Redebeitrag zur Kundgebung am 25.11.21

Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben. Eine oft gerufene Parole, die eine doppelte Bedeutung bereithält. Sie ruft Frauen weltweit zum Kampf gegen patriarchale Ausbeutung und Unterdrückung auf; Sie bedeutet aber auch: jede Frau, die lebt, ist tagtäglich dazu gezwungen, sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt zur Wehr zu setzen.

Geschlechtsspezifische Gewalt hat weltweit viele Gesichter: von verbalen und psychischen Übergriffen über körperliche und sexualisierte Gewalt bis hin zu expliziten Ermordungen von Frauen. Während der Westen versucht, sich eine heuchlerische Fassade des bürgerlichen Feminismus zu bauen, wird immer wieder die Erzählung vom rückständigen globalen Süden wiederholt. Dass imperialistische Länder wie die USA oder Deutschland mit der Kolonialisierung Gewalt in die ausgebeuteten Länder in Afrika, Asien und Südamerika exportierten, wird hier nur zu gerne unter den Tisch gekehrt. Mit der Entdeckung der sogenannte neuen Welt erschloßen sich die westlichen Großmächte nicht nur neue Ressourcen und Märkte; sie versklavten auch ganze Völker, Frauen und Mädchen wurden zwangsprostituiert und als Ware gehandelt.

Die kapitalistische Globalisierung hat ihre Spuren hinterlassen. Diese zeigen sich bis heute in Krieg, Vertreibung, Landraub, Völkermord und Sklaverei; ganz in Tradition der alten Kolonialherren. Besonders betroffen von dieser Art der Gewalt sind Frauen und Mädchen. Die Folgen davon sind bis heute sichtbar. An dieser Stelle seien zwei Beispiele genannt: 2016 misshandelten und vergewaltigten Blauhelmsoldaten bei einem UN-Einsatz Kinder in der Zentralafrikanischen Republik. In den Jahren von 2018-2020 vergewaltigten und misshandelten Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation bei einem Ebola-Einsatz Mädchen und Frauen im Kongo.

Trotzdem fühlt sich der Westen in Sachen Frauenrechte und Gleichberechtigung dem globalen Süden gegenüber überlegen. Ob im Bundestag oder beim Stammtisch, von bürgerlicher Mitte bis zum rechten Rand: Ursachen und Verantwortlichkeiten für Gewalt gegen Frauen sucht man niemals bei sich selbst. Die Bösen, die Frauenfeinde – das sind immer die anderen. In der BRD heißt das: der Schwarze“ oder der Ausländer. Wenn in der BRD ein Migrant verdächtigt wird, patriarchale Gewalt ausgeübt zu haben, dann geben sich selbst die übelsten Frauenfeinde, wie z.B. Faschisten, als engagierte Verteidiger der Rechte von Frauen.

Doch Gewalt an Frauen ist kein importiertes Problem. Ein Blick unter die vermeintlich feministische Oberfläche offenbart die patriarchalen Zustände, gegen die sich Frauen ständig zu behaupten haben. Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann seine Partnerin zu töten. Jeden 3. Tag gelingt es. Erst in den letzten Tagen wurden Gewalttaten gegen Frauen in Sachsen-Anhalt und der BRD öffentlich bekannt: Ein 14-jähriges Mädchen wurde in Aschersleben mutmaßlich von ihrem Expartner ermordet, in Hamburg haben bis zu 12 Männer gemeinsam eine 16-Jährige vergewaltigt. Geschlechtsspezifische Gewalt ist auch in Deutschland bittere Realität, trotz des fortschrittlichen Anstrichs, den sich die BRD geben will, trotz Konzernen, die mit Pop-Feminismus Werbung und Geld machen, trotz genderneutraler Sprache an Universitäten, trotz Frauen in Unternehmensvorständen und trotz einer Frau als Bundeskanzlerin.

Auch wenn die Frauenbewegung schon einige Fortschritte wie das Frauenwahlrecht erkämpft hat, die Gewalt gegen Frauen ist weiterhin allgegenwärtig. Diese Gewalt hat System – ein kapitalistisches und patriarchales System. Egal ob Belästigung, Stalking, Vergewaltigung oder Femizid – all das ist fester Bestandteil des Kapitalismus und Ausdruck der strukturellen Gewalt, die in Zeiten des globalen Imperialismus allgegenwärtig für die Frau ist. Als potentiell gebärfähige Menschen nehmen Frauen und Mädchen in dieser Gesellschaft eine besondere Rolle ein: Sie müssen die Hauptlast von Schwangerschaft, Kindererziehung und Hausarbeit, kurz: Reproduktion von Arbeitskraft tragen. Frauen von 18 bis 64 Jahren verwenden mehr als 2-mal so viel Zeit für unbezahlte Fürsorgearbeit und das 1,6-fache für Hausarbeit wie Männer dieser Altersgruppe.

Im Kapitalismus ist die Frau einer doppelten Ausbeutung und Unterdrückung ausgesetzt. Diese Doppelbelastung liegt begründet in den Eigentumsverhältnissen und in der Lohnarbeit. Sie machen die Frau ökonomisch abhängig. Und nur, wenn wir diese Verhältnisse überwinden, können wir die Unterdrückung der Frau überwinden und somit der Gewalt gegen Frauen ein Ende bereiten. Die Geschichte der Menschheit ist eben nicht nur eine Geschichte von Klassenkämpfen, sondern auch eine Geschichte des Befreiungskampfes der Frau.

Lange genug ist uns diese Tatsache bekannt und nicht länger werden wir sie hinnehmen. Wir lassen uns nicht täuschen von den Illusionen des bürgerlichen Feminismus, genauso wenig, wie wir uns ausruhen werden auf den Erfolgen der Frauenbewegung. Von Argentinien bis Polen – Frauen auf der ganzen Welt werden immer wütender, immer lauter. Immer mehr Frauen stehen für ihre Rechte ein, wir lernen stetig voneinander.

Wehrt euch heißt: lasst uns diese Zustände nicht mehr länger hinnehmen! Es heißt die objektiven Notwendigkeiten anzuerkennen und sich gegen die patriarchale Gewalt zur Wehr zu setzten. Es heißt auch, sich zu vernetzen, sich solidarisch zu organisieren, und einen klassenkämpferischen Selbstschutz aufzubauen. Es heißt, zusammen zu kämpfen für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Die Befreiung der Frau wird es nur in einer klassenlosen Gesellschaft geben!

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