Neue Dokumente belegen eine enge Zusammenarbeit zwischen US-Unternehmen Chiquita und rechten Paramilitärs in Kolumbien
Von Harald Neuber
amerika21.de
Washington. Das US-Justizministerium hat offenbar Hinweise über eine direkte Zusammenarbeit zwischen dem Bananenproduzenten Chiquita Brands International und rechtsgerichteten Paramilitärs in Kolumbien wissentlich übergangen. Das geht aus umfangreichen Aktenbeständen hervor, die das US-Forschungsinstitut National Security Archive (NSA) Ende vergangener Woche veröffentlicht hat. Das an der George-Washington-Universität in der US-Hauptstadt angegliederte Institut war über das Informationsfreiheitsgesetz an rund 5.500 Justizakten über ein Verfahren gegen das Bananenunternehmen gelangt.
Chiquita hatte sich dabei 2007 mit dem US-Justizministerium wegen nachgewiesener Zahlungen an den paramilitärischen Dachverband AUC in Kolumbien auf eine Strafe von 25 Millionen US-Dollar geeinigt. Das Justizministerium akzeptierte damals nach einem vierjährigen Verfahren die Darstellung des Unternehmens, dass es zu Schutzgeldzahlungen an die Milizen genötigt worden sei. Zudem habe man nie Gegenleistungen erhalten.
Einige der Akten, zu denen die Washingtoner Forscher des NSA nun Zugang bekommen haben, belegen das Gegenteil. Demnach hatten die kolumbianischen Vertreter des Bananenkonzerns ab 1990 Zahlungen an illegale bewaffnete Gruppen geleistet, um im Gegenzug die Sicherheit auf den Plantagen zu gewährleisten und gewerkschaftliche Tätigkeiten gewaltsam zu unterbinden. Zu Beginn der 1990er Jahre seien Gelder zwar kurzzeitig auch an linksgerichtete Guerillaorganisationen gezahlt worden, heißt es in einer Zusammenfassung der Akten auf der Internetseite des Forschungsinstitutes. Bereits 1993 aber habe der Chiquita-Konzern und seine Tochterfirmen in Kolumbien der Armee und den AUC-Milizen Zahlungen für Sicherheitsdienste zukommen lassen.
In internen Dokumenten des Konzerns, die nun über die Justizunterlagen erstmals zugänglich sind, ist schon 1990 von „delikaten Zahlungen“ die Rede, die in den Bilanzen verschleiert werden müssten. In den Folgejahren wurde die Kooperation zwischen dem US-Konzern und bewaffneten Kräften in Kolumbien weiter ausgebaut. Nach 1998 wurden die von Washington als Terrororganisationen eingestuften Milizen der AUC demnach über legale Bürgerwehren finanziert. Diese als „Convivir“ bekannten Einheiten waren vom späteren Präsidenten des südamerikanischen Landes, Álvaro Uribe, ins Leben gerufen worden. In einem der nun ausgewerteten Dokumente wird bestätigt, dass die „Convivir“-Verbände auch von Militärbasen aus arbeiteten.
Die Publikation tausender Akten aus dem Chiquita-Verfahren bringt auch die amtierende US-Regierung unter Präsident Barack Obama in Bedrängnis. Das NSA publizierte die Informationen am Donnerstag, während Kolumbiens Staatschef Juan Manuel Santos im Weißen Haus mit seinem US-Amtskollegen über einen lange geplanten Freihandelspakt verhandelte. Das Abkommen lag bislang wegen der Verstrickung des kolumbianischen Staates in paramilitärischen Verbrechen auf Eis.