[Griechenland] Eine Woche in der rassistischen Hölle: Eine Welle der Gewalt markiert den Beginn des neuen Parlaments in Griechenland
Griechenland steht am Beginn einer extremen Zunahme rassistischer Pogrome. Um einen Eindruck von der Gewalt zu bekommen, wollen wir nur kurz wiedergeben, was in den sieben Tagen seit der Parlamentswahl vom 17. Juni auf den griechischen Straßen an rassistischen Übergriffen vor sich gegangen ist. Die Aufzählung ist schockierend, doch die Realität übersteigt diese noch um Längen.
17.6., früh am Morgen: in Chania auf der Insel Kreta attackiert eine vierköpfige Gruppe mit Messern und Eisenstangen zwei 23 und 27-jährige Albaner, die am Strand von Nea Chora geschlafen haben und stiehlt ihnen ihre Handys und Decken. Die beiden Opfer enden im Krankenhaus.
17.6., 23.50 Uhr: Eine Gruppe Xrysi Avgi Anhänger attackiert einen Einwanderer in der Athener U-Bahn-Station “Attiki”. Der Angriff wird von einem Passanten gefilmt, der anscheinend mit einem Freund am Telefon spricht (in Untertiteln auf der Aufnahme werden die Schreie der Faschisten und die Hilferufe des Immigranten wiedergegeben). Der Angriff ist nur ein Ausschnitt aus einer Nacht der Gewalt, in der die Xrysi Avgi Anhänger den Sieg ihrer Partei bei den Parlamentswahlen feiern.
17.6., die Nacht der Wahlen: Im Athener Polizeihauptquartier bestätigen die polizeilichen Elite-Truppen zum zweiten Mal in zwei Monaten die gängige Assoziation von Polizei und Faschisten, indem sie in überwältigender Mehrheit für Xrysi Avgi stimmen. In einigen Fällen haben über 50% der lokalen Polizeieinheiten für die Neo-Nazi Partei gestimmt.
17.6. später Abend: Wieder in Chania wird ein 25-jähriger obdachloser Ägypter mit einer Eisenstange angegriffen. Die Attacke ist so brutal, dass sich das Opfer einer Notoperation unterziehen muss, während der die Ärzte eine Niere entfernen. Drei Tage später verhaftet die Polizei einen 39-jährigen Griechen, der an dem Angriff beteiligt war. (Es ist die einzige berichtete Festnahme in dieser Liste wiedergegebener Angriffe).
18.6., zwischen 15 und 15.30 Uhr: Zwei Jugendliche schlagen mit Knüppeln auf nicht-griechische Straßenhändler in Alimos ein. Mehrere Badegäste stehen tatenlos herum und beobachten das Geschehen. Nur vier Mädchen reagieren, indem sie die Angreifer anschreien.
18.6., 21.30 Uhr: Ein 23-jähriger Pakistani fährt auf dem Fahrrad entlang der Hauptstraße zwischen Korinth und Loutraki von der Arbeit nach Hause und wird von zwei Griechen auf einem Motorrad angehalten, die ihn fragen, ob er pakistanisch ist. Er streitet dies ab, da er weiß, dass dies die typische Weise ist auf die die rassistischen Überfälle beginnen. Einige Minuten später wird er von einer sechsköpfigen Gruppe auf drei Motorrädern gejagt und attackiert, die mit einem Holzknüppel auf ihn einschlagen. Das Opfer überlebt und landet im Krankenhaus. Als der Vorfall der Polizei gemeldet wird, ist von einem Konflikt zwischen Pakistanis die Rede. Im Anschluss nimmt die Polizei 10 Illegalisierte (Immigranten ohne Papiere) fest, als diese ihren verletzten Freund im Krankenhaus besuchen.
20.6.: Zwei Jugendliche attackieren Straßenhändler in Palaio Faliro, nur einige Kilometer von Alimos entfernt.
21.6., 15.30 Uhr: in Kalamaki, auf derselben zu Palaio Faliro und Alimos gelegenen Küstenseite von Athen, attackiert eine zehnköpfige Gruppe khaki-tragender Angreifer migrantische Straßenhändler.
23.6., zwischen 13.30 und 14.30 Uhr: Eine Bande von X.A.-Anhängern auf Motorrädern fährt auf den Agios Giorgios-Platz im Athener Vorort Nikaia, geht in jeden Laden der von Nicht-Griechen geführt wird und bedroht die Immigrant_innen, den Landen zu verlassen. Sie drohen ihnen Gewalt an, sollten sie in einer Woche immer noch hier sein. Sie erkundigen sich ebenso in dem Viertel nach den Namen von Vermietern, die Zimmer an Immigranten vergeben. Ihr “Besuch” wird genauestens von der Polizei beobachtet, die zu keinem Zeitpunkt eingreift.
23.6., Abend: In dem industriellen Slum von Elaionas, nahe des Zentrums Athens eskaliert ein Vorfall zwischen griechischen Anwohnern und Nicht-Griechen, als eine Gruppe von 20 Schlägern auftaucht und beginnt, die Nicht-Griechen zu jagen. Sie schlagen mit Knüppeln auf sie ein und verwüsten im Anschluss die Häuser von vier Immigrant_innen. Als die Polizei eintrifft, nimmt sie die Illegalisierten fest und fährt davon. Ein verletzer Immigrant muss auf den Vorsitzenden der pakistanischen Gemeinde in Griechenland warten, der ihn mit seinem Auto aufsammelt und ins Krankenhaus fährt. Gegen 23 Uhr eskaliert die Situation erneut und die lokalen griechischen “Normalbürger” attackieren die verbliebenen Migrant_innen. Die Polizei kommt erneut und nimmt wiederum 20 Einwanderer ohne Papiere fest.
Zur Ergänzung dieses kurzen Eindrucks des Schicksals von Einwanderer_nnen in Griechenland wollen wir im Folgenden von einem Vorfall berichten, der am letzten Tag der ersten Woche nach den Wahlen passierte. Er verdeutlicht, was es für die Einwanderer_nnen bedeutet, Griechenland zu verlassen, was die Faschist_innen und die meisten Griechen von ihnen verlangen.
Am 23. Juni wurden zwei Flüchtlinge tot in einem Lastwagen aufgefunden, der die Fähre von Patras nach Ancona in Italien verlassen hatte. Die zwei Afghanen waren erstickt, während 18 weitere ihrer Schicksalsgenossen mit unterschiedlichen Verletzungen und Atemwegsproblemen ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Kaum einer der oben genannten Fälle, von dem Angriff in Chania abgesehen, fand Erwähnung in den Mainstream-Medien.
Die Eskalation der Gewalt ist zum Teil Folge des Aufstiegs rassistischer, neo-faschistischer und fremdenfeindlicher Politik in Griechenland in den letzten Monaten. Die Wahlen des 17. Juni brachten zum zweiten Mal in zwei Monaten die Neo-Nazi Partei “Goldene Morgendämmerung” (X.A.) mit nahezu 7% der Stimmen in das griechische Parlament.
Sie brachten zudem die konservative “Nea Demokratia” unter der Führung von Antonis Samaras an die Macht, einem ständigen Vertreter fremdenfeindlicher und nationalistischer Positionen, der aus der bisherigen Koalitionsregierung drei Abgeordnete der orthodox-faschistischen LAOS aufgenommen hatte. Theoretisch sollten seine extrem rechten Tendenzen durch seine Koalitionspartner der sozialdemokratischen PASOK und der Reformist_innen der Demokratischen Linken unter Kontrolle gehalten werden. Doch die Erstgenannten haben sich in den letzten Jahren durch die Einrichtung von Flüchtlingslagern bereits eindeutig hervorgetan, und Letztere leiden bestenfalls unter derselben Verirrung aller Reformist_innen, die auf ihrem Weg vergessen, dass sie die kleinste Partei in dieser politischen menage a trois darstellen.
Doch es gibt ebenso eine klare strategische Entscheidung der extremen Rechten, durch zunehmende Eskalation eine Welle des Rassismus auszulösen, während der durch verschiedene Vorfälle ein landesweites Progrom vorangetrieben wird, das nicht nur die Einwander_innen zwingen soll, das Land zu verlassen, sondern das die gesamte politische Agenda weiter an den rechten Rand verschieben soll.
Diese Rechte muss gestoppt werden.
Die Neo-Nazis erweitern ihre Attacken zunehmend auf Arbeitgeber_innen, die Ausländer_innen beschäftigen:
“Working immigrants threatened by pogroms”
Monday, July 2, 2012
Greek original: http://www.ethnos.gr/article.asp?catid=22767&subid=2&pubid=63671026
Post-election nightmare: Working immigrants threatened by pogroms
Deliberate acts of hate by “brave lads” have been reported throughout Greece, focusing on businesses paying wages to foreigners. At the same time, an increase of victims of racist violence seek emergency help at hospitals.
Picture caption: Treating wounds from knives, bullets and from beatings have increased in some hospitals, amounting to even ten in one shift, whereas in previous years, incidents were rare. Statistically, three out of ten cases must be hospitalized for further treatment.
Recently hate raids by members of the Golden Dawn have taken place in work places where immigrants are employed. Far right wing members shouting threats about the “day after” the elections, have already visited industries in Evia, factories in Sterea Ellada and farmers’ markets in Attiki, warning the foreign workers and their employers that “there will not be a good end” in the case employment continues. After the security sector, Nikos Michaloliakos’ “brave lads” are undertaking the role of …job inspectors.
Members of this organization are trying to take advantage of the high unemployment rate in Greek families to promise them jobs!
The Golden Dawn has posted announcements on their website inviting the core regional members to report industrial units and hotels employing foreigners -even legally- in order to fire them to employ Greeks and at the same time, boycott any businesses employing immigrants.
Fear
These new “announcements” from this organization has businessmen afraid for the worse, who either “hide” their employees they don’t want to lose or fire them to avoid being themselves or their companies targeted any further.
Specifically, the posts from the Evia-Viotia and also the Dodekanissa regions state “large industrial and hotel units “nab” subsidies, supposedly in order to create places of employment for Greek families but instead fire Greeks to employ illegal immigrants. We call on Greeks who have proof of such illegalities in the Prefectures of Evia and Viotia to contact the number 69… in order to report those illegal businesses. The reports may be anonymous using a concealed number. Golden Dawn takes responsibility for the report”.
The announcement
The posted announcement supposedly refers to “black market labour” but the pro-fascist activities refer to those cases where “mostly foreign underpaid trainees, beyond the legal 17% quota are employed, resulting in Greek head of the household to be unemployed…”. Nevertheless, pogroms have begun at the expense of businesses employing legal foreign employees.
Also in this respect is the strike against the Egyptian fishermen at Perama and the subsequent message from the candidate parliament-member for Golden Dawn in the Piraeus B region, Yiannis Lagos, a few days after the incident, “Egyptian immigrants at Ichthioskala, Keratsini will answer to Golden Dawn”. They demand the same goes for those employed in fields, nurseries and farmers’ markets or wherever the working immigrant comes face to face with them. A characteristic example is the recent case occurring at the petrol station in Peania where a Pakistani citizen worked legally. Golden Dawn members went to the shop, beat him violently, intimidated his wife and even broke their childrens’ bicycles that happened to be at the station at that time. The threat they screamed was “we don’t want to see you working here again”…
Job inspection of … foreigners
“Avengers” dressed in black entrap at metro and subway
“Sunday’s Ethnos” has daily reports that at metro and subway stations, avengers dressed in black “trap” working immigrants. They are stopped and, after taking any money they have on them, are attacked and have their papers ripped! There are quite a lot of these incidences but foreigners are afraid to report them to the police. Up to now, these “charitable acts” from the henchmen don’t seem to “pan out” though. According to information, at a business in Lamia the pressure from Golden Dawn coercing the owner was so great, he had to fire some of the immigrants he employed. The ad he published to find new Greek employees this time, didn’t succeed, because nobody wanted that type of employment.
After these developments, the businessman rehired the immigrants he had been forced to fire… But other than pogroms, golden dawn members call on the like-minded to boycott any enterprises employing foreigners. “Does a foreigner deliver your meals from the pizzeria or restaurant? Don’t accept the order, tell him to leave and tell him the reason. Do you go to the petrol station for petrol and see a foreigner (usually pakistaniafghanis)? Don’t put petrol. Do you go to the farmers’ market and there’s a foreigner at the bench? Don’t buy, go to another bench where there are only Greeks”, they state in a post. A …paid commentary answers: “Was it nice when we wanted immigrants to do jobs because we see ourselves as bosses? When we were condenscending towards manual labour, who would go to work at a petrol station, food delivery, construction? Even now, nobody wants to go…”. states one of them.
MARIA PSARA
mapsara@pegasus.gr
Daily phenomenon in the emergency room
Rapidly increasing “wounded due to racial violence”
A rapid increase nowadays of doctors treating “the wounded due to racial violence” in emergency rooms daily, a phenomenon “in total proportion” to the recent audacious far-right wing, in groups or isolated, attacks operating in ruthless gangs, permanent members or acting in separate groups, spreading terror to mainly beat unsuspecting foreigners! Places of health have not officially registered “violent incidents” since doctors are limited to their care, though they have themselves the possibility, not only to distinguish the characteristics of the wounds but it happens that the wounded themselves or their escorts often state it as so.
Shocking data
A new institution, the Registrar of Violent Racist Acts Network, cooperating with the National Committee for Human Rights, the High Commission of the UN and 18 non-government organizations, has been very active during the past eight months and has recorded in their first report shocking data on the extent and amount of the problem. Especially at the Polikliniki, because of its geographical position in the centre of Athens, serious cases with knife, bullet and beating wounds, which in previous years were quite rare and now only in this hospital, have reached two to three a day!
“They come to the emergency room alone or carried by others, wounded by clashes, beatings and by evidently planned attacks, often knifed, many with bruises or other wounds in a frequency that we didn’t have in previous years” explains the Hospital Administrator, Pantelis Amoyrgis to the “Sunday Ethnos”. “Days when the Hospital G. Gennimatas is on duty, serving more than 1,000 emergency patients, about 10 recorded cases, mainly foreigners, as victims of racist violence without calculating the many wounded as in the February events, where we had 55 wounded and 9 hospitalized”, explains the Georgios Papadopoulos Hospital Administrator.
Statistically three out of ten cases involve serious wounds needing hospitalization for further treatment. The rise in violent racist incidents is confirmed by the National Centre for Emergency Assistance (EKAB). “Despite the fact that we don’t officially record the cases, the results are evident from three coordinators’ estimates that in comparison to last year, the ambulances of EKAB made many more trips of this nature to the hospitals”, said Dimitris Pirros, Director of EKAB Medical Services to the Sunday Ethnos.
63 attacks in 2 months
“We treat victims daily, after being attacked by a group, that wound immigrants without provocation, using knives, crowbars and knuckledusters”, states Nikitas Kanakis, President of the Doctors of the World to Sunday’s Ethnos.
Only in two months, 63 violent racist attacks were recorded, according to the Registrar of Violent Racist Acts Network.
YIANNIS KRITIKOS
http://blog.occupiedlondon.org/2012/07/02/working-immigrants-threatened-by-pogroms/