Acht politische Gefangene kamen in bundesdeutschen Gefängnissen ums Leben. Der italienische Künstler Paolo Negri, selbst ehemaliger politischer Gefangner, porträtierte die acht Militanten in Form von Mosaiken. Die Ausstellung »Das Feuer erlischt nicht« ist von Donnerstag bis kommenden Sonntag in der Galerie Cornelius Hertz in Bremen zu sehen.
Holger Meins, Siegfried Hausner, Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Ingrid Schubert von der RAF sowie Sigurd Debus, der einer anderen militanten Organisation angehörte, überlebten die Haft nicht: Debus und Meins starben an den Folgen der Zwangsernährung als Maßnahme gegen ihren Hungerstreik, Hausner starb an einer schweren Brandverletzung im Gefängnis Stuttgart-Stammheim. Meinhof, Baader, Ensslin, Raspe und Schubert kamen unter bislang ungeklärten Umständen ums Leben.
Negri selbst wurde zweimal verhaftet: einmal 1976 wegen des Besitzes von Sprengstoff und einmal 1981 wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer so genannten terroristischen Organisation, den Roten Brigaden, insgesamt verbrachte er sieben Jahre im Knast.
Er wuchs auf in einer Region Italiens, in der es zu Zeiten des Faschismus eine starke Partisanenbewegung gab und in der die Nazis unvorstellbare Blutbäder anrichteten. Entsprechend war sein Bild geprägt: »Für mich war die Bundesrepublik Deutschland ein Nazistaat, da die Rote Armee nur bis nach Berlin gekommen war«, erläuterte er gegenüber jW. »Linke Zeitungen begannen über Ulrike Meinhof und die RAF zu schreiben. Ich bewunderte sie sehr, für mich kämpften sie direkt im Herzen der Bestie. Die Zeitungen berichteten auch darüber, wie die gefangenen Militanten in den Gefängnissen behandelt wurden. Das wunderte mich nicht, bei uns haben die Nazis weitaus schlimmere Dinge getan.«
Trotz seiner Sympathie für die RAF war es eher Zufall, daß er ausgerechnet sie porträtierte. Ein Freund, selbst seit 26 Jahren inhaftiert, begann die Texte der RAF ins Italienische zu übersetzen. Er fragte Negri, ob er eine Idee für die Illustration habe. Dieser versprach, darüber nachzudenken. Das Projekt verselbständigte sich dann völlig. Statt zu Stift und Papier griff er zu Marmor. »Wegen seiner klassischen Strenge, seiner Widerstandskraft und Stärke, die den Widerstand präsentiert«, sagt er. Außerdem entschied er sich, Mosaiken zu erstellen, »eine antike Technik, erprobt und dauerhaft wie die Rebellion«.
In zweijähriger Arbeit entstanden so kraftvolle, lebendige Porträts der acht Gefangenen, die alle mit dem Vornamen der Abgebildeten sowie dem Zusatz »lebt« versehen sind. Darin drückt sich die zentrale Botschaft Negris aus: »Der Widerstand lebt«.
Paolo Negri: Das Feuer erlischt nicht. Eröffnung heute, bis 22. März, Galerie Cornelius Hertz, Richard-Wagner-Straße 22, Bremen
Birgit Gärtner / Junge Welt 19.3.09