Chile: Historischer Wechsel bei Gewerkschaften

Liste der kommunistischen Partei gewinnt Wahlen im größten Dachverband CUT. Schwere Niederlage für die traditionell sozialdemokratische Führung

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amerika21.de

Santiago de Chile. Bei der Vorstandswahl des chilenischen Gewerkschaftsdachverbandes (CUT) hat die von den Kommunisten Bárbara Figueroa und Cristián Cuevas geführte Liste einen knappen Sieg errungen. Damit ist die historische Führung um den Sozialdemokraten Arturo Martínez abgewählt. Martínez, der den Dachverband seit zwölf Jahren leitete, erkannte seine Niederlage am Sonnabend an. Die CUT ist der größte Gewerkschaftsdachverband Chiles und stand historisch dem Bündnis aus Christ- und Sozialdemokraten, der Concertación, sehr nahe. Die „Liste B“ von Figueroa und Cuevas errang nach letzten Ergebnissen 27 Mandate in der 60-köpfigen Leitung und damit zwei Stimmen mehr als die Liste D von Martínez.

Erstmals seit 40 Jahren wird die CUT in Zukunft damit wieder von Mitgliedern der Kommunistischen Partei Chiles geführt. Wie Cristián Cuevas am Samstag bekannt gab, wird mit Bárbara Figueroa, der Vorsitzenden der Bildungsgewerkschaft, zudem erstmals eine Frau die chilenischen Gewerkschaften führen.

Die kommunistische Partei hatte in den vergangenen Jahren keine einheitliche Gewerkschaftspolitik verfolgt. Während die KP-Führung um Guillermo Teillier auf ein Bündnis mit den Sozialdemokraten um Martínez setzte und mit ihm auch bei diesen Wahlen eine gemeinsame Liste bildete, griffen die kommunistischen Vorsitzenden von Einzelgewerkschaften dessen Politik scharf an. Bei den aktuellen Wahlen stellten der Führer der kämpferischen Gewerkschaft der Kupferarbeiter, Cristián Cuevas, und die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, Bárbara Figueroa, erstmals eine eigene Liste zur Abstimmung, was innerhalb der KP zu schweren Spannungen führte.

Obwohl ihre Liste mit insgesamt 320.000 Stimmen nur relativ knapp vor der Liste D von Martínez und dem Kommunisten Guillermo Salinas lag, die 290.000 Stimmen errangen, weist das Ergebnis darauf hin, dass die Linke insgesamt erheblichen Einfluss auf die chilenische Gewerkschaftspolitik gewonnen hat, da sich die kommunistischen Stimmen auf die beiden stärksten Listen verteilten und zusätzlich die Bewegung der Revolutionären Linken (MIR) mit einer eigenen Liste antrat.

Der Machtwechsel an der Spitze des chilenischen Gewerkschaftsdachverbandes ist auch ein Ergebnis der schweren gesellschaftlichen Konflikte, die Chile seit mehreren Jahren erlebt. Insbesondere die Lehrergewerkschaft, Colegio de Profesores, und die Interessenvertretung der Kupferarbeiter, Confederación de Trabajadores del Cobre (CTC), spielten eine zentrale Rolle bei den Studierendenprotesten im vergangenen Jahr. Im August 2011 hatte die CUT die Schüler und Studenten mit einem Generalstreik unterstützt. Im Zuge der Proteste gegen die rechte Regierung verlor auch das oppositionelle Bündnis aus Sozial- und Christdemokraten, Concertación, das Chile zuvor 20 Jahre lang regiert hatte, stark an gesellschaftlicher Unterstützung. In der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CEP von August 2012 gaben nur 18 Prozent der Befragten an, die Concertación zu unterstützen. Die rechte Regierungskoalition trifft nur noch bei zwölf Prozent der Bevölkerung auf Sympathie.

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