Hintergrund:
Seitdem trotzen die Tekel-ArbeiterInnen und ihr wachsender UnterstützerInnenkreis staatlichen Terror und den Witterungsbedingungen und setzen ihren Widerstand gegen die kapitalistische Politik von Konzernen und Regierung fort.
In der Türkei wurde der Tekel-Streik zum Katalysator eines landesweiten Widerstands gegen die kapitalistische Politik des Staates und seiner Parteien. Bemerkenswert ist es, dass sich dort die durchaus zerstrittenen linken Gruppen auf eine Aktionseinheit verständigt haben und dass der Widerstand auch alle ethischen Konstruktionen überwindet. An den Aktionen beteiligen sich Menschen der unterschiedlichen Herkunft.
Und in Deutschland?
Die Solidemo am 28.2. machte wieder einmal die Begrenztheit der Solidaritätsbewegung in Deutschland deutlich. Motor der Aktionen sind die unterschiedlichen türkischen und kurdischen MigrantInnenorganisationen, die auch hier die Spaltungen temporär zu überwinden in der Lage sind.
Unterstützung kommt von in verschiedenen linken (marxistisch-leninistischen) Organisationen organisierten Menschen und von KollegInnen, die selber in Arbeitskämpfen sind, wie beispielsweise die FAU und die Beschäftigten des Babylon-Mitte.
Doch es fehlten weitgehend alle die Menschen, die auf Krisendemonstrationen, Mayday-Paraden und Bildungsstreikaktionen Widerstand gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse in bestimmten Sektoren organisierten.
Einige Menschen aus diesen Spektren beäugten die Demo vom Rande, um sich köstlich zu amüsieren, wenn am offenen Mikrophon eine Rednerin sich als Arbeiterin vorstellte oder wenn zugegebener Maßen mit wenig Power vom Lautsprecherwagen ein Evergreen der ArbeiterInnenbewegung zu hören war. Die eingeübte Distanz, ja vorgebliche Überlegenheit dieser „kreativen“ Prekären gegenüber den „Proleten war überdeutlich zu sehen. Nur ist zu fragen, woraus die sich speist. Avantgarde sind sie doch nur im Akzeptieren von prekären gering entlohnten Arbeitsbedingungen.
Solidarisch kämpfen – statt individuell untergehen.
Dagegen gab in den letzten Jahren Widerstand auf verschiedenen Ebenen (Mayday, Krisendemos), die alle unterstützenswert waren.
Dabei wurde von AktivistInnenin diesen Bündnissen immer wieder darauf insistiert, dabei die Kämpfe auf der betrieblichen Ebene nicht zu vernachlässigen und die Kämpfe von prekären in und außerhalb der Betriebe, sowie von Erwerbslosen zusammen zu führen.
Die Parole „Solidarisch kämpfen statt individuell untergehen“ gilt hier wie dort.
Betriebliche Kämpfe in der Tradition der ArbeiterInnenbewegung gehören, wie das Beispiel Tekel zeigt, keineswegs der Vergangenheit an.
Die gerade am Beispiel Tekel deutlich werdende Solidarität auch über Ländergrenzen hinweg ist gerade Teil jener positiven ArbeiterInnentradition, die es zu bewahren und auch auf andere prekäre Kämpfe anzuwenden gilt. Dabei sollen die Probleme nicht verschwiegen werden, die entstehen, wenn individuell arbeitende und lebende Kultur- und Sonstwie prekäre sich zu wehren beginnen. Aber gerade deshalb ist eine positive Bezugnahme auf die positiven Traditionen aus der ArbeiterInnenbewegung sinnvoll. Wenn auch manche jungen „Kreativprekären“ meinen, sie sind gegen über der alten ArbeiterInnenbewegung soviel fortschrittlicher und progressiver, so muss an den ganz konkreten Kämpfen festgestellt werden, dass es damit praktisch nicht so weit her ist. Beide Seiten können von einander lernen. Zu Abgrenzungsritualen und vorgespielter Arroganz, wie sie am Rande der Tekel-Solidemo in den Straßen Neuköllns und Kreuzbergs zu erleben waren, besteht jedenfalls kein Grund.
Positives Beispiel:
Um nicht nur zu kritisieren, soll der Beitrag mit einem positiven Beispiel schließen. Im Kampf gegen die juristischen Repressalien, mit denen die FAU wegen ihres Engagements im Arbeitskampf von Babylon (Mitte) konfrontiert ist, gibt es Solidartät jenseits der Gewerkschaftsgrenzen. Es wurde ein Komitee gegründet, dass das Ziel hat, die gewerkschaftliche Organisationsfreiheit zu verteidigen, unabhängig wie mensch zur FAU steht. Das Motto lautet, kein Boss und kein Gericht sondern die Beschäftigten sollen entscheiden, wie sie sich organisieren. Diese Forderung wird auch von Basisaktivistinnen von DGB-Gewerkschaften und auch von einigen Betriebsräten unterstützt