Kriegswaffen gegen Demonstranten: Angriff auf Indigene.
Nach wochenlangen Protesten der indigenen Bevölkerung Perus ist die Lage in den vergangenen Tagen eskaliert. Bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und demonstrierenden Indígenas kamen am Freitag und Samstag mindestens 34 Menschen ums Leben, als die staatlichen Einsatztruppen eine Straßenblockade, an der sich bis zu 5000 Menschen beteiligten, in der Nähe der Stadt Bagua gewaltsam beenden wollten. Wie der alternative Rundfunksender La Voz de la Selva berichtete, wurden die Demonstranten zunächst von Hubschraubern aus beschossen, bevor die schwerbewaffneten Polizisten am Boden vorrückten und ebenfalls Schußwaffen einsetzten. Bei den sich daraus entwickelnden Auseinandersetzungen starben offenbar auch mehrere Beamte.
Der von der peruanischen Regierung mit Haftbefehl gesuchte Vorsitzende der wichtigsten Indígena-Organisation Aidesep, Alberto Pizango, zeigte sich gegenüber dem lateinamerikanischen Nachrichtensender TeleSur entsetzt über die brutalen Übergriffe der Polizei: »Wir haben 45 Tage lang friedlich demonstriert und eine solche Reaktion nicht erwartet, vor allem nicht solch einen Luft- und Bodenangriff. Die Regierung hat Kriegswaffen eingesetzt, als wenn wir Verbrecher wären. Deshalb verurteilen die indigenen Völker diesen Vorgang als Völkermord.«
Die Proteste der Indígenas hatten am 9. April begonnen. Sie richten sich gegen Dekrete des peruanischen Präsidenten Alan García, die im Rahmen des zwischen Peru und den USA abgeschlossenen Freihandelsvertrages transnationalen Konzernen den Zugang zu den Öl- und Gasreserven in der Amazonas-Region des Landes öffnen. Die indigenen Gemeinden sehen darin eine Gefahr für ihre Lebensgrundlagen und weisen die »Privatisierung der Wälder und Wasserreserven« zurück.
Sowohl die parlamentarische Opposition als auch der Gewerkschaftsbund CGTP fordern eine Aufhebung der Dekrete des Präsidenten. Als die Regierungsmehrheit im Kongreß am vergangenen Donnerstag jedoch entschied, die zum Thema angesetzte Debatte zu verschieben, kündigten die Indígenas eine »Radikalisierung« der Proteste an. Damit war eine Blockierung der nordperuanischen Ölpipeline gemeint, wodurch große Teile des Landes von der Energieversorgung abgeschnitten worden wären.
Nach dem Massaker von Bagua besetzten empörte Menschen eine Ölförderanlage in der Nähe dieser Stadt und brachten zeitweilig 38 Polizisten in ihre Gewalt. Als die Polizei am Sonnabend versuchte, die Gefangenen zu befreien, kamen Behördenangaben zufolge neun Polizisten ums Leben, 22 konnten befreit werden, sieben wurden zunächst vermißt. Der Generalsekretär der Peruanischen Kommunistischen Partei (PCP), Roberto de la Cruz Huamán, verurteilte das »von der Regierung des Präsidenten Alan García angeordnete Massaker« scharf. Anstatt auf die Forderungen der Völker Amazoniens einzugehen, greife das Regime zur Gewalt gegen wehrlose Bürger.
Santiago Baez / Junge Welt 8. Juni 2009