OFFENER BRIEF AN HERRN HARALD FIEDLER, DGB FRANKFURT/MAIN

„Wir gingen nicht hierher, um einem Faschismus zu entkommen und dem anderen zu verfallen […]“ Arnold Zweig während seines Exils in Palästina 1933-1948.
Sehr geehrter Herr Fiedler,
auf einer Kundgebung in Frankfurt am Main gegen den israelischen Terrorüberfall auf einen humanitären Schiffstransport für die in Gaza eingeschlossene Bevölkerung haben wir von Ihrem Schreiben an Herrn Melzer (Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost) erfahren. In Ihrem Brief erteilen Sie der schon länger geplanten Nakba-Ausstellung in den Räumen des DGB Frankfurt eine Absage. Sie begründen dies mit der Verpflichtung Ihrer Organisation zu einer Politik, die für friedlichen Ausgleich zwischen Juden und Palästinensern stehe. Eine solche Politik lasse sich nicht mit den Inhalten der Ausstellung vereinbaren.
Ihre Argumentation enthält ein Höchstmaß an Dreistigkeit und Zynismus. Das lässt sich schon nicht mehr mit Opportunismus oder Feigheit erklären. Mit Ihrer Begründung des Ausstellungsverbots fordern Sie im Namen des DGB Frankfurt von den Opfern der Aggression und der Vertreibung nichts anderes als den Verzicht darauf, über das erlittene historische und aktuelle Unrecht in der Öffentlichkeit zu berichten. Im Kern handelt es sich hier um die Aufforderung an das palästinensische Volk, aus der Geschichte und heute aus der Weltgemeinschaft der Völker zu verschwinden. Das ist aber genau das Ziel der israelischen Politik. Ihr „friedlicher Ausgleich“ ist also in Wirklichkeit Unterstützung der israelischen Blockade. Dass Sie das Hausverbot für die Ausstellung mit dem Wunsch begründen, in der „aktuellen Situation“ – d. h. nach dem Mord an zahlreichen Helfern durch die israelische Einheit – nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen zu wollen, ist ein Euphemismus imperialistischer Sprachregelung. Da ist es dann nicht mehr weit bis zur Stellungnahme des israelischen Botschafters in den USA, der in einem Interview im US-Fernsehen am 3.6. den Einsatz gegen unbewaffnete Zivilisten mit dem Kampf der US-Streitkräfte gegen den Nazifaschismus verglich.

Wir fordern vom DGB Frankfurt die Rücknahme dieser Entscheidung!
Stellen Sie der Nakba-Ausstellung das notwendige Forum zur Verfügung!
Um Öffentlichkeit über Ihre jämmerliche Haltung werden wir uns nach Kräften bemühen.
Die Darstellung von Mord, Terror und Vertreibung als Bedingung für die Gründung und Existenz des Staates Israel kann der DGB in seinen Räumen verbieten – die Tatsachen nicht. Gerechtigkeit und Menschlichkeit werden sich durchsetzen.

Die internationale Solidarität wird siegen – auch ohne Sie und Ihresgleichen, Herr Fiedler.
Dag Maaske, Wiesbaden
Arndt Müller, Frankfurt am Main
Ursprünglich war dieser Offene Brief von uns, den beiden den Erstunterzeichnern, als ein – notgedrungen – isolierter Protest verfasst worden. Nachdem nun immer wieder Rückmeldungen eintreffen mit dem Angebot, ebenfalls unterschreiben zu wollen, schicken wir ihn jetzt erneut in die Welt mit der Bitte, unterstützen Sie mit einer kurzen eigenen Anschlussformel die zwei Forderungen an den DGB Frankfurt via e-mail an

harald.fiedler@dgb.de

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