Die Geschichte von Linan
Am 5. Oktober 2009 besuchten Mitglieder der Internationalen Solidaritätsbewegung (ISM) Genossin Linan Abu Ghoulmeh. Sie ist eine palästinensische Freiheitskämpferin und Revolutionärin aus Beit Forik nahe Nablus im Westjordanland.
Damals im Oktober ist Linan gerade gemeinsam mit 20 anderen weiblichen palästinensischen Gefangenen aus dem israelischen Knast entlassen worden, weil die Hamas im Gegenzug dazu ein Video des gefangenen zionistischen Besatzungssoldaten Shalit veröffentlicht hat.
Generationen von Linan’s Familie sind Aktivisten und Kämpfer in der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) gewesen, haben ihr Leben dem palästinensischen Freiheitskampf gewidmet. Viele sind gestorben. Viele wurden gefangen genommen. Linan’s Eltern haben die letzten Jahre ihres Lebens damit verbracht, ihre Kinder in den verschiedensten Gefängnissen zu besuchen. Linan’s Bruder, Ahed Abu Ghoulmeh, ist seit einem Jahr in Isolationshaft.
Linan’s Ehemann, Amjad Mleitad , wurde 2004 in einem heftigen Gefecht mit israelischen Besatzungssoldaten getötet, kurz danach wurde Linan verhaftet, ihr Haus wurde zerstört. Obwohl Amjad und Linan für fünf Jahre verheiratet waren, konnten sie nur ein Jahr lang zusammen leben weil Amjad auf der Gesuchtenliste der Israelis stand. In Haft, wurde Linan in ein Verhörzentrum verschleppt in dem sie über 20 Tage „verhört“ wurde. Dazu wendeten die Israelis eine Foltermethode an, bei welcher die Hände und Füße eng verschnürt und an einem Stuhl befestigt werden.
Für ihre Aktivitäten in der PFLP wurde sie zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Das zionistische Gericht setzte aber aus Rache noch zwei Jahre drauf: Ein Jahr, weil sie mit einem Freiheitskämpfer verheiratet war, und ein Jahr, weil ihr – ebenfalls von Israel ermordeter – Bruder auch ein Freiheitskämpfer gewesen war.
Dann wurde sie in das Ramla Gefängnis gebracht, in welchem für gewöhnlich weibliche Kriminelle aus Israel einsitzen. Dann wurde sie für dreieinhalb Jahre in den al-Sharon Knast verlegt. Dann brachte man sie für zwei Jahre nach Demon, einen Pferdestall aus der Zeit des Britischen Mandats. Alle hier eingesperrten Frauen litten unter der Feuchte und Dreck. Insektenbefall breitete sich überall aus, viele Gefangene erkrankten.
Zu Besuch bei Linan
Wortgewandt und ergreifend berichtete Linan von den Entbehrungen und Misshandlungen, welche Gefangene in „Israel“ erleiden. Sie werden brutal behandelt, Frauen mindestens genauso erbarmungslos wie männliche Gefangene. Sie werden verbal und physisch belästigt, oft willkürlich bestraft. Entweder sprühen Wachen Tränengas in ihre Zellen oder sie fluten sie mit Wasser; Hunde werden auf Gefangene in den Zellen angesetzt; manchmal werden Einzelne ohne Vorwarnung abgeholt und in eine Isolationszelle gezerrt. Strafen bedeutet auch, von Wachen zusammen geschlagen zu werden oder an den Haaren aus der Zelle geschleift zu werden, wobei immer männliche Wächter anwesend sind. Diese sadistischen und grausamen Prozeduren sind keine Ausnahmen sondern gehören vielmehr zum Gefängnisalltag, wo sie unablässig unter erfundenen Vorwänden angewandt werden.
Wenn Gefangene zum Gericht gebracht werden oder das Gericht verlassen, werden Leibesvisitationen durchgeführt, eine andere Form der Erniedrigung mit dem Ziel, den Gefangenen zu brechen. Es ist verboten, zu sprechen oder den eigenen Eltern ein Zeichen zu geben; sonst gibt es Strafen. Strafen können auch bedeuten, dass persönliche Gegenstände entfernt werden, wie zum Beispiel die Bettdecke, Geld und Bücher. Als Shalit gefangen genommen wurde, wurden den palästinensischen Gefangenen alle Lernprivilegien entzogen und allen Gefangenen aus Gaza wurde kollektiv verboten, Familienbesuche zu empfangen.
Es gibt auch keine Privatsphäre – 14 Gefangene teilen sich eine Zelle, in der sie auf einer dünnen Matratze schlafen. Das Bad ist außerhalb der Zelle, Frauen müssen jedes Mal, wenn sie dorthin wollen, darum bitten und betteln. Bei Erkrankungen, auch sehr ernsten Fällen, wird eine angemessene medizinische Behandlung verweigert.
Obwohl Linan’s junger Bruder und ihr Neffe in demselben Gefängnis wie sie untergebracht waren, wurde ihr jeder Kontakt mit ihnen aus „Sicherheitsgründen” verboten. Sie kämpften zu dritt gemeinsam über Jahre für dieses Recht, aber ohne Erfolg.
Linan aus Beit Faruk
Auf die Frage, wie sie mit ihrer tragischen Vergangenheit umgeht erklärte Linan, dass sie ihr Lächeln auf ihrem Gesicht behalten will und sie weiterhin stark bleiben wird in ihrer Entschlossenheit, an dem Kampf für Gerechtigkeit teilzunehmen. Sie ist sehr stolz auf die standhafte Vergangenheit ihrer Familie und ihres Ehemannes. Der Gedanke, dass sie erneut verhaftet werden könnte, erschreckt sie nicht. Ihre fünf Jahre im Gefängnis haben ihre Entschlossenheit nur gestärkt, ihre Aktivitäten in der Schlacht für die Befreiung Palästinas fortzusetzen.
Eine von Linan’s größten Sorgen ist das Schicksal jener Palästinenser, die weiterhin in israelischen Gefängnissen schmachten – es sind vermutlich 11.000 Menschenschicksale, die von den Zionisten eingesperrt sind. Einige von ihnen werden seit Jahren in „präventiver Verwahrung“ ohne irgendeine Anklage festgehalten. Linan hofft, dass internationale Menschenrechtsorganisationen und Grass Roots Gruppen noch energischer auf Gerechtigkeit pochen und dass die Gefangenen, eingekerkert für ihr Recht, der Besatzung Widerstand zu leisten, freigelassen werden.
Verhaftungen, Arrest und Inhaftierung sind die wichtigsten Waffen in Israels Vernichtungskrieg gegen das palästinensische Volk. Diese Aktionen zielen darauf ab, die Rechte der Unterdrückten zu verletzen, so viele wie möglich von ihnen einzusperren und sie zu brechen und alle Teile der Gesellschaft zu treffen, um damit den Willen des ganzen Volkes zum Widerstand auszulöschen. Kampf ums Überleben
Seit dem 14. Januar 2010 wird Linans Bruder Ahed jetzt in Isolationshaft gefoltert . Alle Besuche wurden ihm verboten, er wird gefoltert. Er hat jetzt einen unbefristeten Hungerstreik begonnen der schon seit dem 26. November 2010 andauert.
Am 15. Juli 2010 wurde Linan wieder verhaftet, diesmal gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Taghreed. Mitten in der Nacht stürmten Soldaten das Haus und verschleppten die beiden Schwestern , die seitdem ebenfalls ohne Anklage in Isolationshaft gehalten werden. Linan Abu Ghoulmeh befindet sich deshalb seit dem 2. Dezember 2010 in einem unbefristeten Hungerstreik. Sie fordert eine Verlegung aus dem Hasharon Gefängnis in den Sharon Knast, um mit ihrer Schwester zusammen zu sein.
Die zionistische Gefängnisleitung vom Hasharon Knast isolierte die zwei Gefangenen Nada Dirbas und Shireen Al-Eisawi aus Jerusalem daraufhin ebenfalls, weil sie sich solidarisch mit Linan gezeigt hatten.
Am 4. Dezember verweigerte die Besatzung unterdessen der Frau von Ahed Abu Ghoulmeh, Wafa, zu einer Konferenz zur Unterstützer palästinensischer politischer Gefangener nach Algerien zu reisen.
Linan ist nun seit 15 Tagen im Hungerstreik. Ihr Zustand verschlechtert sich dramatisch. Das israelische Gericht entschied: Sie bleibt in Isolationshaft.
Artikel über den ISM-Besuch bei Linan auf Englisch:
http://palsolidarity.org/2009/10/8606
Englische Seite für palästinensische Gefangene:
http://www.addameer.org/detention/background.html
Blog zu den politischen Gefangenen, Englisch:
http://palestinianprisoners.blogspot.com/
http://www.pflp-info.de/pflp/linan-ghoulmeh-hungerstreik