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Landarbeiterorganisation FNCEZ fordert Untersuchung der Ermordung zweier Mitglieder und sieht „Plan zur Destabilisierung“ des Landes
Caracas. Mit einer Pressekonferenz in Caracas und Protestaktionen von mehr als 5.000 Bauern und Landarbeitern auf einer Nationalstraße im Bundesstaat Táchira bekräftigte am Montag die venezolanische Bauernfront Ezequiel Zamora (FNCEZ) ihre Forderung an die Regierung, die Ermordung zweier ihrer Mitglieder im Bundesstaat Barinas zu untersuchen. José Joel Torres Leba und José Agustín Gamboa waren in der Nacht des 12. April in Gegenwart von Zeugen aus dem Haus entführt und zwei Tage später erschossen und von Folterspuren gezeichnet von Anwohnern gefunden worden.
Die FNCEZ erneuerte ihre Annahme einer Verwicklung von staatlichen Sicherheitskräften in die Morde. Die von den Entführern mitgeführtem Waffen des Typs R-15, die schusssicheren Westen und die benutzten Fahrzeuge seien charakteristisch für bestimmte Einheiten in der Region. Die Tat korrespondiere keinesfalls mit dem Vorgehen einer Guerillagruppe oder von Paramilitärs, ebensowenig erscheine sie als Abrechnung. Die beiden Ermordeten hätten sich der Organisierung der Institutionen der Volksmacht in der Region gewidmet.
Man werde unter keinen Umständen mehr ein Andauern der Straflosigkeit hinnehmen. Mit der Ausrede, jeder Campesino sei ein Guerillero, seien die Landarbeiter über Jahre Opfer von Menschenrechtsverletzungen gewesen. Nach elf Jahren Revolution dürfe nicht sein, dass die alten Kräfte mit ihren Verbindungen zur politischen Rechten des Landes im Sicherheitsapparat überdauerten.
Mit ihrer scharfen Erklärung reagiert die FNCEZ auf den Umgang der örtlichen Autoritäten mit dem Verbrechen. Sie weist eine Kriminalisierung ihrer Mitglieder ebenso zurück wie eine kürzliche Erklärung der Regionalregierung in Barinas, die eine Verwicklung von Sicherheitskräften in das Verbrechen ausschließt.
Einen Tag nach dem Auffinden der Leichen von José Joel Torres Leba und José Agustín Gamboa hatte ein leitender Polizeioffizier der Kriminalpolizei von Santa Bárbara im Bundesstaat Barinas die Ermordung der beiden FNCEZ-Mitglieder durch Schusswaffen bestätigt. Anschließend fügte er allerdings der Bemerkung, dass keinerlei Aussagen zu den Motiven der Morde möglich seien, seinerseits als Hypothese eine Rachetat unter Anwohnern hinzu. Einen Tag später erklärte der Leiter der Kriminalpolizei der Region, Humberto Ramírez, man gehe bei den weiteren Ermittlungen von einer Beteiligung organisierter krimineller Gruppen aus. Diese führten in dem Gebiet Aktionen gegen Landarbeiter und Bauern durch.
Die Internetzeitung Noticiero Digital lancierte am selben Tag nicht belegte „weitere Untersuchungen“, wonach einer der beiden Ermordeten, José Joel Torres Leva, als “Comandante Ajel” der Fuerzas Bolivarianas de Liberación (FBL) identifiziert worden sei und seinem Tod Streitigkeiten mit den kolumbianischen Guerrillaorganisationen FARC und ELN um die Kontrolle der Zone zugrunde liegen könnten. Die FBL war eine venezolanische Guerillaorganisation, die sich 2009 offiziell auflöste und sich erklärtermassen in die Basisstrukturen der verfassungsmässigen Volksmacht des Bolivarischen Prozesses eingliederte.
Der PSUV-Abgeordnete der Asamblea Nacional und Führungsmitglied der FNCEZ, Braulio Álvarez, wies in einer öffentlichen Reaktion diese Gerüchte zurück und versicherte, beide Ermordeten seien Bauern und Mitglieder der FNCEZ gewesen, die die Bolivarische Revolution von Präsident Chávez verteidige. Er beschuldigte „eine venezolanische Elite von Unternehmern“, die mit dem Drogenhandel verbunden sei und im vereinten Handeln der Landarbeiter mit der nationalen Regierung gegen den Grossgrundbesitz eine Bedrohung sehe. „Wir glauben, dass es einen Plan zur Destabilisierung gibt, der gegenwärtig eskaliert“, so Àlvarez.