Anklage wegen Massengrabs führt zu heftigen Reaktionen des Präsidenten. Menschenrechtsaktivisten hoffen nun auf EU-Parlament
Von Hans Weber
amerika21.de
Bogota. Drei Tage nach einer öffentlichen Anhörung über die humanitäre Krise im südkolumbianischen La Macarena, wo rund 2000 anonyme Leichen neben einer Militärbasis begraben liegen, besuchte der scheidende Präsident Uribe den Ort. Er sei gekommen, um den stationierten Truppen „zu gratulieren und sich für ihre Dienste zu bedanken“, sagte er, um die Angehörigen der Mordopfer scharf zu attackieren. Ihre Anklage des Massenmordes sei „eine Strategie des Terrorismus“, um das Militär zu diskreditieren.
Der Auftritt provozierte empörte Reaktionen. Die Behauptung, dass die klagenden Angehörigen der Opfer und Organisatoren „Terroristen“ seien, „macht uns zum klaren und direkten militärischen Ziel der Streitkräfte“, so die Senatorin und Mitorganisatorin der Anhörung Gloria Inés Ramírez bei einer Pressekonferenz.
Der Hinweis auf die krassen Menschenrechtsverletzungen in der Region hatte schon im März Johnny Hurtado, dem Leiter eines lokalen Menschenrechtskomitees, das Leben gekostet. Drei Monate vor seiner Ermordung hatte Hurtado eine humanitäre Kommission aus Großbritannien zu dem Ort geführt, wo hunderte Leichen verschart worden sind.
Das Gebiet um La Macarena ist wegen der „Operation Omega“, einer dauerhaften Aktion der Armee gegen Rebellengruppen FARC und ELN, massiv militarisiert. Die „mobilen Brigaden“ der Armee üben ständigen Druck auf die sozialen Netzwerke der Region aus, kritisiert die Juristenorganisation José Alvear Restrepo nach dem gewaltsamen Tod Hurtados.
Die Zone hat eine strategische Bedeutung aufgrund ihres Erdölreichtums. Die Aktionen der Armee im Süden Kolumbiens werden von Washington mit rund 20 Millionen US-Dollar jährlich unterstützt.
Uribes schwerwiegender Vorwurf des „Terrorismus“ betreffe auch die europäischen Parlamentarier, die an der Anhörung teilnahmen, erklärte die Senatorin Ramírez gegenüber der Radiostation Contagio. Man hoffe deswegen auf eine Stellungnahme des Europäischen Parlaments, so Ramírez weiter.