Regierung Santos und Guerilla signalisieren Dialogbereitschaft für Lösung des Konflikts. Ex-Senatorin Córdoba bietet Vermittlung an
Bogotá. Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos hat am Dienstag dieser Woche am Rande eines Staatsbesuchs in Chile erneut eine mögliche Bereitschaft seiner Regierung zu Friedensgesprächen mit den beiden Guerillagruppen FARC und ELN signalisiert. Er reagierte damit auf einen Aufruf eines Nationalen Friedenskongress, bei dem am vergangenen Wochenende im kolumbianischen Barracabermeja soziale Bewegungen des Landes zusammen gekommen waren, um über eine friedliche Lösung des jahrzehntelangen bewaffneten sozialen Konflikts zu beratschlagen.
Im Rahmen der Konferenz hatte die „Bewegung Kolumbianerinnen und Kolumbianer für den Frieden“ unter Führung der Menschenrechtsaktivistin und Politikerin Piedad Córdoba zur Wiederbelebung des Friedensprozesses in Kolumbien ihre Vermittlung angeboten. In einem Kommuniqué an die Teilnehmer der Friedenskonferenz bekräftigten die Revolutionären Streitkräfte Kolumbien (FARC) daraufhin erneut ihre Verhandlungsbereitschaft, zugleich stellte die Gruppe jedoch Bedingungen wirtschaftlicher, sozialer und politischer Reformen. Die ELN hatte bereits vor einer Woche ihre Dialogbereitschaft angekündigt.
Santos schränkte bei seiner Erklärung in Santiago de Chile jedoch ein, dass es zunächst an der FARC liege, Bedingungen für einen möglichen Dialog herzustellen. Dazu müssten nach Meinung des Präsidenten die Forderungen seiner Regierung nach Freilassung aller Entführten, einer Einstellung „terroristischer Aktionen“, Aufgabe des Drogenhandels und die Einstellung der Rekrutierung Minderjähriger erfüllt werden. „Der Staat ist bereit, diese Tür zu öffnen, wenn dies erfüllt ist, aber das haben wir bisher nicht gesehen. Wir haben keine verlässlichen und ehrlichen Beweise, dass sie wirklich einen Dialog möchten“, erklärte Santos in Santiago de Chile.
Währenddessen erneuerten die „Kolumbianerinnen und Kolumbianer für den Frieden“ bei einer Pressekonferenz am Dienstag ihren Vorschlag eines breiten Verhandlungstisches mit Vertretern aus Zivilgesellschaft, Regierung sowie Guerilla und begrüßte dabei die Absichtserklärungen zu möglichen Verhandlungen durch die FARC und ELN in den letzten Tagen. Die Sprecherin der Organisation, Piedad Córdoba, forderte dabei alle Teilnehmer eines möglichen Dialogs auf, die Erfahrungen der bisher gescheiterten Verhandlungen zu erwägen und in einen neuen Dialog einzubeziehen. Auch forderte Córdoba eine Debatte über die Begriffe Gleichheit und Gerechtigkeit. Es müsse bei den Gesprächen auch darum gehen, „irrationale Konsequenzen zu vermeiden, vor allem für die ärmsten Bewohner des Landes, die neben der Strafe des Konflikts selber ebenso unter den bestehende Ungerechtigkeit zu leiden haben“. Der Vorschlag ihrer Organisation beinhaltet deshalb auch „eine Vereinbarung mit dem Staat über die notwendigen Transformationen zu Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe“.
In der vor der Presse verlesenen Erklärung forderte Córdoba gegenüber FARC und ELN eine humanitäre Lösung für die 98 von den beiden Organisationen gefangen gehaltenen Personen. Auch über eine Beseitigung von Landminen und die Abgabe von Waffen müsse gesprochen werden, so Córdoba. Zudem wies sie FARC und ELN darauf hin, dass die unterschiedlichen Bereiche der kolumbianischen Gesellschaft weiterhin auf „ein eindeutiges Bekenntnis“ warten, dass „die Entscheidung der Anerkennung des Internationalen Humanitären Rechts in die Praxis umsetzt wird“. Nur so könne ein definitiver Fortschritt erreicht und der Weg zu einem politischen Ausweg aus dem sozialen und bewaffneten Konflikt geebnet werden.
Zuletzt hatten Regierung und kolumbianische Guerilla in den späten 1990er Jahren über eine friedliche Lösung des bewaffneten und sozialen Konflikts in Kolumbien verhandelt. Nach dem wiederholten Bruch der Waffenstillstandsabkommen durch alle beteiligten Seiten waren die Verhandlungen unter dem damaligen Präsidenten Andrés Pastrana (1998-2002) zum Erliegen gekommen. Sein Nachfolger im Amt des Präsidenten, Álvaro Uribe, hatte seitdem auf ein militärische Lösung des Konflikts gesetzt.