am 24.2.09: Gestern Abend, 24.02.09, um 22.05 warfen „Unbekannte“ eine Handgranate auf die Kneipe der Migranten, die sich in der Tsamandou-Straße in Exarcheia befindet.
Pressekonferenz des Netzwerks für Politische und Soziale Rechte, Athen,
am 25.02.09, 13 Uhr
Die waffentechnischen Untersuchungen bzw. die Untersuchungen der Polizei am Tatort haben ergeben, daß es sich bei der Handgranate um eine sog. „Verteidigungs-Handgranate“ („Verteidigungs-Handgranaten“ haben eine höhere Sprengkraft als „Angriffs-Handgranaten“) sowjetischer (nicht russischer) Bauart handelte. Die Handgranate war gegen das Fenster des Steki geworfen worden, prallte ab und landete auf dem Beet, wo sie explodierte.
Zeugenaussagen haben folgendes ergeben: Es handelte sich nicht um einen Einzeltäter. Derjenige, der die Granate geworfen hatte, entfernte sich schnellen Schritts, wobei er von Anwohnern gesehen wurde. Genossen, die unmittelbar nach der Explosion die Verfolgung aufgenommen hatten, wurde der Wagen bezeichnet, in den der Täter eingestiegen war. In dem Wagen befanden sich noch andere Personen, wahrscheinlich zwei. Einer der verfolgenden Genossen näherte sich dem Fahrzeug, bevor es losfuhr, bis auf etwa 5 Meter, hielt dann aber inne, da er – sicher zu Recht – Waffengebrauch befürchtete. Er notierte sich Wagentyp und Kennzeichen.
Die Polizei erklärte später, daß dieses Kennzeichen nicht zugeteilt worden sei. (Dafür kann es verschiedene Erklärungen geben. Die nächstliegende wäre, daß es einfach gefälscht worden ist. Eine andere wäre, daß das Kennzeichen eines derjenigen ist, über die die Polizei selbst oder die Geheimdienste verfügen.) Der Wagen selbst – es handelt sich um einen dunkelblauen Renault Megane – konnte bisher ebenfalls nicht zugeordnet werden.
Die Pressekonferenz war sehr gut besucht. Außer den Medien waren Vertreter von über 20 Parteien und Organisationen anwesend. Auch drei Abgeordnete und der Parteivorsitzende von SYRIZA hatten sich eingefunden.
Alle Anwesenden waren sich darin einig, daß es sich um einen Mordversuch und nicht nur um einen Einschüchterungsversuch handelte. Wer nun genau Ziel des Angriffs war, ist nicht entscheidend. Es könnte eine Vielzahl von Gründen gewesen sein, die die Angreifer das „Steki“ (die „Kneipe der Migranten“) auswählen ließen. Erstens ist es, wie der Name schon sagt, ein Treffpunkt von Migranten und einer Vielzahl von Organisationen und Zusammenschlüssen, die sich mit Migranten-Fragen auseinandersetzen.
Zweitens ist dort das Netzwerk für Politische und Soziale Rechte zuhause. Das Netzwerk dürfte sich in den Augen faschistischer und parastaatlicher Kreise dadurch für einen Angriff prädestiniert haben, daß es sehr klar antinationalistisch – z. B. in der Mazedonien-Frage – und gegen jede Terrorhysterie – v. a. im Rahmen der Hetze gegen die bewaffnete Organisation „17. November“ – Stellung bezogen hat (wobei es in beiden Fällen jeweils ziemlich allein stand und steht; jedenfalls zeigen Meinungsumfragen, daß 90 % der Bevölkerung anderer Meinung sind).
Und schließlich tagen dort verschiedene Gruppen, denen faschistische und parastaatliche Kreise deshalb nicht wohl gesonnen sein dürften, weil die Mitglieder kaum dem Bild des „guten Staatsbürgers“ entsprechen dürften. Dazu gehören sowohl die Antinationalische und Antikriegs-Initiative, die Vereinigung der Kriegsdienstverweigerer und die Verbände der Schwulen und Lesben.
Hier die Presseerklärung des Netzwerks für Politische und Soziale Rechte:
Mordanschlag mit Handgranate auf die Kneipe der Migranten
Gestern Abend, 24.02.09, um 22.05 warfen „Unbekannte“ eine Handgranate auf die Kneipe der Migranten, die sich in der Tsamandou-Straße in Exarcheia befindet. (Im selben Gebäude sind auch die Büros des Netzwerks für Politische und Soziale Rechte untergebracht.) Zu dieser Stunde war die Kneipe voll von Leuten, zumal die Vereinigung der Kriegsdienstverweigerer eine offene Veranstaltung durchführte und der Koordinationsausschuss unserer Organisation tagte. Nur durch Zufall hatte der Angriff keine Opfer zur Folge, weil die Handgranate nicht die Doppelverglasung des Fensters brechen konnte, sondern abprallte und schließlich in dem Beet, das sich vor dem Gebäude befindet, explodierte.
Der gestrige faschistische parastaatliche Mordanschlag ordnet sich ein in den allgemeinen Versuch des Gegenangriffs des Systems nach der Erhebung im Dezember. Die ganze letzte Zeit beobachten wir eine Intensivierung von staatlicher und halbstaatlicher Gewalt sowie die Ausbreitung einer Hetzkampagne. („Die Radikale Linke ist verantwortlich für die Gewalt.“) Die „Unbekannten“, die die Handgranate warfen, wenden sich nicht nur gegen uns, sondern insgesamt gegen die in grundsätzlichem Widerspruch stehende Bewegung, gegen alle, die sich im Dezember erhoben, gegen alle, die sich praktisch der Diktatur der Märkte und der „Demokratie“ des Gummiknüppels verweigern.
Wahrscheinlich ist es überflüssig zu sagen, daß wir keinen Schritt zurück machen werden; wahrscheinlich ist es überflüssig zu erklären, daß der Schattenstaat die Antwort erhalten wird, die ihm gebührt.
Athen, 25. Februar 2009
Netzwerk für Politische und Soziale Rechte