Seit einigen Wochen werden in immer mehr Berliner Schulen Plakate aufgehangen, auf denen die Polizei um Mithilfe bittet. Bei der initiierten Suche geht es aber nicht um die in den Banken versenkten Milliarden oder die fehlenden LehrerInnen in Berliner Bildungseinrichtungen. Auf 37 Bildern werden Jugendliche gezeigt, die ihr Grundrecht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit am 12.11.2008 wahrgenommen haben. Sie haben bunt und laut ihre Forderungen nach einem anderen Bildungssystem zum Ausdruck gebracht und werden deshalb nun wegen »Volksverhetzung«, »gefährlicher Körperverletzung« und »schwerem Landfriedensbruch« gesucht.
Natürlich geht es auch um die spontane Aktion in der Humboldt-Universität am Rande der Demonstration für eine bessere Bildung, bei der leider eine Ausstellung im Foyer beschädigt wurde. Dies hatte für erhebliches Aufsehen gesorgt, obwohl die Veranstalter der Demo sich umgehend öffentlich entschuldigten und sich mit den Ausstellungsmachern in Verbindung setzten, woraus mittlerweile eine intensive Zusammenarbeit wurde.
Noch im November hatte die Berliner Polizei verlauten lassen, dass sie »mit Hochdruck« an der Aufklärung der Vorgänge arbeitet. Was die Polizei darunter versteht zeigt sich nun: Die Auswertung eines öffentlich zugänglichen Videos auf einer Internetplattform und der eigenen polizeilichen Videoaufnahmen von der Demonstration mit einer Bearbeitungszeit von mehreren Monaten.
»In Wirklichkeit geht es jedoch um die Kriminalisierung Jugendlicher«, erklärt Micha Schmidt, Mitglied im Rat der LandesSchülerInnenVertretung Berlin. »Die politisch Verantwortlichen und die Polizei haben sehr wohl registriert, dass der Unmut unter den SchülerInnen und Studierenden weiter wächst und sich eine Bewegung zu formieren beginnt. Diese soll nun diskreditiert und AktivistInnen und mögliche UnterstützerInnen bereits im Vorfeld kommender Proteste stigmatisiert werden.«
Steffi B., Schülerin in Berlin, geht noch einen Schritt weiter mit ihrer Einschätzung, dass »die Plakate zu diesem Zeitpunkt in den Schulen auftauchen soll andere durch Einschüchterung davon abhalten, sich selbst zu engagieren!« So ruft ein bundesweites Bündnis zu Bildungsprotesten in der Woche vom 15. bis 21. Juni 2009 auf, an der sich, trotz dieser Repressionen, bundesweit Hunderttausende beteiligen werden.
Deshalb fordert das SchülerInnen-Bündnis »Bildungsblockaden einreissen!« die SchulleiterInnen auf, sich nicht weiter zum »Handlanger dieses Repressionsapparates« machen zu lassen und die Plakate wieder zu entfernen: »Wir wissen, dass auch die LehrerInnen unter diesem schlechten Bildungssystem, z.B. durch immer mehr Bürokratie und immer weniger Zeit für die pädagogische Arbeit, zu leiden haben und eigentlich auf der Seite der Protestierenden stehen. Wichtig ist der Dialog zwischen SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern, damit wir zum gemeinsamen Handeln für eine andere Bildung kommen« sagt Jeromé L., Schüler eines Berliner Gymnasiums.