[Quelle: A.L.I.]
Am Mittwoch, den 27. Januar 2010, gegen 18:30 Uhr drangen etwa 20 Polizisten in ein linkes Studentenwohnheim in der Roten Straße in Göttingen ein, um 4 Wohnungen zu durchsuchen. Alle anwesenden BewohnerInnen wurden sofort in das Wohnzimmer gesperrt und mussten dort erst einmal eine halbe Stunde verharren, ohne dass ihnen der Grund der Hausdurchsuchung mitgeteilt wurde. Gleichzeitig wurde die Rote Straße in Höhe Burgstraße und Jüdenstraße abgesperrt, nur AnwohnerInnen wurden nach Vorlage ihres Ausweises zu ihren Wohnungen begleitet.
Währenddessen suchten Polizisten das Haus ab. Schließlich wurde den BewohnerInnen eröffnet, dass die Polizisten jedes Zimmer, in dem ein mitgebrachter Spürhund kläffen würde, gründlich durchsuchen wollen, so lautete der offensichtlich mit heißer Nadel gestrickte Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Göttingen von 16:23 Uhr desselben Tages. Bei dieser Gelegenheit wurde dann auch gleich zusätzlich ein alter Durchsuchungsbeschluss gegen einen der Bewohner aus der Schublade gekramt und vollzogen. Gesucht wurden unter anderem Beweismittel in Form von Bekleidungsstücken, dunklen Jacken, Fahrräder, Pappe und Filzstifte, beschlagnahmt wurden dann zwei Computer sowie verschiedene Datenträger, Bücher und Farben.
Bereits während der Durchsuchung kam es zu einer Spontandemonstration mit ca. 200 TeilnehmerInnen.
Die Polizei nahm 5 Personen vorübergehend fest. Umgestürzte Mülltonnen und spontan errichtete Barrikaden in der Fußgängerzone zeugten von der Wut gegen staatliche Repressionsorgane.
Im Anschluss positionierte die Polizei mehrere Einsatzfahrzeuge vor dem Eingang des alten Rathauses, in dem zeitgleich eine Gedenkveranstaltung mit einer Überlebenden aus Auschwitz anlässlich des heutigen Jahrestages der Befreiung stattfand. Die BesucherInnen der Veranstaltung mussten beim Herausgehen durch ein Polizeispalier. „Dieses Vorgehen lässt ein Mindestmaß an Sensibilität am heutigen Tag vermissen. Es ist eine Schande, was sich die Polizei an diesem Tag geleistet hat“, so eine Besucherin der Veranstaltung.
Begründet wurde die Durchsuchung mit Ermittlungen zu einem Brand in einer Teeküche der Ausländerbehörde am 22. Januar (die regionale Presse berichtete), im Zuge derer ein Spürhund am 27. Januar angeblich eine Geruchsspur bis zur Roten Straße verfolgt habe. Eine Sprecherin der Antifaschistischen Linken International >A.L.I.< sagte nach der Durchsuchung: „Dies ist ein Angriff auf linke Strukturen in Göttingen! In der Vergangenheit hat es mehrfach unter einem Vorwand Durchsuchungen in linken WGs gegeben, die später für rechtswidrig erklärt werden mussten. Ebenfalls mit fadenscheinigen Begründungen wurden am 19. Januar d.J. Geschäftsräume in Berlin und Dresden durchsucht und Plakate beschlagnahmt, die gegen den Naziaufmarsch in Dresden am 13. Februar mobilisieren. Diese Einschüchterungstaktik von Polizei und Behörden wird keinen Erfolg haben; jetzt erst Recht werden wir gegen Geschichtsrevisionismus und Repression vorgehen – auf allen Ebenen, mit allen Mitteln!“