Für den 17. Januar 2009 hat die „Initiative gegen das Vergessen“ zu einem Aufmarsch durch Magdeburg aufgerufen. Hinter dieser Initiative verbergen sich alt- und Neonazis aus NPD und „freiem“ Kameradschaftsspektrum. Seit 1998 versucht diese Initiative die deutsche Kriegsschuld zu leugnen und die Trauer der MagdeburgerInnen über die bei den alliierten Bombenangriffen vor 64 Jahren getöteten Familienangehörigen zu funktionalisieren. Dem diesjährigen Aufruf der Nazis folgten ca. 720 Holocaustleugner.
Auch dieses Jahr versuchte die Stadt Magdeburg krampfhaft einen bürgerlichen Protest gegen den Naziaufmarsch und „politischen Extremismus“ im allgemeinen auf die Beine zu stellen. So fand eine „Meile der Demokratie“ mit Beteiligung von ca. 120 Läden, Sportvereinen, Parteien (von MLPD bis CDU) , Polizei, Landeskriminalamt u.a. statt. In Anbetracht dessen, dass sich Institutionen an dieser sogenannten „Meile der Demokratie“ beteiligten, die direkt für rassistische Flüchtlingspolitik verantwortlich sind (wie z.B. CDU) und / oder diese umsetzen (Polizei), sollte jedem klar sein, dass es um „weiße Westen“ und eben nicht um antifaschistisches Engagement ging. Imagepflege um jeden Preis.
Bereits am Vormittag fand eine Demonstration durch Stadtfeld vom „Autonomen Bündnis Sachsen-Anhalt“ statt, an der sich ca. 300 bis 400 AntifaschistInnen beteiligten. Im Zuge der Demonstration solidarisierten sich antiimperialistische Antifas. Auf einem Dach in der Immermannstraße entzündeten sie mehrere Bengalos und begrüßten die Demonstration mit Palästina – und Antifafahnen, was in der Demonstration sichtlich gut ankam und die Stimmung der Demo erheblich hob. Nachdem die Demo sich gegen 12 Uhr aufgelöst hatte bewegten sich AntifaschistInnen in Richtung der Naziroute. Wir bedauern es, dass die Demo – trotz Ankündigung – nicht versuchte zu den Nazis durchzubrechen.
Die Polizei wies bei der Wahl des Treffpunktes der Nazis so viel Feingefühl auf, dass diese sich unter Polizeischutz 13 Uhr vor der jüdischen Gemeinde sammeln durften. Gleichzeitig befanden sich in der Innenstadt hunderte AntifaschistInnen, welche versuchten zu den Nazis vorzudringen. Wir als Gruppe riefen schon im Vorfeld zu dezentralen Aktionen auf. So gelang es uns um 13.30 Uhr eine Spontandemo auf der Naziroute (Lüneburger Straße) mit ca. 100 Menschen zu formieren, welche wenige hundert Meter weiter in einer Sitzblockade endete. Gemeinsam hielten wir, auch nach 3 Aufforderungen der Polizei die Straße zu räumen, die Route besetzt. Dies hatte zur Folge, dass die Nazis 2 1/2 Stunden ihren Aufmarsch nicht beginnen konnten und auf eine Ausweichroute durch Nebenstraßen umgeleitet werden mussten. Die Stimmung in der Blockade war trotz Eiseskälte und Nässe durchgängig kämpferisch und entschlossen.
Auch im gesamten Verlauf des Naziaufmarsches versuchten AntifaschistInnen den Aufmarsch zu blockieren und zu stören, was mehr als 1000 eingesetzte Polizeibeamte teilweise mit massiver Gewalt versuchten zu verhindern. Nichts desto trotz gelang es einigen AntifaschistInnen immer wieder an den Aufmarsch ran zu kommen und zu stören.
Gegen 16.30 Uhr gab es eine weitere Blockade bürgerlicher Kräfte in der Nähe der Johanneskirche. So mussten die Nazis erneut umgeleitet werden und konnten nicht wie geplant ihren Kranz dort abwerfen. Die Anwesenheit einiger autonomer AntifaschistInnen war spürbar auf dieser Blockade unerwünscht. Einige wurden immer wieder von den Bullen bedrängt und zum Teil gejagt.
In den frühen Abendstunden wurden die Nazis schließlich zum Hauptbahnhof geleitet, wo auch der Abschluss stattfand.
Resüme
Wir bewerten die antifaschistischen Aktivitäten als durchaus gelungen. Jedoch konnte der Naziaufmarsch nicht verhindert werden. Wir konnten viele positive und gelungene Ansätze für eine zukünftige Praxis erkennen.
Unsere Infoveranstaltungen im Vorfeld, welche das Ziel hatten eine linksradikale Öffentlichkeit zu schaffen und inhaltlich zu intervenieren, waren durchgängig gut besucht. Uns ist es gelungen einen Raum zu schaffen, um (dezentrale) Aktivitäten vorzubereiten.
So fanden, wie auch im letzten Jahr, mehrere Kiezspaziergänge statt, auf denen zum einen mehrere Tausend Flugblätter verteilt wurden, in denen die AnwohnerInnen aufgerufen wurden sich an den antifaschistischen Aktivitäten zu beteiligen. Zum anderen wurden mehrere hundert Aufkleber und Plakate verklebt.
Abschließend können wir feststellen, dass ein Konzept, welches auf Aktivitäten im Vorfeld sowie auf dezentrale Aktionen am Tag des Naziaufmarsches selbst aufbaut, zum einen eine antifaschistische Kultur und Bewegung politisch stärkt und zum anderen in der Lage ist effektiv den Naziaufmarsch entgegenzutreten. Es knüpft in diesem Sinne an der kontinuierlichen antifaschistischen Praxis vor Ort (Kiezspaziergänge, Antifacafe) an.
Klar ist auch, dass so ein Konzept immer wieder verbessert werden muss, was nur mit möglichst viel Erfahrung umgesetzt werden kann. Kämpfend lernen!
Speziell mit dem Ausblick auf die Kommunalwahlen im Juni ist mit vermehrten Naziaktivitäten zu rechnen. Unsere Aufgabe muss es sein dem Nazipack entschlossen entgegenzutreten und dabei natürlich an den Erfahrungen der „dezentralen Aktion“ und der laufenden Praxis anzuknüpfen.
Es ist absolut notwendig dabei den Zusammenhang von faschistischer Gewalt und einer auf Egoismus basierenden kapitalistischen Ellenbogengesellschaft zu thematisieren….
Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren!
Hoch die internationale Solidarität!
19. Januar 2009, Zusammen kämpfen! (Magdeburg)
www.zusammen-kaempfen.tk
hier noch eine Sammlung zur Presse:
Pressemeldungen etc. zum Naziaufmarsch 17.1.09 / Magdeburg
Magdeburg: Antifaschisten blockierten mehrfach rechten Aufmarsch
http://www.jungewelt.de/2009/01-19/038.php
Tausende protestieren gegen Rechts
http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1232169435198
Magdeburger stellen sich Rechtsextremen in den Weg
http://www.ka-news.de/nachrichten/schlagzeilen/brennpunkte/art288,134111
„Meile der Demokratie“ – Magdeburg setzt Zeichen gegen Rechts
http://www.mdr.de/nachrichten/6060543.html
Magdeburger Bündnis protestiert gegen Neonaziaufmarsch
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5i7Oj5Mds8BIfJxxW-Eh9RvGTc2gQ
Pressemitteilung der Polizei
http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/pd-nord/2009/004_2009_90b40a6a5bcd0c47b9d4cd20b135bb4e.htm