Kommt zum Düsseldorfer §129b-Prozess

Kommt zum Düsseldorfer §129b-Prozess am Dienstag, den 3.August um 12 Uhr
Freiheit für Nuri!
Freiheit für Faruk!
Weg mit §129,a,b!

(Aufruf zur der Roten Hilfe Düsseldorf/Mönchengladbach/Neuss)

Zu Lehrstunden in Sachen Klassenjustiz und institutionalisiertem Rassismus entwickelt sich das Verfahren nach Paragraph 129b StGB vor dem 2. Strafsenat am OLG Düsseldorf. Verhandelt wird dort gegen Faruk Ereren, der sich nach dem Militärputsch in der Türkei am 12. September 1980 zum aktiven Widerstand entschloss, deshalb war er dort langjährig in Haft, wurde gefoltert, unter anderem wurden Scheinhinrichtungen an ihm vollzogen.
Hier in Deutschland wirft man ihm Mitgliedschaft in führender Position in der verbotenen Volksbefreiungsfront/partei (DHKP-C) vor. Während BKA Zeugen vorgeben wichtige Tatsachen nicht zu kennen, werden türkische Linke als Zeugen vor Gericht genötigt jedes einzelne Detail, und sei es auch 20 Jahre her, genau dazulegen.
Am letzten Verhandlungstag im Monat Juni brachte dies der Zeuge des BKA – ein Kriminalhauptkommissar- auf den Punkt: Ein Schwerpunkt der 129 b Verfahren seien die „Personenbeweise“ aus türkischen Gerichtsurteilen und diese stützen sich auf „Aussagen des Beschuldigten“ in der Türkei. In diesem Zusammenhang sprach er wortwörtlich von „so genannten Mißständen in türkischen Gefängnissen“. Der BKA Beamte berücksichtigte die Tatsache nicht, daß die Türkei regelmäßig wegen ihrer Informationsgewinnung durch Folter vom Europäischen Gerichtshof verurteilt wird.
Sich genau erinnern musste allerdings der Zeuge Nuri E. am Vortag. Die Bundesanwaltschaft wollte detaillierte Angaben welche Bücher und Broschüren die DHKP-C vor einem Jahrzehnt bei ihren Schulungen einsetzte – unter anderem wurde der Zeuge Nuri E. auch nach den Herausgebern befragt. Über eine Stunde lang dauerte die diesbezügliche Befragung durch die BAW „auch nach der DHKP-C Bibliothek“.
Schwierig für Nuri E. ist in diesem Fall seine Behinderung: Er ist seit seiner 17 jährigen Inhaftierung in der Türkei durch Folter erblindet. Nur wenige Tage später wurde Nuri dann zwecks Aussageerzwingung noch im Gerichtssaal verhaftet.

Darüber hinaus wurde noch ein Aufruf für ein Protestschreiben veröffentlicht:
Freiheit für Nuri!
Freiheit für Faruk!
Weg mit §129,a,b!

Blind in Beugehaft

Vor dem OLG Düsseldorf begann am 15.1.2009 der Prozess gegen Faruk Ereren. Auf 256 Seiten wirft man dem 54-jährigen Faruk E. in der Anklageschrift Mitgliedschaft in führender Position in der verbotenen Revolutionären Volksbefreiungsfront (DHKP-C) vor. Verantwortlich will der Ankläger ihn für Anschläge in der Türkei in der Zeit von 1993 bis 2005 machen. Am 2 Juli im Rahmen dieses Prozesses wurde den Prozessbeobachter_innen wieder einmal die deutsche „Rechtstaatlichkeit“ vor Augen geführt.
Nuri Eryüksel verbüßte insgesamt 17Jahre in Deutschland und der Türkei in Haft wegen angeblicher Mitgliedschaft in der DHKP-C. Während der Haft in der Türkei wurde Nuri regelmässig gefoltert, infolge dessen er erblindete. An diesen 2.Juli musste Nuri bereits zum fünften mal als Zeuge aussagen. Doch anhand der Gesprächsverläufe und Fragestellungen festigt sich der Eindruck, dass es hier nicht um die Wahrheitsfindung geht, sondern um die Verdächtigung und Ermittlungen gegen sowohl den Zeugen
als auch andere Personen.
Bei einer für den Prozess völlig unrelevanten Frage nach einer Fikret und Nuris Beziehung zu ihm, machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, um sich nicht selbst der Strafverfolgung auszusetzen. Desweiteren wies er drauf hin, dass in den fünf Prozesstagen nur selten Fragen zum eigentlichen Verfahren kamen.
Doch der Richtersenat drohte nach vorhergegangenen Antrag der Bundesanwaltschaft (BAW), mit einem Ordnungsgeld von 1000 Euro und 1Monat Beugehaft, weil man die Rechtmässigkeit der Ausssageverweigerung nicht anerkannte. Doch dies stieß beim Zeugen verständlicherweise auf
Unverständnis. Er wiederholte seine Bedenken und berief sich erneut auf sein Recht auf Ausssageverweigerung. Nach zwei viertelstündigen Beratungen des Richtersenats verkündete dieser, dass die Verweigerung widerrechtlich sei und verhängte 500 Euro Bußgeld und bis zu drei Monate
Beugehaft. Besonders zynisch bemerkte der Vorsitzende Richter ,des 2.Strafsenates, für Nuri sei die Beugehaft wohl ein wirksames Mittel um sich zu besinnen, denn er sei ja erblindet.
Nuri wurde noch im Gerichtssaal abgeführt und bleibt vorerst bis zum nächsten Prozesstermin, der aufgrund einer sog. „Sommerpause“ des OLG erst für den 3. August angesetzt ist, in Haft.
Der Prozess beginnt dann: 12 Uhr am OLG Düsseldorf, Kapellweg 36.
Hiermit rufen wir zu Solidaritätsbekundungen sowohl für Nuri Eryüksel als auch für Faruk Ereren auf!

Adresse für Protestschreiben:

Ministerin
Roswitha Müller-Piepenkötter,
Martin-Luther-Platz 40

40212 Düsseldorf

Telefax: 0211/8792-300

Rote Hilfe Mönchengladbach-Düsseldorf Neuss

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