Eine neue Dokumentation beleuchtet die Rolle von Frauen im italienischen Widerstand.
Wenn über Frauen im antifaschistischen Widerstand Italiens gesprochen wird, ist meist von »Staffetta« die Rede. Das Wort »Kurierin« – so die deutsche Übersetzung – taucht beispielsweise in den Personenakten der »Commissioni riconoscimento qualifiche partigiani« (Kommisionen zur Anerkennung früherer Partisanen) auf. Doch die Bezeichnung »Kurierin« wird der Rolle der Partisaninnen nicht gerecht. Die Vokabel ist Teil der offiziellen Geschichtsschreibung, welche für lange Zeit die weibliche Rolle im Partisanenkampf auf eine Art hübsches Beiwerk reduziert. Partisaninnen werden bis heute vor allem als medizinische oder logistische Hilfskräfte wahrgenommen
Eine neue Dokumentation soll mit diesem Vorurteil aufräumen. Der Film »Bandite« der italienischen Regisseurinnen Alessia Proietti und Giuditta Pellegrini dokumentiert die Erfahrungen italienischer Frauen, die zwischen 1943 und 1945 gegen den Faschismus kämpften. Ab dem 11. November ist der Streifen auch in Deutschland zu sehen. Premiere ist im Berliner Eiszeit-Kino, danach wird die Doku in Hamburg, Bremen, Leipzig, Kassel, Nürnberg und München gezeigt. Nach jeder Vorführung stehen die Filmemacherinnen für Diskussionen bereit.
»Bandite« zeigt, daß Frauen eine zentrale Rolle im Widerstand spielten – als bewaffnete Kämpferinnen und Organisatorinnen einer Reihe von Generalstreiks in den Fabriken Norditaliens in den letzten beiden Kriegsjahren. Und obwohl der Anteil von Frauen vor allem von männlichen Historikern heruntergespielt wurde, haben Partisaninnen viel zur italienischen Emanzipationsbewegung nach 1945 beigetragen. Es ist kein Zufall, daß viele der Protagonistinnen des antifaschistischen Widerstandes die ersten feministischen Organisationen gegründet haben.
»Bandite« beruht auf den Erinnerungen der noch lebenden Partisaninnen. Mit dem Film haben die beiden Regisseurinnen einen Diskurs des Feminismus der 70er Jahre aufgegriffen, der die Sichtweise von Frauen in den Mittelpunkt stellt. Die Idee zur Dokumentation entstand aus einer Reihe von Treffen zum Thema »Frauen und Gewalt«. Daraus entwickelte sich die Idee, Partisaninnen dazu zu befragen, warum sie zu den Waffen gegriffen und wie sie dieses Klima der Gewalt erlebt haben.
Die Zeitzeuginnen berichten von schwierigen, aber für sie unumgänglichen Entscheidungen, die aus dem Bewußtsein heraus getroffen wurden, daß es in bestimmten Augenblicken der Geschichte keine andere Wahl gibt. »Wenn wir dann dachten, daß wir auch Jugendliche erschießen sollten, die vielleicht unser Alter hatten, hatten wir einen gewissen Kummer. Einen Mensch zu töten, liegt absolut nicht in unserer Natur«, erzählt beispielsweise die Partisanin Walkiria. Sie berichtet aber auch, wie sie von Feinden ergriffen, gefoltert und vergewaltigt wurden. Diese Greuel bleiben bis heute ein schwierig aufzuarbeitendes, tabuisiertes Thema. Auch die Partisaninnen erzählen nur sehr selten darüber. Einige Einblicke gewährt der Streifen von Proietti und Pellegrini.
Informationen und Termine zum Film »Bandito« unter: www.bandite.org
Premiere und Diskussion mit den Regisseurinnen am 11. November, 20 Uhr im Eiszeit-Kino, Berlin, Zeughofstraße 20
Marta Nuzzo, Consuelo Moschino, Junge Welt vom 3. November 2010