Redebeitrag zum Frauenkampftag 2022

Folgend veröffentlichen wir unseren Redebeitrag, welcher auf der  diesjährigen Kundgebung zum 8.März auf dem Olvenstedter Platz gehalten wurde:

»Ich halte es grade für eine der wichtigsten Aufgaben der Frauen in dieser Zeit, in der Arbeiterklasse das Bewusstsein der internationalen Solidarität lebendig zu halten und zu stärken.« Das schrieb Clara Zetkin 1914 an Alexandra Kollontai, einige Wochen nachdem der Erste Weltkrieg ausgebrochen ist. 

Im selben Jahr verriet eine Mehrheit der SPD-Fraktion alle bis dahin von Sozialistinnen vertretenen Prinzipien: Mit 78 zu 14 Stimmen bewilligte sie dem deutschen Kaiser die Kriegskredite. Sie gaben dem Krieg ihre Stimme, entgegen der Masse von Arbeiterinnen und Arbeitern, die noch wenige Tage zuvor zu hunderttausenden gegen den Krieg auf die Straße gingen. Zusammen mit ihrer Kampfgefährtin Rosa Luxemburg stellte sich Clara Zetkin offensiv gegen Kriegstreiberei und den Beschluss ihrer Fraktion. Auf ihre Initiative versammelten sich 1915 Sozialistinnen aus ganz Europa zu einer Antikriegskonferenz. Von dort aus wenden sich die Frauen mit dem Berner Appell an ihre Schwestern auf der ganzen Welt. Der Appell schließt mit den Worten: „Bisher habt ihr für eure Lieben geduldet, nun gilt es, für eure Männer, für eure Söhne zu handeln… Nieder mit dem Kapitalismus, der dem Reichtum und der Macht der Besitzenden Hekatomben von Menschen opfert! Nieder mit dem Krieg! Durch den Sozialismus!“ 

Dieser Appell wurde hunderttausendfach illegal verbreitet. Weil sie die Arbeiterinnen aller Länder zu Sabotageakten für den Frieden aufrief, wurde Clara Zetkin 1915 wegen versuchten Landesverrats verhaftet und 4 Monate inhaftiert.

Clara Zetkins Appell hat auch nach über 100 Jahren weder an Aktualität noch an Dringlichkeit eingebüßt. Wie damals drängt uns die Kriegstreiberei der Sozialdemokraten und der Schrecken des Krieges zur Tat!

Dabei ist es das Interesse von Frauen in aller Welt, sich für den Frieden, gegen Krieg und Kapital einzusetzen. Denn eins steht fest: Ob in Bosnien, Syrien, im Irak, Afghanistan oder in der Ukraine: Kriege werden seit jeher auf dem Rücken von Frauen und Mädchen ausgetragen. Jeden Tag werden weltweit – nicht nur in Kriegsgebieten – unzählige Frauen vergewaltigt, gefoltert, verschleppt und versklavt. 

Vergewaltigung und Zwangsprostitution sind Waffen eines jeden Kriegs! Deshalb führen Kriege immer auch zu einem massiven Anstieg der Prostitution. Sie erfüllt den Zweck, das besiegte Volk zu bestrafen, indem ihm seine Frauen gestohlen werden. Andererseits soll sie zu schlachtbereiter Aggression aufstacheln. Auf den Philippinen, wo die US-Armee seit Jahrzehnten riesige Militärstützpunkte betreibt, wurden zehntausende Frauen in diesem Zusammenhang zwangsprostituiert. Bis heute werden Land und Leute in die Abhängigkeit von Sexindustrie, Menschenhandel und Prostitution getrieben. 

Und auch die selbsternannten UN-Friedenstruppen waren in der Vergangenheit immer wieder für die Ausweitung von Prostitutionsmärkten zum Beispiel in Kambodscha, Ruanda, Eritrea, dem Kosovo und Bosnien verantwortlich. In Kambodscha beispielsweise verursachte die Ankunft der UN-Truppen im Jahr 1990 einen Anstieg der prostituierten Frauen und Mädchen von 1.500 auf 20.000. Wer also heute lautstark nach Interventionen durch den Westen in der Ukraine schreit, darf auch morgen seine Augen nicht vor den Schicksalen tausender vergewaltigter Frauen und Mädchen verschließen. UN- und NATO-Truppen sind keine humanitären Retter – sie sind Kriegsmarionetten der westlichen Profitgier!

Natürlich häufen sich auch hier in Deutschland – im Bordell Europas und Drehscheibe des Menschenhandels – Berichte über Männer, die Geld bieten, um von ihnen ausgewählte Frauen und Kinder, die aus der Ukraine geflüchtet sind, bei sich aufzunehmen. Die Menschenhändler stehen an den Grenzen und Bahnhöfen, um vom Leid und der wirtschaftlichen Not der geflüchteten Frauen und Kinder zu profitieren und sie so zur Prostitution zu zwingen. 

Die Folgen der Kriege prägen das gesamte weitere Leben der Frauen und Mädchen. Oft tragen sie bei den Angriffen schwere innere und äußere Verletzungen davon und infizieren sich mit Krankheiten. Viele werden ungewollt schwanger und wählen in ihrer Verzweiflung den Weg riskanter Abtreibungen. Diese traumatischen Erlebnisse haben schwere psychische Folgen. Nicht jede Frau überlebt solche Belastungen!

Krieg ist die brutalste Zuspitzung von Frauenunterdrückung und kapitalistischer Ausbeutung. Krieg bedeutet für Frauen immer Gewalt, Vergewaltigung und Femizid. Kein Krieg wird jemals ohne diese bestialischen Kriegsverbrechen auskommen.

Es bestätigt sich also auch heute, was die Genossin Clara Zetkin erkannte. Der Kampf gegen Krieg ist immer auch ein Kampf gegen die Unterdrückung der Frau und ein Kampf gegen die Ausbeutung der Arbeiterinnenklasse. Wer sich in den Dienst des Friedens stellt, der muss kämpfen für die Gleichstellung der Frau und für den Sozialismus.

Wir als Kommunistinnen und Kommunisten stellen uns gegen jeden Krieg, aber wir werden keinen Frieden schließen mit einem System, in dem mehr Geld für Waffen und Krieg da ist, als für Bildung und Pflege. Lasst uns nie vergessen: Der Krieg wird im Frieden geplant und der Krieg beginnt hier; hier muss er auch gestoppt werden. Unser Widerstand richtet sich gegen den deutschen Militarismus und seinen Aufrüstungswahn, gegen deutsche Waffenfabriken und Rüstungsexporte und gegen den deutschen Staat und seine bewaffneten Organe. 

Die von Olaf Scholz versprochenen 100 Milliarden Euro für Aufrüstung und Kriegstreiberei müssen am Ende wir ArbeiterInnen zahlen. Den Preis von jahrzehntelanger Nato-Aggression müssen jetzt die Menschen in der Ukraine zahlen. Und den Preis für die Profitgier und das Machtstreben einiger Staaten, Banken und Konzerne müssen die zahllosen Betroffenen von Krieg, Flucht und Vertreibung weltweit zahlen – heute, wie vor hundert Jahren. 

Unsere Solidarität gilt daher nicht irgendeiner Kriegspartei und nicht irgendeinem Staatsoberhaupt. Unsere Solidarität gilt denen, die bei einem Krieg nie gewinnen, aber den Preis dafür zahlen müssen: den Frauen und Kindern, der internationalen Arbeiterklasse, den Ausgebeuteten und Unterdrückten. Frauen in Stadtfeld, Europa und in aller Welt: lasst uns zusammen kämpfen gegen Faschismus, Krieg und Kapital!

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