Der 14. Januar 2012 – Naziaufmarsch und das Märchen der fliegenden Betonplatte

dieses Flugblatt wurde im Zuge des Naziaufmarsches vom Kollektiv des Soziales Zentrums im Stadtteil Stadtfeld Ost verteilt

Am vergangenen Wochenende fand in Magdeburg zum 13. Mal der alljährliche Naziaufmarsch aus Anlass der Bombardierung der Stadt Magdeburg im 2. Weltkrieg statt. Es gab Gegenaktivitäten, die darauf abzielten den Naziaufmarsch direkt zu blockieren. In unseren Augen ist es eine Selbstverständlichkeit für jede/n AntifaschistInnen die Propagandaveranstaltung der Faschisten zu unterbinden. Die Losung „Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus“ ist für uns praktische Handlungsanleitung. Doch die 2000 eingesetzten Polizisten versuchten mit allen Mitteln den Naziaufmarsch durch zu prügeln und haben ihr Ziel erreicht. Die Nazis konnten ihre geplante Route laufen, währenddessen AntifaschistInnen gehetzt und verletzt wurden. Die Bilanz: 25 Ingewahrsamnahmen, unzählige Festsetzungen von AktivistInnen und mindestens 10 gemeldete Verletzte durch Polizeigewalt.Der Nazi – und Polizeiaufmarsch in Magdeburg

Ziemlich früh zeichnete sich eins ab: Die Polizei wird mit allen Mitteln versuchen den Nazis den Weg frei zu machen und ihnen zu ermöglichen ihre rassistischen, menschenverachtenden und geschichtsverfälschenden Inhalte auf die Straße zu tragen. Die Route der Faschisten wurde mit so genannten „Hamburger Gittern“ abgesperrt, hinzu kommen die unzähligen Beamten, die ein störungsfreies Marschieren gewährleisten sollen. Ein Durchkommen schien für AntifaschistInnen sehr schwer möglich, doch es gab auch einige Erfolge, die die Demo der Nazis für einige Zeit störten und blockierten. Das Verhalten der Stadt und der eingesetzten Polizeikräfte zeigte zum wiederholten Male, dass kein wirkliches Interesse darin besteht sich den Nazis offensiv in den Weg zu stellen.

Die politischen Verantwortlichen von Stadt und Land bagatellisieren seit Jahren rechte Gewalt, überlassen den Nazis die Straßen und kriminalisieren linke Strukturen. Die Polizei ist dabei das ausführende Organ, so zeigte uns der 14. Januar und die damit verbundene Polizeistrategie, dass die Stadt gewillt ist die faschistoide Propaganda auf ihren Schultern zu tragen.

Nach den Ereignissen in der Innenstadt formierte sich um 17.00 Uhr eine antifaschistische Spontandemonstration mit ca. 300 Menschen am Alten Markt und zog in Richtung Hauptbahnhof. Dort wurde die Demo aufgelöst, es kam zu keinen Auseinandersetzungen und einige TeilnehmerInnen bewegten sich Richtung Alexander – Puschkin – Straße. Eine größere Gruppe von ca. 50-60 AntifaschistInnen zog lautstark zum Infoladen in Stadtfeld und rief Parolen wie „Stadtfeld- Nazifrei“. Die Gruppe wurde dabei von mehreren Polizeifahrzeugen begleitet. In der Alexander – Puschkin – Straße wurde die kleine Spontandemonstration mit Feuerwerkskörpern und Parolen begrüßt. Die DemoteilnehmerInnen verhielten sich dabei friedlich. Am Infoladen angekommen wollten die Meisten sich stärken und etwas essen, bis einige Beamte angefangen haben auf brutale Weise wahllos in die Menge zu knüppeln. Eine überzogene Aktion der Polizei, die auf Unverständnis der Anwesenden stieß. Wir sind es Leid diese willkürlichen Angriffen der Polizei hinzunehmen und deshalb wurde entschlossen reagiert. Barrikaden an den Eingangstüren verhinderten ein Eindringen der Polizei in das Haus. Entgegen der Behauptungen der Polizei und der bürgerlichen Berichterstattung wurden keine Toiletten, Waschbecken oder schwere Betonplatten aus dem (nicht vorhandenen) 5. Stock geworfen.

Wir waren es auch, die eine Deeskalation forcierten, um eine weitere Gefährdung der Menschen im Haus auszuschließen. Wir schickten eine Person aus dem Haus, die die Verhandlungen mit der Polizei aufnahm. Auch ein Team von Rechtsanwälten und Personen aus dem Landtag/Stadtrat unterstützten uns und sorgten ebenfalls für eine friedliche Lösung der Situation. Die frei erfundene Betonplatte und der daraus abgeleitete Vorwurf des „versuchten Totschlags“ diente der Polizei nur dazu dieses bürgerkriegsähnliche Szenario zu legitimieren und antifaschistischen Widerstand zu kriminalisieren. Bezeichnend für die Situation ist, dass die Neofaschisten im Schatten des Angriffs der Polizei ihr Propagandamaterial verteilen konnten. In selber Nacht wurde auch das Büro der Partei DIE LINKE Opfer von Angriffen durch Faschisten. Es war die Polizei, die den ganzen Tag über ,wie auch vor dem Infoladen, Knüppel auf ungeschützte Menschen nieder prasseln ließ und damit schwere Verletzungen bei den antifaschistischen Gegendemonstranten billigend in Kauf nahmen. So sieht er aus, der Schutz der Meinungsfreiheit. Die Linie der Staatsseite setzt sich trotz NSU-Debatte nahtlos fort; der Feind steht links, gegen Linke wird weiterhin konsequent vorgegangen, während den Nazis Rosen auf den Weg gestreut werden. Faschisten können weiterhin ihre menschenverachtenden Parolen verbreiten, vom Verfassungsschutz (mit-) finanzierte Wehrsportübungen durchführen u.ä., während gegen Linke der Knüppel geschwungen wird und wir AntifaschistInnen mit Verfahren überzogen werden.

Wir möchten abschließend diese Möglichkeit nutzen, um uns bei Ihnen für den Verlauf des Abends und die daraus entstandenen Unannehmlichkeiten (durch den Belagerungszustand der Polizei) zu entschuldigen. Auch wir haben uns den Abend anders vorgestellt… Abschließend möchten wir sie einladen, ihre Fragen, Anmerkungen, aber vielleicht auch ihre produktive Kritik uns mitzuteilen. Darum werden wir in absehbarer Zeit, wenn sich die Lage wieder normalisiert und die Gemüter sich beruhigt haben, zu einem offenen Treffen für die Nachbarschaft der Puschkin 20 einladen, um über den Tag und eventuelle Schäden zu sprechen. Unsere Verteidigungsmaßnahmen galten ausschließlich der Abwehr der Polizeiangriffe.

In diesem Sinne, möchten wir uns bei Allen bedanken, die sich an diesem Tag an den antifaschistischen Aktivitäten beteiligt haben und ihren Unmut über den brutalen / martialischen Großeinsatz der Polizei gegen AntifaschistInnen in der Puschkin 20 zum Ausdruck brachten.

Für Solidarität und gegenseitige Hilfe!

Kollektiv des Sozialen Zentrums Puschkin Straße 20 / www.infoladen.tk

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