Ägypten: Aus dem Magma bilden sich langsam Strukturen heraus
Von Aug und Ohr
18. Februar 2011
In Ägypten ist ein „Bund Junger Revolutionäre“ dabei, einen Forderungskatalog auszuarbeiten. Die ersten fundamentalen, an das Militär gerichteten Forderungen wurden in einem Dokument zusammengefaßt, das sich „Volkskommuniqué Nr. 1“ nennt.
Darin wird die Auflösung des am 29. Januar eingesetzten Kabinetts sowie des Parlaments gefordert, dessen Zusammensetzung im vergangenen Jahr durch Wahlbetrug zustandegekommen war, wie im Kommuniqué betont wird. Hier kollidiert ein Teil der Forderungen der oppositionellen Aktivisten mit der einseitig aufoktroyierten Militärregierung und der damit verbundenen Liquidierung des Parlaments: Ablehnung des Scheinparlaments contra Liquidierung des letzten Anscheins von Parlamentarismus.
In Punkt 2 fordert die aus Akademikern, Bloggern und Angehörigen der Mittelschicht zusammengesetzten Formation die Bildung eines aus 5 Mitgliedern bestehenden provisorischen Präsidentschaftsrates, davon sollen 4 Zivilpersonen sein, einer ein Militär.
Sie fordern in Punkt 3 die Bildung einer Übergangsregierung, deren Aufgabe es sein soll, innerhalb von 9 Monaten Wahlen abzuhalten, sowie die Einsetzung eines Gremiums, das eine neue demokratische Verfassung ausarbeiten soll.
Punkt 4: Freiheit für die Medien sowie die Gewerkschaften, in denen, so wird etwas einseitig hervorgehoben, Rechtsanwälte, Ärzte und Ingenieure vertreten sind, sowie die Möglichkeit politische Parteien zu gründen.
Der letzte Punkt: Militär- und Sondergerichte sind aufzulösen.
In diesem Bund sind Elemente von Kifaya, der 6.-April-Gruppe und politischen Parteien nahestehende Personen vertreten. Scharfe Ablehung des Heeres ist bei ihnen nicht zu bemerken, sie trafen sich Sonntag abend mit Mahmoud Hijazi und Abdel Fattah, beides Generalmajore, in einer durchaus nicht paternalistischen Atmosphäre, wie anerkennend bemerkt wurde. In der Delegation des Protestausschusses war unter anderem Wael Ghonim vertreten.
Von expliziten Forderungen, die die ArbeiterInnen und die Bauernschaft betreffen, war bei dieser Gruppierung bis dato noch nichts zu hören.
Quellen: Guardian/Reuters/AlMasry alYoum/Democracy Now