Seit November 2020 sitzt die Studentin Lina aus Leipzig in Untersuchungshaft, nun muss sie sich vor dem Gericht der bürgerlichen Klassenjustiz für konsequenten Antifaschismus verantwortlich machen. Ihr wird vorgeworfen, gemeinsam mit anderen Antifaschisten Angriffe auf Faschisten geplant und durchgeführt zu haben. Nun soll eine angebliche Spur nach Magdeburg führen: eine lokale Antifaschistin und Feministin wird in der bürgerlichen Presselandschaft durch den Dreck gezogen, diskreditiert und angegriffen.
Ihr wird vorgeworfen, Daten an linke und antifaschistische Strukturen weitergegeben zu haben, um Übergriffe auf politische Gegner zu planen und auszuführen. Bereits im Mai 2020 gab es eine Hausdurchsuchung in einer Privatwohnung und am Arbeitsplatz der Antifaschistin. Die Hausdurchsuchung diente der Beweissicherung, denn es gab bis dahin nur einen Anfangsverdacht. Auch die Begründung für den Durchsuchungsbeschluss fiel sehr dünn aus. Am Ende hieß es nur: Laut Internetrecherchen stehe die Beschuldigte in Verbindung zur linken Szene.
Statt die beantragte Akteneinsicht oder eine konkrete Anklage zu erhalten, erfuhr die Antifaschistin vor einigen Wochen von einem laufenden Ermittlungsverfahren gegen sie aus der Presse. Diese scheint ihre Informationen direkt von den Ermittlungsbehörden zu beziehen. Inhalte der Ermittlungsakten wurden veröffentlicht und neue Vorwürfe konstruiert. Aus Medienberichten geht hervor, dass die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung gegen die Antifaschistin ermittelt. Kurz zuvor wurde im Verfassungsschutzbericht Sachsen-Anhalt ebenfalls ausführlich Bezug zu diesem Kriminalisierungsfall genommen. Krampfhaft wird versucht, die mutmaßliche Datenweitergabe mit antifaschistischen Aktionen in Sachsen in Verbindung zu bringen, ohne dafür auch nur einen Beleg anzuführen. Das Hauptverfahren gegen die Studentin Lina und zwei weitere Tatverdächtige wurde zu diesem Sachverhalt nun eingestellt, weil die Vorwürfe gegen sie nicht ausreichend belegt werden konnten. Währenddessen läuft im Zusammenhang damit das Verfahren gegen die Magdeburger Antifaschistin weiter.
Der Arbeitgeber der Antifaschistin, die Uniklinik Magdeburg, sah sich auch zu einer Stellungnahme genötigt, in der er der Betroffenen „kriminelle Energie“ bescheinigte. Nachdem eine erste fristlose Kündigung vor dem Arbeitsgericht für ungültig erklärt wurde, drohte die Uniklinik darauf erneut damit. Ende September wurde sie dann wegen „neuer Ermittlungserkenntnisse“ von der Uniklinik freigestellt.
Faschisten tun ihr Übriges, indem sie dem Uniklinikum, der Generalstaatsanwaltschaft und der Presse die Hand reichen und den Namen der Genossin, persönliche Informationen bis hin zu Hinweisen auf ihren Wohnort in rechten Foren und dem Compact-Magazin veröffentlichen. Faschisten der AfD veranlassten eine Debatte über den Fall im sachsen-anhaltinischen Landtag, wo sie ihrer Hetze freien Lauf lassen konnten. Auch die Fascho- Splitterpartei „Der III. Weg“ nutzte die angeheizte Stimmung zu einer eigenen öffentlichen „Flugblattverteilung“. In dem verteilten Flyer wird die Magdeburger Antifaschistin an den Pranger gestellt und die Kampagne der Volksstimme und des Uniklinikums 1:1 für die eigene Propaganda übernommen.
Alte Kamellen
Das Zusammenwirken von Staat, Nazis und der bürgerlichen Presse hat eine lange Tradition. Sie finden sich vor allem dann zusammen, wenn antifaschistische und revolutionäre Organisationen erfolgreich in ihrer Praxis sind. Konsequenter, militanter Antifaschismus ist überlebenswichtig und alternativlos. Das verdeutlicht nicht nur die Zeit in Magdeburg nach dem Ende der DDR. Seit 1991 wurden in Magdeburg mindestens vier Menschen von Nazis ermordet. Auch in jüngster Zeit hat sich die Lage keineswegs entspannt: Hetzjagden, Brandanschläge und gewalttätige Überfälle auf PoCs (People of Color), MigrantInnen, Muslima und politische GegnerInnen sind in Magdeburg weder Ausnahme noch Einzelfall. Übergriffe durch Nazis sind hier an der Tagesordnung,
In Sachsen-Anhalt sitzt die AfD seit 2014 mit 20,8 % im Landtag. Viele der Abgeordneten und Angestellten im Landtag sind offene Faschisten oder stehen Organisationen wie der Identitären Bewegung nahe. Bundesweit sieht die Situation nicht grundsätzlich besser aus. Fast wöchentlich werden neue Erkenntnisse über Verstrickungen von Polizei und Bundeswehr in faschistische Strukturen bekannt.
Die Magdeburger Antifaschistin hat angesichts dessen die Notwendigkeiten erkannt. Seit langem ist sie antifaschistisch tätig. So hat sie z.B. zu faschistischen Strukturen publiziert und sich gegen lokale Naziaufmärsche eingesetzt.
Dass sie jetzt von mehreren Ermittlungsverfahren betroffen ist, ist Ausdruck der staatlichen Haltung zur faschistischen Bedrohung einerseits und zu AntifaschistInnen andererseits. Während Faschisten mit Waffen und Steuergeldern versorgt werden, bekommen AntifaschistInnen die Härte der bürgerlichen Klassenjustiz zu spüren.
Die Presse und die Chefs der Betroffenen machen sich dabei freiwillig zu Erfüllungsgehilfen der Herrschenden und machen ihr das Leben schwer.
Legitim aber illegal
Die Unschuldsvermutung und das Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren gelten nicht für AntifaschistInnen. Der bürgerliche Staat erklärt Antifaschismus zum Verbrechen. So wird auch die Magdeburger Antifaschistin für ihre politische Gesinnung, für ihren feministischen und antifaschistischen Aktivismus verurteilt, bevor überhaupt eine Anklage erhoben wurde.
Anders als faschistische Tendenzen ist eine revolutionäre Linke unvereinbar mit den Interessen des Kapitals. Sie stellt die bürgerliche Gesellschaftsordnung als Ganzes in Frage. Deshalb wird sie immer unvereinbar sein mit dem bürgerlichen Recht und seinen Handlangern in Behörden und Kameradschaften.
In Zeiten des erstarkenden Faschismus, der Organisierung und Bewaffnung militanter Nazibanden, der mörderischen Verstrickungen zwischen Verfassungsschutz und NSU, des Aufkeimens faschistischer Netzwerke in Militär und Polizei, sind die repressiven Machenschaften der „Soko LinX“ bezeichnend für diesen Staat und seine Justiz.
Hier ist konsequenter Antifaschismus angesagt! Er ist legitim und notwendiger Grundpfeiler einer revolutionären Linken. Der Kampf gegen den Faschismus geht über den bürgerlichen Rechtsrahmen hinaus. Somit ist er natürlich illegalisiert und den Angriffen von Staat und Presse ausgesetzt, was uns durch die Geschehnisse um unsere Genossin erneut vor Augen geführt wird.
Der Druck, der auf ihr lastet, ist enorm. Ihr droht eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft, eine erneute Kündigung und somit die Arbeitslosigkeit. Im Kreuzfeuer von staatlicher Repression und bürgerlicher Presse soll auch der psychische Druck auf die Antifaschistin gestärkt werden. Die Veröffentlichung persönlicher Daten in rechten Kreisen und die parlamentarische Hetzjagd unter Federführung der AfD stellen eine akute Bedrohung auch ihrer körperlichen Unversehrtheit durch einen gewaltsamen Angriff dar.
Auch wenn eine Einzelperson diese Last tragen muss und sich für konsequenten Antifaschismus verantwortet, stehen doch militanter Antifaschismus und die revolutionäre Linke als Ganzes im Fadenkreuz. Sehnlich wünschen Staat und Nazis, mit dem öffentlichkeitswirksamen Vorgehen gegen die Magdeburgerin und andere AntifaschistInnen wie Lina, Dy, Jo, Findus, Kübel und Kevin könnten sie ein Exempel statuieren, uns abschrecken und verunsichern.
Konsequenter Antifaschismus lässt sich nicht in den Rahmen bürgerlicher Rechtsordnung zwängen: “Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen.“ (Esther Bejarano)
Für den antifaschistischen Kampf ist es unabdingbar, Faschisten und ihre Unterstützer genaustens zu kennen. Nur so können Strukturen analysiert und Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, beispielsweise über Rechercheplattformen. Für antifaschistische Strukturen ist es notwendig, zu wissen wo faschistische Kader und ihre Fußtruppen leben, um sie immer daran zu erinnern, dass ihre Hetze und Übergriffe auf Minderheiten auch für sie Folgen haben werden. Nur so können Faschisten eingeschüchtert und sogenannte „national befreite Zonen“ verhindert werden.
Unsere uneingeschränkte Solidarität gilt der Magdeburger Antifaschistin, unseren GenossInnen in Haft Lina, Kevin, Dy, Jo, Findus, Kübel und allen anderen AntifaschistInnen, die von Repressionen betroffen sind.
Solidarität ist eine Waffe! Freiheit für alle politischen Gefangenen! Organisiert den antifaschistischen Selbstschutz!