Demonstration von TamilInnen in Berlin

Am Samstag demonstrierten rund 10.000 TamilInnen in Berlin gegen das blutige Ende des BürgerInnenkrieges im Norden Sri Lankas. Mit Flugblättern und Redebeiträgen sprachen sie sich gegen den „falschen Frieden“ aus, der ein anhaltendes Massaker an der tamilischen Bevölkerung bedeutet. Sie waren mit Duzenden Bussen aus der gesamten BRD angereist: Die Spitze der langen, engen Demonstration war fast an der Kochstraße, als das Ende noch am Alexanderplatz stand. Sie forderten Hilfe von der „internationalen Gemeinschaft“ für die Hunderttausende tamilische Flüchtlinge („Deutschland, hilf uns“ war eine häufige Parole) und das Selbstbestimmungsrecht für das tamilische Volk.

An der Spitze der Demonstration gab es ein Straßentheater: Männer in Kampfanzügen spielten srilankanische Soldaten, die Flüchtlinge vor sich hintrieben und BeobachterInnen von der EU und der UNO fernhielten.

Überall wehten die roten Fahnen der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) – mit einem springenden Tiger, zwei Gewerhren und viel Munition; dazu kamen Plakate mit dem LTTE-Logo, mit der Karte von Tamil Eelam (also die Küsten auf der Nordseite Sri Lankas, wo TamilInnen die Bevölkerungsmehrheit bilden) sowie mit dem Gesicht des vor kurzem getöteten LTTE-Führers Prabhakaran. Die LTTE steht seit Jahren auf der „Terrorliste“ der EU (weshalb sie z.B. innerhalb der EU keine Spenden sammeln darf), aber sie ist in Deutschland nicht verboten.

Neben den rot-gelb-schwarzen LTTE-Fahnen waren auch viele Deutschland-Fahnen. Das hatte zwei Gründe: Erstens gab es unter den DemonstrantInnen große Illusionen in die „demokratischen“ imperialistischen Mächte und Bündnisse, besonders in die UNO und die EU. An Angela Merkel, Nicolas Sarkozy und Barack Obama appellierte mensch, den TamilInnen zu Hilfe zu kommen. (Es mag legitim sein, solche PolitikerInnen aufzufordern, sich gegen das Massaker auszusprechen. Doch es muss klar sein, dass ihre ständigen Reden über Menschenrechte nur ihren politischen und wirtschaftlichen Interessen dienen, und sie haben momentan keinen politischen oder wirtschaftlichen Grund, gegen den Massenmord an TamilInnen zu protestieren.) Zweitens wollten die DemonstrantInnen mit ihren Deutschland-Fahnen ihre Integration in der deutschen Gesellschaft zur Schau stellen, damit ihre Forderungen nicht als die „jämmernder AusländerInnen“ ignoriert werden.

Auf einigen Transparenten und Plakaten wurden auch Vergleiche zur Situation in Gaza gezogen: Einige islamische Regierungen, die sich selbst als UnterstützerInnen der PalästinenserInnen inszenieren, haben gute Beziehungen zur Regierung in Colombo.

Die Nicht-TamilInnen auf der Demo konnte mensch – abgesehen von den vielen vielen ZivilpolizistInnen – an zwei Händen zählen. Nur Einzelpersonen von verschiedenen Gruppen der Berliner Linken zeigten Präsenz. Bei der nächsten tamilischen Demo muss ein internationalistischer Block organisiert werden, um Solidarität zu zeigen. In den letzten Jahren ist es schon gelungen, bessere Verbindungen zwischen der kurdischen Befreiungsbewegung und der Berliner Linken herzustellen. Das Gleiche muss jetzt mit der tamilischen Bewegung passieren.

Sicherlich muss die LTTE kritisch betrachtet werden – sowohl ihre Ideologie des tamilischen Nationalismus wie ihre Strategie und Taktik im Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung. Doch Linke müssen, neben einer Kritik an der LTTE, sich in erster Linie gegen das Massaker in Sri Lanka und für das Selbstbestimmungsrecht der tamilischen Bevölkerung aussprechen. Durch eine aktive Solidaritätsarbeit wird es auch möglich sein, die ideologische Hegemonie der LTTE in der tamilischen Diaspora zu schwächen und TamilInnen für sozialistische, internationalistische Positionen zu gewinnen.

von Wladek Flakin, von der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION ( http://www.revolution.de.com)

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