast, davon die meiste Zeit in Isolationshaft – entlassen werden.
Gerade ein gemeinsames Agieren von jungen und alten Linken fürchten die Herrschenden, und das soll perspektivisch hier und europaweit unterbunden werden.
Der Tagesspiegel verlangt in seiner Ausgabe vom 25.11., „nun muss sich auch der Staat der Aufarbeitung stellen“. Das hört sich erst einmal gut an, bleibt aber in einem kurzen Satz stecken: “ Die BRD, deren Staatsorgane, unter Eindruck der mörderischen RAF-Kampagne im Ausnahmezustand waren und bei der Fahndung zumindesten zeitweise an den Grenzen der Rechtsstaatlichkeit operierten…“.
Dann geht es aber gleich um die Frage, wer den Generalbundesanwalt Buback erschoss und was das BKA davon wußte.
Die Fragen, die im Februar 2007 im Gefangenen Info schon einmal gestellt worden sind, sind natürlich nicht gemeint:
Buback war für die Sondergerichte und die verschärften Isolationshaftbedingungen gegen die Gefangenen aus der RAF und anderen militanten Gruppen verantwortlich, die 9 Inhaftierte nicht überlebten. Hat seine Behörde das jeweils bedauert?
Haben sich PolizistInnen von ihren Erschießungen distanziert? Haben die Führungsetagen der Dresdner Bank oder von Daimler für ihrer Mitarbeit für den deutschen Faschismus entschuldigt? Oder von ihren Verstrickungen mit dem damaligen Apartheidsregime in Südafrika? Oder Schleyer von seiner Teilhabe an der Arisierungspolitik in der besetzten CSR oder später in der BRD von den Aussperrungen streikender Arbeiter? Oder sind die Eliten und ihre Büttel für all ihre Taten angemessen verurteilt worden?
Alles Fragen, die nur durch eine starke und emanzipatorische Linke gestellt und beantwortet werden können.
Wolfgang

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