16.04.2008 / aufbau 53
NATO-STRATEGIE Den Wechsel vom UNOProtektorat zur EU-Kolonie wird im Kosovo als «Unabhängigkeit» gefeiert. Die EU und ihre Treuhandgesellschaft KTA plündern das Land aus. Und wo es etwas zu holen gibt, ist auch die offizielle Schweiz nicht weit und zeigt Flagge.
(rabs) Die vom ehemaligen UCK-Terroristen Thaci ausgerufene «Unabhängigkeit» des Kosovo ist wohl eines der groteskesten historischen Ereignisse. De facto führte «Ministerpräsident» Thaci das UNO-Protektorat Kosovo in die Kolonialherrschaft der EU über. Bereits vor der einseitigen Unabhängigkeitserklärung rief die EU am 14. Dezember 2007 die EULEX ins Leben. Mit dieser rund 1800 Polizisten, Richtern und Zollbeamten umfassenden Struktur übernimmt die EU als Kolonialmacht das Staatswesen des Kosovo. Ganz im Sinne der Militarisierung der Politik leitet ein französischer General, Yves de Kermabon, diese in zivilisierten Gegenden eigentlich zivile Struktur. Das Repressionspersonal stammt aus den Ländern mit einschlägigen historischen Erfahrungen auf dem Balkan, Deutschland und Italien. Der Holländer Pieter Feith hat als Protektoratsleiter, der heisst wirklich so, diktatorische Vollmachten. Von 1998 bis 2001 leitete Feith die NATO-Einsatztruppe für den Balkan und ist einer der militärischen Architekten des Überfalls auf die Bundesrepublik Jugoslawien.All das hindert die offizielle Schweiz nicht daran, praktisch als erstes Land eine Botschaft in Pristina zu eröffnen.Aussenministerin Calmy-Rey, als wackere Sozialdemokratin steht sie bedingungslos hinter jeder EU-Schweinerei,liess es sich nicht nehmen, nach dem Kopftuchauftritt in Bagdad in Pristina Flagge zu zeigen. Ihre Aussage, wonach EU-Diktator Feith als «Berater» ohne «Exekutivgewalt» fungiere, löste selbst bei der NZZ Kopfschütteln aus.1
Die SP und der EU-Kolonialismus
Der Rückfall in koloniale Herrschaftsmethoden stört die sozialdemokratischen Euroturbos, allen voran die Aussenministerin Calmy-Rey, offensichtlich kein bisschen. Wenig verwunderlich, wenn man sich daran erinnert, dass die damalige SPS-Präsidentin Ursula Koch während der Bombardierungen von Belgrad im Juli 1999 die Entsendung von Bodentruppen nach Jugoslawien gefordert hat. Die schweizerische Sozialdemokratie befand sich damals in guter Gesellschaft. Der erste Krieg auf europäischem Boden seit 1945 wurde auf deutscher Seite bekanntlich durch die rotgrüne Regierung geführt. Unterstützt von nicht wenigen «linken» Intellektuellen wie dem Schriftsteller Günther Grass oder den Vertretern der Frankfurter Schule, Hans Magnus Enzensberger und Jürgen Habermas.
Nach dem Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und der anschliessenden Besetzung des Kosovo durch UNO-Truppen betrieben kosovarische Extremisten eine regelrechte ethnische Säuberung. Nicht nur Menschen serbischer Herkunft werden von den albanischen Nationalisten terrorisiert. Besonders zu leiden haben die Roma. Seit 1999 wurde von den ehemals 150’000 im Kosovo lebenden Roma zwei Drittel vertrieben. Mit Rückendeckung der ach so um die Menschenrechte besorgten UN-Mission UNMIK. In ihrem Jahresbericht 2007 hält Amnesty International fest: «Die Straflosigkeit für Kriegsverbrechen gegen Serben und andere Minderheiten dauerten im Berichtsjahr an.»
Die Plünderung des Kosovo
Die Idee, mit der Kosovo Treuhand Agentur KTA das Land zu plündern, hat die UNMIK von der BRD übernommen, die seinerzeit mit der Treuhand AG die ehemalige DDR verscherbelt hat. Unverfroren erklärt der UNMIK-Verantwortliche Joachim Rücker, wie die Unternehmen im Kosovo «von einer sozialistischen kommunistischen Wirtschaft»2 in die freie Marktwirtschaft überführt werden. Mit der Eigentumsfrage nimmt man es da nicht so genau, erstmal wird verkauft, wie es sich für Raubritter gehört. «Das der Treuhand-Anstalt zugrunde liegende Gesetz sieht vor, dass die Eigentumsfrage parallel oder später geklärt werden kann.» Und falls dann doch noch etwas an die Eigentümer,zum Beispiel im Falle der «ehemals sozialistischen Unternehmen», ausbezahlt würde, so sackt die Treuhand AG vier Fünftel des Gewinnes ein: «20 Prozent der Erlöse aus diesen Verkäufen der Unternehmen sind für die Arbeiter, denen das Unternehmen gehörte, reserviert, – und die kriegen die auch. Das war ja das jugoslawische Modell des Sozialismus, wo die Unternehmen der Arbeiterschaft gehörten und 20 Prozent der Erlöse gehen auf jeden Fall an die Arbeiterschaft.» Soweit das Eigentumsverständnis des SPD-Manns Rücker, dessen Treuhand Agentur die restlichen 4/5 einsackt und an Günstlinge verteilt.
Geflissentlich verschweigt er dabei allerdings, dass es sich bei diesem «Sozialismus-Modell» um die vom sonst so viel geschmähten Milosevic betriebene Teilprivatisierung der Betriebe handelt. In dieser Reform wurde die Betriebe aus der jugoslawischen Arbeiterselbstverwaltung, einer Mischung aus Plan und Markt, in Aktiengesellschaften überführt, wobei den ArbeiterInnen 20% der Aktien zugestanden wurden.
Ein Beispiel: Der 1980 in Betrieb genommene Industriegigant Ferronikel fördert Nickel, der wichtigste Grundstoff zur Herstellung von rostfreiem Edelstahl. Die Metallarbeitergewerkschaft schätzte den Wert des Betriebes auf rund 300 Mio Euro ein.3 Verscherbelt wird der Betrieb von der Kosovo Treuhand in enger Zusammenarbeit mit dem durch und durch korrupten kosovarischen «Wirtschaftsminister» Bujar Dugolliv für 30 Millionen Euro, obwohl ein weiteres Kaufangebot für 43 Mio Euro vorliegt. Pikantes Detail: Die Käuferin ist die in Zürich eingetragene Aktiengesellschaft IMR International Mineral Resources AG. Eine offensichtliche Strohfirma mit Sitz in Kloten, betrieben vom in London ansässigen Jai K. Saraf und einem gewissen Markus Heeb mit Wohnsitz im schönen Küsnacht.
1 Calmy-Rey will direkt mit Kosovo verhandeln, NZZ 29.3.08
2 Die Privatisierung im Kosovo kommt voran», Deutsche Welle vom 14.4.05
3 Rebellion gegen Privatisierung im Kosovo», Labour Net Germany vom 26.7.05