§129b- Verfahren in Düsseldorf

Zu Lehrstunden in Sachen Klassenjustiz und institutionalisiertem Rassismus entwickelt sich das Verfahren nach Paragraph 129b StGB vor dem 2. Strafsenat am OLG Düsseldorf. Verhandelt wird dort seit dem 15.1.2009 gegen Faruk Ereren, der sich nach dem Militärputsch in der Türkei am 12. September 1980 zum aktiven Widerstand entschloss, deshalb war er dort langjährig in Haft, wurde gefoltert, unter anderem wurden Scheinhinrichtungen an ihm vollzogen.

Hier in Deutschland wirft man ihm Mitgliedschaft in führender Position in der verbotenen Volksbefreiungsfront/partei (DHKP-C) vor. Während BKA Zeugen vorgeben wichtige Tatsachen nicht zu kennen, werden türkische Linke als Zeugen vor Gericht genötigt jedes einzelne Detail, und sei es auch 20 Jahre her, genau dazulegen.
Am letzten Verhandlungstag im Monat Juni brachte dies der Zeuge des BKA – ein Kriminalhauptkommissar- auf den Punkt: Ein Schwerpunkt der § 129 b Verfahren seien die „Personenbeweise“ aus türkischen Gerichtsurteilen und diese stützen sich auf „Aussagen des Beschuldigten“ in der Türkei. In diesem Zusammenhang sprach er wortwörtlich von „so genannten Missständen in türkischen Gefängnissen“. Der BKA Beamte berücksichtigte die Tatsache nicht, dass die Türkei regelmäßig wegen ihrer Informationsgewinnung durch Folter vom Europäischen Gerichtshof verurteilt wird.
Sich genau erinnern musste allerdings der Zeuge Nuri E. am Vortag. Die Bundesanwaltschaft wollte detaillierte Angaben welche Bücher und Broschüren die DHKP-C vor einem Jahrzehnt bei ihren Schulungen einsetzte – unter anderem wurde der Zeuge Nuri E. auch nach den Herausgebern befragt. Über eine Stunde lang dauerte die diesbezügliche Befragung durch die BAW „auch nach der DHKP-C Bibliothek“. Schwierig für Nuri E. ist in diesem Fall seine Behinderung: Während der Haft in der Türkei wurde Nuri regelmäßig gefoltert, infolge dessen ist Nuri erblindet. Einige Tage später, am 2.Juli, musste Nuri dann bereits zum fünften Mal als Zeuge aussagen. Bei einer für den Prozess um Faruk völlig unrelevanten Frage machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, um sich nicht selbst der Strafverfolgung auszusetzen. Des Weiteren wies er drauf hin, dass in den fünf Prozesstagen nur selten Fragen zum eigentlichen Verfahren kamen. Doch der Richtersenat drohte nach vorhergegangenem Antrag der Bundesanwaltschaft, mit einem Ordnungsgeld von 1000 Euro und 1 Monat Beugehaft, weil man die Rechtmäßigkeit der Aussageverweigerung nicht anerkannte. Doch dies stieß beim Zeugen verständlicherweise auf Unverständnis. Er wiederholte seine Bedenken und berief sich erneut auf sein Recht auf Aussageverweigerung. Nach zwei viertelstündigen Beratungen des Richtersenats verkündete dieser, dass die Verweigerung widerrechtlich sei und verhängte 500 Euro Bußgeld und bis zu drei Monate Beugehaft. Besonders zynisch bemerkte der Vorsitzende Richter des 2.Strafsenates für Nuri sei die Beugehaft wohl ein wirksames Mittel um sich zu besinnen, denn er sei ja erblindet. Nuri wurde noch im Gerichtssaal abgeführt und bleibt vorerst bis zum nächsten Prozesstermin, der aufgrund einer sog. „Sommerpause“ des OLG erst für den 3. August angesetzt ist, in Haft.
Der Prozess beginnt dann: 12 Uhr am OLG Düsseldorf, Kapellweg 36.
Wir rufen Euch alle auf an diesem Tag als Zeugen in Sachen Klassenjustiz und institutionalisiertem Rassismus dem Verfahren beizuwohnen!!!
Öffentliche Verkehrsmittel: Prozessgebäude Kapellweg 36
Das Prozessgebäude liegt etwa 4,4 Kilometer von dem Hauptgebäude entfernt.
ab Düsseldorf Hauptbahnhof
mit den S-Bahnen
S 8 Richtung Mönchengladbach Hbf/Europaplatz,
S 11 Richtung Bergisch-Gladbach,
S 28 Richtung Kaarster See
bis Haltestelle „Völklinger Straße“
mit der Straßenbahn-Linie 708 Richtung Düsseldorf-Hamm bis zur Haltestelle „Hemmersbachweg“,
sodann jeweils über die Plockstraße zum Kapellweg 36

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