Ineffizient und fremdfinanziert

Von: Günter Pohl,Unsere Zeit / Für Stimme des Neuen Kolumbien

Ecuador: Bericht über Eindringen der CIA in nationale Geheimdienste.Fortgeschickte, weil sie Spionagetätigkeit und Finanzierung regierungsfeindlicher Gruppen durchgeführt und mehr für Drogenhandel als für dessen Verhinderung gesorgt hat, warf das einmal mehr ein Schlaglicht auf die Tätigkeit von US-Diensten im Ausland.Ecuador, so der Bericht, ist keine Ausnahme innerhalb der CIA-Politik in Lateinamerika und der Welt und hatte sich nach dem Friedensabkommen mit Peru ab 1998 in gewisser Ruhe gewähnt – bis zu jenem 1. März 2008, der eine Debatte über die Funktionsweise der eigenen Geheimdienste aufwarf.
Auch in Ecuador, wo wie in Bolivien eine Regierung die Geschäfte führt, die bemüht ist, die Souveränität des Landes zu stärken, wurde vor wenigen Tagen von einer durch den Präsidenten Rafael Correa am 15. Mai einberufenen Kommission ein „Bericht über das Eindringen der CIA in die Streitkräfte und die Nationale Polizei“ vorgelegt, der es in sich hat. Ausgehend von der Attacke des kolumbianischen Heeres auf ein Camp der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (FARC) am 1. März, das sich auf ecuadorianischem Territorium befand, hatte die Regierung der Kommission Aufgaben mitgegeben, die der Frage nachgingen, ob ausländische Geheimdienste innerhalb der ecuadorianischen Streitkräfte bzw. der Polizei agieren, ob ecuadorianische Stellen am Angriff auf das FARC-Camp beteiligt waren, wie die eigenen Geheimdienste umzustrukturieren sind und wie die Finanzierung ihrer Aufgaben angegangen werden sollte.

Ecuador, so der Bericht, ist keine Ausnahme innerhalb der CIA-Politik in Lateinamerika und der Welt und hatte sich nach dem Friedensabkommen mit Peru ab 1998 in gewisser Ruhe gewähnt – bis zu jenem 1. März 2008, der eine Debatte über die Funktionsweise der eigenen Geheimdienste aufwarf. Bis dato hatten die jeweiligen Regierungen der Entwicklung einer eigenständigen Geheimdienstpolitik wenig Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie der (auf den „inneren Feind“ gerichteten) „Doktrin der nationalen Sicherheit“ anhingen, was der US-Einmischung Tür und Tor öffnete: Militär-, Finanz- und Ausbildungshilfen wurden kritiklos angenommen.

Die Militärgeheimdienste sind entsprechend der Luft-, Land- und Seestreitkräfte dreigeteilt und agieren getrennt ohne dem Gemeinsamen Kommando zu unterstehen, womit sie Situationsanalyse unabhängig von der politischen Führung des Landes durchführen. Damit war auch klar, dass in ihren Berichten das kolumbianische Militär nie als möglicher Aggressor in Betracht kam, obwohl es durch den innerkolumbianischen Konflikt und die Flüchtlingsbewegungen sowie das Einsickern von bewaffneten Akteuren seit Jahren Spannungen an der Grenze gibt. Der Bericht legt dem Gemeinsamen Kommando der drei Teilstreitkräfte nahe, strategischer Führung innerhalb des Militärsystems mehr Aufmerksamkeit zu widmen und die einzelnen Geheimdienste besser zu kontrollieren.

Bei der Polizei sieht es nicht anders aus: dort gibt es zwei Teilbereiche, von denen einer dem Regierungsministerium untersteht, der andere aus Spezialdependancen (Drogenbekämpfung, Schlepperbekämpfung, Entführungsbekämpfung und Sonderermittlungen) besteht. Letzterer ist weitgehend aus US-Mitteln finanziert, weil die Sondereinheiten aus dem Staatshaushalt zuwenig Geld bekommen, stellt der Bericht fest. Zum Beispiel erhält die Sonderermittlungsgruppe (UIES) jährlich über 2,5 Millionen US-Dollar für Logistik, Anleitung und operative Tätigkeiten. Die US-Regierung habe in der UIES, aber auch in der Antidrogeneinheit (DNA) die staatlichen Instrumente gefunden, die am besten im Sinne ihrer Außen- und Sicherheitspolitik gerecht werden. UIES und DNA werden praktisch nicht durch die Regierung kontrolliert noch legen sie ihre Auslandszuweisungen offen.

Die Zusammenarbeit zwischen Militär- und Polizeigeheimdiensten ist ein anderes Problemfeld. Es gibt keine Verbindung zwischen politisch-strategischer Ebene und den beiden Geheimdienstsystemen, auch weil es Eifersüchteleien zwischen beiden Institutionen gibt. Aktionsleitlinien oder Ziele werden nicht benannt, wodurch es zu Ineffizienz kommt. Auch ein gemeinsames Archiv der gesammelten Informationen existiert nicht.

Bei der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten gibt es einen formellen und einen informellen Bereich. Schaltstelle ist die US-Botschaft bzw. sind die Aktivitäten des Verteidigungsattachés (DAO), der Antidrogenagentur (DEA), der Konsultativgruppe für Militärhilfe (MMG) und der Nationalen Sicherheitsagentur (NSA) sowie, so wörtlich, „die lokale Stelle der CIA“. Die Kollaboration geht soweit, dass Angestellte der UIES ein Gehalt direkt von der US-Botschaft beziehen; aber auch Infrastruktur, Autos, Geräte, Anleitung und operationale Kosten werden häufig übernommen. Gerechtfertigt wird die Hilfsleistung durch eine „verbale Übereinkunft“, so UIES-Major Manuel Silva am 18. August in einem Bericht an die Untersuchungskommission. Nur konsequent ist dann natürlich, dass die US-Stellen auch bei der Einstellung von UIES-Personal mitentscheiden und die Angestellten „periodisch mit Lügendetektoren überprüfen“. Der Bericht zeigt angesichts der spärlichen Staatsgelder in den letzten zehn Jahren insgesamt eine große Abhängigkeit Ecuadors von US-Hilfe an, auch im formellen Bereich. Sogar das Benzin oder das Geld für die Bezahlung von Informanten kommt aus der US-Botschaft. 2 900 Polizisten des Geheimdienstsektors sind zwischen 2001 und 2008 von den USA ausgebildet worden, aber auch Mengen von US-Dollars flossen, wie z. B. 14 Millionen für das „Proyecto Libertador“, mit dem die Mobiltelefonüberwachung gewährleistet wird.

Teil 2 in der nächsten UZ

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