Drei Einwohner getötet. 200 Paramilitärs bedrohen die neutrale Gemeinde. Regierung von Präsident Santos schaut offenbar untätig zu
Von Hans Weber
amerika21.de
Apartadó, Kolumbien. Paramilitärs haben kürzlich drei Bauern der Friedensgemeinde San José de Apartadó im Nordwesten Kolumbiens getötet. Unter den Opfern befand sich auch eine Minderjährige, teilte die Gemeinde vergangene Woche in einem Kommuniqué mit. Das Dorf im Grenzgebiet zu Panama ist durch seinen Einsatz für Frieden im Bürgerkriegsland Kolumbien international bekannt. 2007 wurde es mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet.
Der kolumbianische Abgeordnete Ivan Cepeda sagte, dass die Gewalt die Vertreibung der Gemeinde von ihrem Territorium zum Ziel habe. Grund dafür sei das profunde Interesse an den Ländereien und Rohstoffen der Region, nämlich Erdöl und Kohle. Außerdem sei das Gebiet sehr wichtig für den Bau des Staudamms Urrá II, der in der Nähe des Gemeindegebiets geplant ist.
Schon vor Wochen beklagte sich die Gemeinde bei den kolumbianischen Behörden, dass 200 Paramilitärs in ihr Gebiet eingedrungen seien. Die bewaffneten Männer hätten 50 Personen für mehrere Stunden festgehalten und gedroht, sich die Ländereien der Einwohner „mit oder ohne deren Einverständnis“ anzueignen, hieß es von Seiten der Gemeinde. Die Paramilitärs bewegten sich, mit der Komplizenschaft der Armee, frei im Gemeindebezirk Apartadó und hätten dort sogar vier Stützpunkte eingerichtet. Sie legten bestimmte Reglementierungen für die Einwohner fest, behinderten den freien Warenverkehr von Lebensmitteln und sperrten Zonen ab, heißt es aus San José de Apartadó. „Die Regierung weiß das, aber sie schweigt, billigt es und drückt ein Auge zu“, sagen die Sprecher der Einwohner.
Anfang November machten auch über 30 Abgeordnete des Europäischen Parlaments in einem Brief an die Regierung von Kolumbiens Präsident Manuel Santos auf den Ernst der Lage aufmerksam. Unter den Unterzeichnern ist unter Anderem der Fraktionsvorsitzende der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne (GUE/NGL), Lothar Bisky. Eine Antwort aus Kolumbien blieb bisher aus.
Die Gründung der Friedensgemeinde im Jahr 1997 war ein Akt des Widerstandes der Bauern gegen Vertreibung und Flucht. Die Einwohner des Dorfes San José de Apartadó bekundeten damals, mit keinem der bewaffneten Akteure zu kooperieren, auch nicht mit der kolumbianischen Armee. Seitdem wurden fast 200 Gemeindemitglieder ermordet und hunderte Angriffe der Streitkräfte, der Polizei und der Paramilitärs fanden statt. Laut Menschenrechtsorganisationen sei der Staat für 90 Prozent der Morde verantwortlich.