Kommentar von Stella Calloni
Die Perversion der US-amerikanischen und europäischen Nachrichtenagenturen und ihrer Untergebenen weltweit, die Ereignisse in Libyen als »Bürgerkrieg« zu bezeichnen, belegt, wie aus einer kolonialen Intervention gegen ein Land, das sich die USA und ihre Partner aus diversen Gründen aneignen wollen, eine innere »Rebellion« gemacht wurde, die »humanitär« unterstützt werden mußte.
Die Wahrheit ist, daß das libysche Volk seit Mitte März die ungezügelten Bombenangriffe der NATO gegen ein Land mit sechs Millionen Einwohnern, von dem ein Großteil Wüste ist, ertragen muß. Die Bombardierungen haben im ganzen Land Tod und Zerstörung verursacht, um den Söldnern den Weg zu ebnen, die von Anfang an Motor der angeblichen »Rebellion« des Volkes gegen Muammar Ghaddafi waren.
Es gibt weder ein Bild von dieser »Volks«-Rebellion noch von den angeblichen »Bombenangriffen Ghaddafis auf die Zivilbevölkerung«, der »Entschuldigung«, mit der sie die brutale Intervention inmitten des 21. Jahrhunderts gerechtfertigt haben. Inzwischen wird diese Zivilbevölkerung von ihren »Beschützern« der NATO massakriert und ihre Heime, Schulen, Versorgungszentren, medizinischen Laboratorien, Universitäten, Krankenhäuser zerstört, während das Gebiet mit abgereichertem Uran übersät wird, was für die Zukunft eine menschliche und ökologische Katastrophe bedeutet.
Die von den Vereinten Nationen am 17. März dieses Jahres verabschiedete Resolution 1973, angeblich, um eine Luftblockade über Libyen zu installieren, hatte als einziges Ziel, die Regierung dieses souveränen Landes daran zu hindern, sich zu verteidigen. Diese Resolution wurde angenommen ohne anzuhören, was die direkten Beobachter zu sagen hatten.
Sie sorgten so dafür, daß Libyen keine Luftverteidigung hatte. Und man kann es als ihre moralische Niederlage bewerten, daß dieses Land für fast sechs Monate den Bombenangriffen Widerstand geleistet hat und so beweisen konnte, daß die angeblichen »Rebellen« ohne die NATO nicht existieren würden.
Um einen Eindruck vom Ausmaß der Wahrheit zu bekommen, die die Medien verschweigen, reicht es, sich ein Foto anzusehen, daß in den vergangenen Stunden kursierte und von einigen Medien veröffentlicht wurde. Es zeigt angebliche »libysche Oppositionelle«, deren Erscheinung, Kleidung und Bewaffnung sie zu den typischen Söldnern macht, die die Mächte in diese Region gebracht haben.
Um ihre Intervention beginnen und durchführen zu können, benutzten die USA und ihre Verbündeten die Massenmedien in aller Welt, die in Wahrheit unter ihrer militärischen und Sicherheitskontrolle stehen. In diesem Fall konnten sie auch auf die interessierte oder desinteressierte, aber dasselbe Ziel erfüllende Mitarbeit einiger als fortschrittlich geltender Journalisten und Intellektuellen rechnen, die Komplizen dieser Intervention und des Netzes aus Lügen zu ihrer Rechtfertigung waren.
Um sich rechtfertigen zu können warten diese jetzt darauf, daß die NATO gewinnt und die Geschichte der Sieger über die von der libyschen Regierung begangenen »schrecklichen Menschenrechtsverletzungen« erzählt, um zu verdecken, was die Söldner und Invasionstruppen machen. Wie sie es in Afghanistan, im Irak oder viel früher getan haben.
Haben sie so schnell die nicaraguanischen »Contras« vergessen, als sie von den US-Stützpunkten in Honduras aus das sandinistische Nicaragua angriffen, Dörfer zerstörten, töteten, folterten und Frauen und Mädchen vergewaltigten? Ronald Reagan nannte sie damals »die Freiheitskämpfer«.
Von der CIA und ihren Verbündeten geführte Söldnergruppen »Rebellen« zu nennen bedeutet, es an Respekt für die wirklichen Rebellen fehlen zu lassen, die in aller Welt für ihre Befreiung kämpfen.
Das Volk und die Regierung Libyens hatten nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, sich zu verteidigen. Jedes Land der Welt, das aus dem Ausland angegriffen wird, muß dies tun.
Stella Calloni ist eine bekannte Journalistin und Buchautorin in Argentinien. Ihr Kommentar wurde am Dienstag abend (Ortszeit) von der staatlichen argentinischen Nachrichtenagentur Telam veröffentlicht.
Übersetzung: André Scheer / Junge Welt vom 25. August 2011 Letzte Aktualisierung ( Thursday, 25. August 2011 )