[Hannover] Bericht Gedenkdemo an Halim Dêner

Wenn auch nicht sehr viele, so doch zumindest erstaunlich vielfältig war die Demonstration heute zum Gedenken an Halim Dêner in Hannover.

Etwa 100 Menschen aus verschiedensten Gruppen des internationalistischen Spektrums versammelten sich heute um 17:00 Uhr auf dem Steintor. Neben dem anmeldenden Volkshaus Kurdistan e.V. waren erschienen: Konföderation der Arbeiter_innen aus der Türkei (ATIK), die LINKE, Soli’d, autonome Gruppen, Rote Hilfe und weitere.
Die Demo verlief ruhig, unter massiver Video- und Fotoaktivität der Polizei – einer Methode der Repression gegen Migrant_innen im Verfahren zur Erlangung der Staatsbürgerschaft. Vielleicht waren aus diesem Grunde heute nur wenige kurdische Familien unterwegs. Das Verteilen der vorbereiteten Flugblätter wurde durch die Polizei untersagt, da „die Quellenangabe der Aussagen des Flugblattes nicht angegeben“ seien – eine unglaubliche Provokation, die hoffentlich noch ein gerichtliches Nachspiel haben wird, aber zur Konsequenz hat, dass demnächst mit SIcherheit viele verschiedene Flugblätter von verschiedenen Gruppen vorbereitet werden. Die Abschlusskundgebung fand wieder auf dem Steintor statt, viele Blumen wurden an der Stelle abgelegt, an der Halim 1994 starb, und einige Redebeiträge thematisierten die unerträgliche Politik der Regierungen und Behörden.
Für diesen Anlass war es eine kleine aber feine Protestveranstaltung, mögen viele und größere noch folgen!

Zum Hintergrund:

Vor 16 Jahren war am Steintor der 16-jährige kurdische Flüchtling Halim Dêner von einem Zivilpolizisten beim Plakatieren überrascht und erschossen worden – einem Plakat mit der Fahne der ERNK, der politischen Organisation der PKK.
Vorangegangen war das Betätigungsverbot gegen die PKK und viele ihr zugeschriebener Organisationen durch Bundesinnenminister Manfred Kanther am 26.11.1993 – einen Tag vor den Gründungsfeiern der Organisation – sowie eine monatelange Hetzkampagne gegen vermeintliche „Terrorkurden“ und die PKK, die sich verständlicherweise gegen die Diskriminierung und Drangsalierung durch deutsche Behörden mit weitestgehend gewaltfreien Mitteln wie Blockaden und Demonstrationen zur Wehr setzten.
Dieser herbeigeredeten Gefahr fiel dann Halim Dêner zum Opfer, vergleichbar der Tötung Benno Ohnesorgs am 02. Juni 1967. In beiden Fällen wurden die Polizisten freigesprochen, obwohl erheblicher Zweifel an ihren Aussagen bestand. Die Morde waren in ihrer Zeit wohl politisch vertretbar.

Heute hat die kurdische Gemeinschaft in Hannover immernoch unter der Drangsalierung durch den Staatsschutz zu leiden, die gesetzlich vorgeschriebene Unschuldsvermutung wird locker von den Beamten über Bord geworfen, Menschenrechte negiert und sich vom Polizeibeamten zu „Staatsanwalt und Richter zugleich“ aufgeschwungen, so ein Redner. Dem gestärkten Selbstbewusstsein der Kurd_innen zum Dank wird hiergegen jetzt gerichtlich vorgegangen und die Ereignisse veröffentlicht.

Einen Teilbeitrag zu verstärkter Öffentlichkeitsarbeit möchte die Kampagne „TATORT-Kurdistan“ ( http://www.tatort-kurdistan.blog.de ) leisten, die den anhaltenden Krieg in Kurdistan in Beziehung zur BRD-Politik und -Wirtschaft setzt. Aufgerufen sind z. B. internationalistische, antirassistische oder antimiltaristische Gruppen, sich daran mit kleinen Aktionen und Veranstaltungen zu beteiligen.

Im Sinne der verstärkten Hetze gegen linke „Extremisten“:
Benno Ohnesorg und Halim Dêner gestern – und wann gehst du plakatieren/sprühen/demonstrieren?

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Foto dokumentiert von: http://efendisizler.blogsport.de/

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