Nach der Volksbefragung in Ecuador wollen soziale Organisationen ihre Positionen stärker vertreten. Langfristiges Bündnis geplant
Von Hanno Bruchmann
amerika21.de
Rafael Correa, hier bei einem Besuch von Krankenstationen
Quito. In Ecuador hat das Parlament die Ausarbeitung eines neuen Kommunikationsgesetzes in Angriff genommen. Eine entsprechende Kommission kam am Mittwoch erstmals zusammen, um die Auswirkungen der jüngsten Volksbefragung auf die seit Juli vergangenen Jahren stagnierende Gesetzreform zu beraten. Bei dem Referendum war auf Initiative der Regierung von Präsident Rafael Correa beschlossen worden, Medienunternehmen und privatwirtschaftliche Konzerne strikt zu trennen, um die Einflussnahme der Privatwirtschaft auf die Presse zu schmälern. Zugleich soll ein staatlicher Kontrollrat eingerichtet werden.
Am 7. Mai hatte sich Correa bei der Volksbefragung nur knapp durchgesetzt. Nach dem Referendum über eine verfassunggebende Versammlung 2007 mit einer Zustimmungsrate von 81,72 Prozent und der Annahme der Verfassung 2008 mit 63,93 Prozent ist die Volksbefragung 2011 nur mit 53 Prozent der gültigen Stimmen angenommen worden. Zieht man die rund zehn Prozent ungültigen Stimmen ab, so ist die Bestätigung zur Regierungspolitik unter die 50-Prozent-Marke gesunken.
„Die Mehrheit hat kein Vertrauen mehr in die Regierung“, sagte daher Alberto Acosta, Gründungsmitglied der Regierungspartei Alianza País und Ex-Präsident der verfassunggebenden Versammlung. „Wenn wir von den üblichen 20 bis 25 Prozent rechten Wählern ausgehen, so haben etwa 20 Prozent aufgrund der Kampagne linksgerichteter Kräfte mit Nein gestimmt“, so Acosta jüngst im Gespräch mit amerika21.de in Berlin.
Tatsächlich scheint die regierungsunabhängige Linke gestärkt. Das für die Kampagne gegründete Bündnis aus der indigenen Organisation Conaie, linken Parteien, einigen gewerkschaftlichen Gruppen und ehemaligen Regierungsmitgliedern will weiter zusammenarbeiten und die Regierungspolitik beeinflussen. Aus der Perspektive kritischer sozialer Bewegungen kann Correa nur durch Druck von der Basis zu radikalen Reformen gedrängt werden. „Wir wollen nicht mit der Regierung verhandeln, sondern eine linke Kraft aufbauen“, sagte Acosta. Mit einer neuen linken Opposition soll die Regierung bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen 2013 zu einem progressiven Kurs bewegt werden.
In den Regionen des Hochlands und des Amazonas war die Ablehnung der Volksbefragung am größten. Hier sind die indigenen Organisationen aber auch die Netzwerke des rechten Ex-Präsidenten Lucio Gutiérrez stark vertreten. Angehörige der städtischen Mittelschichten – unter ihnen viele Frauen – wählten ebenfalls mit Nein. Hohe Zustimmung dagegen konnte die Regierung in den drei größten Städten des Landes – Guayaquil, Quito und Cuenca – verzeichnen.
Es liegt nun am Kurs der Regierung, ob sie ein progressives Bündnis wieder zustande bekommt. Die Verabschiedung des vakanten Mediengesetzes ist durch die Volksbefragung näher gerückt und könnte ein erster Schritt in diese Richtung sein.
Bildquelle: Emilio Sánchez/Presidencia de la República/ http://www.flickr.com/photos/presidenciaecuador