Am 14. November werden in zahlreichen Ländern Europas ArbeiterInnen, Angestellte, kurz gesagt LohnarbeiterInnen auf die Straße gehen, um gegen die massiven Kürzungen und Einschnitte, die auf unserem Rücken ausgetragen werden zu protestieren. In Belgien, auf Malta, in Portugal, Spanien und Zypern werden (zumindest kurzzeitig) die Räder still stehen.
Die Generalstreiks richten sich dabei gegen die Haushaltskürzungen, die Kürzungen des sozialen Etats, die von der EU zur „Sicherung der Finanzstabilität des Euroraums“ vorgeschrieben werden. Was das bedeutet können wir in Griechenland nachvollziehen: Der „soziale Kahlschlag“ wird vollzogen: d.h. beispielsweise das Rentenalter wird heraufgesetzt, die Gesundheitsversorgung wird schlechter, der Samstag wird wieder als Werktag für den Großteil der Bevölkerung eingeführt…
Letztlich muss sich der Staat Geld von der sog. Troika (IWF, EZB, EU) leihen, kann dieses nicht mehr zurückbezahlen und muss sich wiederum mehr Geld leihen und gerät damit Stück für Stück in eine größere Abhängigkeit von EU, IWF und EZB. Der ESM (Europäischer Stabilisierungs Mechanismus) wurde eingeführt, um die Abhängigkeit von den Ländern mehr in Richtung EU lenken soll.
In den Medien hochgelobt soll Deutschland als Retter der „armen Nationen“ dargestellt werden, wobei die BRD nichts anderes macht als überzinste Kredite an Banken und staatliche Institutionen zu vergeben, die an Bedingungen geknüpft sind und diese in direkte Abhängigkeit zu den Geldverleihern bringt z.B. was privilegierte wirtschaftliche Beziehungen bzgl. Privatisierungen und Militärlieferungen angeht. So kaufte beispielsweise das deutsche Unternehmen Frapport einen Großteil der griechischen Flughäfen auf. Von den staatlichen Krediten sieht die Bevölkerung natürlich keinen Pfennig.
Direkter Profiteur davon ist die deutsche Wirtschaft, die seit einigen Jahren die führende Rolle innerhalb der EU spielt und diese mit Hilfe der Krise Stück für Stück ausbaut – und zwar eben auf Kosten der anderen Länder. Darüber hinaus sollen vom ESM, der als Rettungsschirm getarnt ist, nur diejenigen Länder Geld bekommen, die den Fiskalpakt unterschrieben haben, und geraten somit in Abhängigkeit von den Ländern mit mehr Geld, da diese den größten Anteil am ESM tragen.
Warum wird in Deutschland nicht gestreikt?
Kein Wunder also, dass in Deutschland währenddessen alles einen geregelten Ablauf nimmt. Denn „uns geht es doch eigentlich gar nicht so schlecht“ und „wir sind doch im Vergleich zu anderen Ländern privilegiert“ – so die Argumentation. Die hiesigen Gewerkschaften stimmen in diesen Tenor mit ein und beschränken sich in Solidaritätsbekundungen gegenüber der Aktionen in anderen Ländern. Denken aber nicht einmal daran sich als Teil des gleichen Kampfes zu sehen und sich in eigenen Aktionen zu versuchen und gegen die systematische Ausbeutung zu protestieren.
Und mit der Drohung der Krise im Rücken werden auch noch Lohnkürzungen, Kurzarbeit oder gar der Lohnverzicht (wie bei Opel) in Kauf genommen – aus Angst den Job zu verlieren.
Dass es mehr als genügend gute Gründe gibt auf die Straße zu gehen bescheinigt uns jedoch der tatsächliche Alltag des Großteils der Bevölkerung:
Vollzeitbeschäftigung garantiert schon lange nicht mehr, dass man damit die Familie ernähren kann, der Trend geht zum Drittjob, Akkordhetze und 8-10 Stunden Arbeitstage mindestens 5x die Woche sind die Regel, Arbeitslosigkeit wächst – auch wenn die geschönten Statistiken was anderes behaupten – und Armut, sowie Verelendung und Perspektivlosigkeit greifen um sich.
Vor diesem Hintergrund wird klar wer mit „uns“ und „wir“ gemeint sind, denen es angeblich so gut geht: die Nutznießer und Profiteure der momentanen Verhältnisse. Verbunden wird das Ganze mit einer Hetze gegen „faule Griechen“, „faule Migranten“ oder „faule Arbeitslose“. Damit soll klar gemacht werden, dass andere auf „unsere Kosten“ leben und somit der Blick für die tatsächlichen Verhältnisse verschleiert.
Dass unsere Klasse, dabei nicht zu den Nutznießern gehört, erklärt sich beinahe von selbst: Der Großteil der Bevölkerung – unsere Klasse – erarbeitet den Gewinn für einen kleinen Teil von Profiteuren und bekommt ein paar Krümel hingeworfen, so dass wir ja „gar keinen Grund haben uns zu beschweren“. Auch wenn es uns im Vergleich zu anderen Ländern materiell besser geht verschleiert dies nicht die systematische Ausbeutung und Unterdrückung mit der wir tagtäglich zu kämpfen haben und verbindet uns mit den Kämpfen unserer Klasse in den andereren Ländern.
Uns muss klar sein, dass die einzigen, die tatsächlich auf unsere Kosten leben diejenigen sind die uns Tag für Tag immer mehr schuften lassen, um ihre Profite zu maximieren und nicht diejenigen, die „Opfer dieses Systems“ geworden sind: Denn die Grenze verläuft nicht zwischen den Nationen, sondern zwischen oben und unten, zwischen Banken und Angestellten, zwischen Unternehmern und Arbeitern –
genauer gesagt zwischen Klasse und Klasse.
Es gibt also mehr als genügend gute Gründe auch hier sich gegen die systematische Ausbeutung unserer Klasse zur Wehr zu setzen.
Daher muss es uns darum gehen uns Schulter an Schulter zu sehen mit denjenigen, die in anderen Ländern ausgebeutet und unterdrückt werden, mit denjenigen die auf die Straße gehen und gegen die herrschenden Verhältnisse protestieren. Es muss uns darum gehen die Ursache unserer Probleme in den kapitalistischen Verhältnissen und in dessen Profiteure zu erkennen und eben nicht in unseren „Klassenbrüdern und -schwestern“. Denn unabhängig davon in welchem Land sie leben, ob sie dort Arbeit haben oder nicht… sie alle sind Angehörige unserer Klasse.
Anstatt sich künstlich durch nationale Grenzen oder ähnliches trennen zu lassen, wie es bei dem Streik um den Erhalt des Opelwerks in Bochum auf Kosten des Werks in Sevilla in Spanien ging, wird ganz klar der Trennungsstrich zwischen den Ausbeutern und uns – den Ausgebeuteten – gezogen.
Daher stellt dieser gleichzeitige Streik in mehreren Ländern einen kleinen Fortschritt in der „internationalen Solidarität“ der arbeitenden Klasse dar. Klar ist dabei auch, dass die Begrenztheit der Forderungen der einzelnen nationalen Gewerkschaften, die nichts anderes als einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen, in diesem Streik nicht ausreichen, um sich Schritt für Schritt zu befreien.
Wir müssen darauf hinarbeiten, dass wir hier die Emanzipation der Arbeitenden vorantreiben, so dass wir internationale Verbindungen aufbauen und gemeinsam mit den Kämpfenden der Welt in Aktion treten können.
Doch dafür ist es klar, dass es unsere ganze Kraft und unsere gesamte Wut benötigt, um dies auf die Beine zu stellen. Dabei dürfen wir uns weder auf etablierte Institutionen wie Gewerkschaften und Parteien verlassen, noch darauf hoffen, dass es von alleine kommt: Vielmehr kommt es auf jeden und jede von uns an die Geschicke in die Hand zu nehmen und die Verhältnisse umzuwälzen – sei es im Kampf gegen Stadtumstruktierung, gegen Faschisten, gegen die systematische Ausbeutung, Unterdrückung und Ermordung.
Das Schlüsselwort hierfür stellt die Selbstorganisation dar. Frei nach den Worten Gramsics:
Bildet euch, denn wir brauchen all eure Klugheit, bewegt euch, denn wir brauchen all eure Begeisterung und organisiert euch, denn wir brauchen all eure Kraft!
In diesem Sinne:
Alle Macht den Räten!
Es gibt keine Alternative zur
Selbstorganisation