Containerskandal in Venezuela

Über 2000 Lebensmittelcontainer beschlagnahmt. Expräsident von Staatskonzern in Untersuchungshaft. Regierung verstaatlicht Häfen

Von Jan Ullrich

amerika21.de

Containerskandal in Venezuela Verladedocks des Hafens von Puerto Cabello

Caracas. In der letzten Woche wurden in den Hafenanlagen des Bundesstaates Carabobo nach Angaben venezolanischer Medien insgesamt 2795 zurückgehaltene Container mit Lebensmitteln gefunden. Bei Bekanntwerden des Vorfalls am Dienstag letzter Woche war zunächst von lediglich drei Containern ausgegangen worden. Als Verantwortlichen für das „Verschwinden“ der Container wurde der ehemalige Präsident der Lebensmittelkette PdVAL, Tochtergesellschaft des staatlichen Ölkonzerns PdVSA, ausgemacht. Präsident Hugo Chávez kündigte noch am Freitag die sofortige Verstaatlichung der Hafenanlagen an und erklärte deren Betreiber zu den Hauptverantwortlichen.

Für die venezolanische Regierung bedeutet dieser Vorfall auf jeden Fall einen handfesten Skandal. Das Verschwinden von Grundnahrungsmitteln ist seit Jahren eines der Hauptthemen der venezolanischen Öffentlichkeit. Die Regierung nahm dabei private Unternehmen, allen voran Supermarktketten unter Beschuss und warf ihnen Preistreiberei und gezielte Destabilisierungsversuche vor. Das Zurückhalten von Lebensmitteln und Grundgütern ist in Lateinamerika seit dem Sturz der Regierung Allendes in Chile 1973 probates Mittel nationaler Unternehmer gegen unliebsame Regierungen. Auf der anderen Seite beklagten Unternehmerverbände, die staatlich geregelten Preisobergrenzen für Grundnahrungsmittel würden deren Verkauf zum Verlustgeschäft machen.

Nun ist ausgerechnet die von der Regierung gegründete staatliche Lebensmittelkette PdVAL in den Vorfall verstrickt. PdVAL soll die Versorgung der Bevölkerung mit subventionierten oder verbilligten Grundnahrungsmitteln sicherstellen und gleichzeitig als Vertriebskanal der verstaatlichten Lebensmittelindustrie fungieren.

Venezuela importiert knapp 70 Prozent seiner konsumierten Lebensmittel. Der Anteil der staatlich finanzierten Lebensmittelimporte ist durch bilaterale Abkommen mit den Nachbarländern in Südamerika und der Karibik in den letzten Jahren stark angestiegen. Vom angestrebten Ziel der Selbsternährung ist das Land auch deshalb weiterhin weit entfernt. Die ehrgeizige Landreform der ersten Regierungsjahre mit Fokus auf Kleinbauern, Kooperativen und ökologischen Landbau, die in der Region und darüber hinaus für großen Zuspruch der „bolivarischen Revolution“ gesorgt hatte, wurde aufgegeben. Stattdessen setzt die venezolanische Regierung seit 2007 verstärkt auf eine verstaatlichte Lebensmittelindustrie und Großprojekte bei Herstellung, Weiterverarbeitung und Vertrieb.


Bildquelle: alcusa.com.ve

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