Indiens Ureinwohner wehren sich

Medizinische Hilfe für die Adivasi
Veröffentlicht:
21. Dezember 2010
Als Freiwilligen-Organisation Sumud wollen wir dem Aufruf der indischen Ureinwohner, die um ihr Überleben kämpfen, Folge leisten. Sie suchen Unterstützung für ihre autonomen Entwicklungsprojekte. Nicht nur, weil wir gegen die x-te Wiederholung des Völkermords durch die westliche kapitalistische Zivilisation aufstehen wollen. Sondern auch weil wir angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise von der Globalisierung ebenfalls betroffen sind und unsere Kräfte mit dem globalen Widerstand vereinigen wollen.

Die Globalisierung machte Indien zu einem Bonanza der multinationalen Konzerne. Die hundert Industriellenfamilien, die eine Milliarde Menschen beherrschen, haben alle schützenden Barrieren niedergerissen, so dass das Kapital völlig freie Hand hat – alles im Dienste der Entwicklung.

Im rohstoffreichen Südosten Indiens vergab die Regierung ganze Landstriche an Bergbaugesellschaften und Industriekonzerne mit Verträgen im Wert von Dutzenden Milliarden Euro. Die fallen wie die Heuschrecken ein um die Bodenschätze auszubeuten. Dieser Raubbau lässt nicht viel mehr als verbrannte Erde zurück. Auf diesem Land leben jedoch die Adivasi, Hindi für Ureinwohner, seit unzähligen Generationen, aber oft ohne Eigentumstitel. Sie gehören zu den Ärmsten der Armen. Wie die Unberührbaren, die Dalits, werden sie von der Gesellschaft ausgeschlossen, mit dem Unterschied jedoch, dass sie in Rückzugsgebieten lebten, die ihnen auch ihre Lebensgrundlage boten.

Für das Business gibt es da nur eine Lösung: sie von ihrem Land zu vertreiben, so wie es der sich entwickelnde Kapitalismus mit den amerikanischen Indianern machte. So wurden im vergangenen Jahrzehnt hunderttausende Adivasi vertrieben. Dabei vernichtete man nicht nur ihre Subsistenzwirtschaft, sondern ist dabei, auch ihre Kultur zu zerstören.

Doch auch der Widerstand wächst. Megaprojekte sind in der Schwebe, weil die Adivasi sich weigern ihr Land zu verlassen. Wenn billige Versprechen im Stil der weißen Siedler Nordamerikas nichts mehr fruchten, dann kommt rohe Gewalt zur Anwendung. Jahrelange friedliche Proteste entwickeln sich zu Formen der Selbstverteidigung. Die bewaffnete maoistische Bewegung wächst schell an und stellt die politische Führung der Adivasi in den zentralen Konfliktzonen. Die Regierung baute eine irreguläre Miliz „Salva Judum“ (reinigende Jagd) auf, die Dörfer nieder brannte und die Bewohner vertrieb. Hunderttausende Adivasis wurden in Lager interniert. Aber sie flüchteten nach und nach und stärkten die Reihen der Maoisten. 2009 zerfiel Salva Judum und die Armee selbst, gestützt auf paramilitärische Kräfte, erklärte nun unter dem Namen „Grüne Jagd“ den Ureinwohnern den Krieg.

Der doppelte Einfluss der Globalisierung und der Widerstandsbewegung verändert die Gesellschaft der Adivasi zutiefst. Den kapitalistischen Entwicklungsweg, wie er von den globalen Eliten einschließlich der indischen propagiert wird, lehnen sie ab. Sie suchen vielmehr nach ihrem Modell, gestützt auf die eigenen Kräfte. In den entlegensten Gebieten wurden Projekte gemeinsamer Landwirtschaft und eigenständiger handwerklicher Produktion gestartet. Das erste Mal gibt es Unterricht in den Adivasi-Sprachen, was die Regierung zwang ebenfalls nachzuziehen. Die Strukturen der lokalen Gegenregierungen schafft für die Frauen die Möglichkeit aus der traditionell untergeordneten Rolle auszubrechen.

Auch andere Teile des einfachen Volkes beteiligen sich am Widerstand. Denn hunderten Millionen wurden die Segnungen der Globalisierung nicht zuteil. Das Beispiel von Posco, einem koreanisch-amerikanischen Unternehmen der Schwerindustrie, das mit mehr als zehn Milliarden die größte Einzelinvestition Indiens plant, illustriert die Situation. An der Ostküste, im Bundesstaat Odisha, soll ein Stahlwerk mit einem Hochseehafen und Eisenerzabbau im Hinterland entstehen. Während die Regierung die Werbetrommeln rührt und vom Gemeinwohl spricht, hält die lokale Bevölkerung dagegen. Die Adivasi kämpfen gegen den Bergbau auf ihrem Land, die Fischer gegen die Zerstörung der Fischgründe, die Bauern ohne Besitztitel um ihre Äcker und die breite Bevölkerung um das Wasser, das ihnen die Industrie absaugen wird. Sie sprechen für eine Entwicklung von unten, gestützt auf die eigenen Kräfte und nicht für das Big Business.

Mit der Verschärfung der Konflikte in Indien bezeichnet Neu Delhi jegliche Opposition gerne als Terrorismus ganz im Stil Amerikas, sei es die islamische Minderheit, die nationalen Befreiungsbewegungen in Kashmir und im Nordosten, die Dalits oder die Adivasi. Die selbsternannte größte Demokratie der Welt verfolgt all jene, die jene demokratischen Rechte in Anspruch nehmen, welche die auf Gandhi zurückgehende Verfassung garantiert. Selbst die bekannteste Schriftstellerin Indiens, Arundhati Roy, die dem bewaffneten Widerstand der Adivasi einen Besuch abstattete, wird mit Gefängnis bedroht.

Als Freiwilligen-Organisation Sumud wollen wir dem Aufruf der indischen Ureinwohner, die um ihr Überleben kämpfen, Folge leisten. Sie suchen Unterstützung für ihre autonomen Entwicklungsprojekte. Nicht nur, weil wir gegen die x-te Wiederholung des Völkermords durch die westliche kapitalistische Zivilisation aufstehen wollen. Sondern auch weil wir angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise von der Globalisierung ebenfalls betroffen sind und unsere Kräfte mit dem globalen Widerstand vereinigen wollen.

Der Zugang zu den Regionen des Adivasi-Widerstands wird von der Armee blockiert. Unsere Freunde und Partner von „Adivasi Drum“, der größten Adivasi-Organisation im südlichen Bundesstaat Andra Pradesh, schlugen ein mobiles medizinisches Projekt am Rande der Konfliktzonen vor. Ob das möglich sein wird, hängt auch von unserer Fähigkeit ab, eine Bewusstseinskampagne sowohl hier als auch in Indien zu entfalten.

Für Anfang 2011 ist ein Pilotprojekt geplant, in dem erste medizinische Versorgung angeboten werden soll. Nach dem Besuch vor Ort wollen wir das Projekt wachsen lassen. Wir suchen:

* Medizinisches Personal, das bereit ist, mit den Teams vor Ort zu arbeiten.
* Film, Foto, Jornalisten
* Mehrere Tausend Euro, um damit lokal Medikamente anzukaufen.

Bewerbungen an: info@sumud.at und info@sumud.de

Spenden:

Okaz Österreichisch-Arabisches Kulturzentrum
Kto.-Nr. 02710015760
Bawag BLZ 14000

IBAN: AT911400002710015760
BIC: BAWAATWW

Stichwort: Sumud

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