Um auch in diesem Jahr auf die Situation der Gefangenen, die aktuellen Entwicklungen der staatlichen Repression, ihrer Terrorparagraphen und die Zusammenhänge zwischen Kapitalismus und Repression aufmerksam zu machen, haben wir zum Kampftag für die Freiheit der politischen Gefangenen, dem 18. März, zwei Veranstaltungen, eine Demonstration und einen Knastspaziergang nach Stammheim unter dem Motto „Linke Politik verteidigen! Weg mit den §§129, 129a/b!“ organisiert.
Infoveranstaltungen zu den §§129 und ihrer aktuellen Anwendung
Am 01. und 13. März fand jeweils in Mannheim und Stuttgart eine Infoveranstaltung zu den Paragraphen 129, den aktuellen Fällen von Kriminalisierung über diese in der BRD und die Möglichkeiten Widerstand zu leisten statt. Zudem berichtete Ahmet Yüksel, selbst angeklagt im ersten §129b-Prozess von 2006-2010 in Stammheim und verurteilt zu fast 4 Jahren Haft, über seine Erlebnisse während der Haft, die Isolationshaftbedingungen, denen er ausgesetzt war und die gesundheitlichen und psychischen Folgen, die von der Isolationshaft verursacht werden. Beide Veranstaltungen wurden von ca. 25 Personen besucht.
Demonstration „Linke Politik verteidigen! Weg mit den §§129, 129a/b!“
Am Samstag, den 17. März begann um 14 Uhr unsere Auftaktkundgebung für die Demonstration auf dem Schlossplatz. Die Transparente und der Infotisch zogen direkt an der sehr belebten Einkaufsmeile einige Aufmerksamkeit auf sich. Zu bemerken ist gleich zu Beginn und über den ganzen Tag hinweg das Auftreten der Polizei. Die gesamte Innenstadt und die Auftaktkundgebung war in alle Richtungen von starken Polizeikräften umstellt. Noch vor Beginn der Demonstration wurde, mit der willkürlichen Begründung, den Anweisungen der Polizei sei Folge zu leisten ohne dass es diesbezüglich Auflagen gab, die Fahnenstöcke beschlagnahmt. Zudem wurde dem eigentlich ebenfalls genehmigten Auto mit Lautsprecheranlage das Mitfahren in der Demonstration verweigert. Die Zwischenkundgebungen durfte das Auto anfahren, sodass dort zumindest, wenn auch mit ständigen Auf- und Abbau verbunden, die Lautsprecheranlage genutzt werden konnte. Am Rand der Auftaktkundgebung provozierte zudem eine mit auffälliger Thor Steinar-Jacke ausgestattete Person als (vermeintlicher) Nazi. Wie sich später herausstellte, handelte es sich dabei um einen zivilen Beamten. In diesem Zusammenhang kam es zu einer Festnahme.
Nach der Auftaktkundgebung, der Begrüßungsrede des Bündnisses und der Verlesung des Grußwortes der Roten Hilfe International, setzte sich der Demonstrationzug mit ca. 90 TeilnehmerInnen in Bewegung. Die erste Zwischenkundgebung vor dem Innenministerium am Karlsplatz mussten wir aufgrund willkürlicher Entscheidungen der Polizei 100 Meter vom eigentlichen Ort vor der ehemaligen Gestapo-Hauptzentrale abhalten. Dort wurde eine kurze Rede von Young Struggle zu den Ermittlungen gegen 44 AntifaschistInnen in Sachsen per §129 verlesen und in der Rede der Anatolischen Föderation auf die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und der BRD bei der Verfolgung revolutionärer Kräfte eingegangen. Anschließend zog der Demonstrationszug lautstark über den Charlottenplatz und bog dann in die Olgastraße ein.
Vor den Gebäuden des Landgerichts/Oberlandesgerichts wurde die nächste Zwischenkundgebung abgehalten und eine kurze Rede zu den aktuellen Verhaftungen, Verfahren, Vorladungen und Beugehaftandrohungen gegen ehemalige Militante aus Rote Armee Fraktion (RAF) und Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) u.a. in diesen Gebäuden verlesen.
Danach ging es weiter bis vor das Türkische Konsulat am Kernerplatz, vor welchem ohne Erlaubnis eine spontane Kundgebung abgehalten wurde, auf der die Rede zur Zusammenarbeit zwischen der Türkei und der BRD auf türkisch verlesen wurde. Die ständig in großer Anzahl Spalier laufende Polizei wurde in dieser Situation, aber auch den ganzen Tag über, nicht weiter beachtet. Abschließend wurde vor dem Amtsgericht, bei erneut vergrößertem Polizeiaufgebot eine Kurzrede zur Kriminalisierung von Antifaschisten aus der Region, eine Rede von Zusammen Kämpfen und dem Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen, eine Rede von LB² (Libertäres Bündnis Ludwigsburg), sowie von Young Struggle verlesen. Der gefangene Genosse Smily hatte zusammen mit seinen Mitgefangenen für die Demonstration Grußwörter verfasst welche ebenfalls verlesen wurden.
Insgesamt konnte die Demo mit Konzentration auf die TeilnehmerInnen und die zu vermittelnden Inhalte und nicht auf die Polizei abgehalten werden, so dass die Unverhältnismäßigkeit des massiven Polizeiaufgebots hinter die vermittelten Inhalte weichen musste.
Knastspaziergang
Nach Abschluss der Demonstration folgten noch ca. 35 Personen dem Aufruf nach Stammheim zur JVA zu gehen, um die dort einsitzenden Gefangenen, Smily und die kurdischen Aktivisten solidarisch zu grüßen und Kraft und Unterstützung über die Mauern zu schicken. Eine spontane Kundgebung wurde vor dem Knast abgehalten, es wurden laute Parolen gerufen, die von den Gefangenen ebenfalls lautstark erwidert wurden. Eine Rede des Netzwerks wurde verlesen und ein Solidaritätslied für Smily (XTZ – Halt aus!) wurde abgespielt.
Nach Beendigung der Kundgebung auf dem Rückweg zur U-Bahn wurde bei einem Genossen die Personalien festgestellt und er wurde durchsucht, weil er auf der Demonstration angeblich eine verbotene kurdische Fahne gezeigt haben soll.
Am Abend wurde im Falkenbüro bei Essen und Trinken Grüße an die Gefangenen geschrieben und wir haben den Tag gemütlich ausklingen lassen.
Solidarische Grüße an die Gefangenen und an alle, die mit uns auf die Straße gegangen sind – Solidarität ist eine Waffe!
Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen weltweit!
Hoch die internationale Solidarität!
Stuttgarter 18. März – Bündnis | 19. März 2012
www.linkepolitikverteidigen.tk
Anatolische Föderation
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen Stuttgart
www.political-prisoners.net | www.gefangenen.info
Young Struggle
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
www.zk-stuttgart.tk
Weitere Aktivitäten zum 18. März – dem Tag der politischen Gefangenen:
Am 15.03. gab es eine Spontandemonstration durch die Stuttgarter Innenstadt und einen weiteren Knastspaziergang am 18. März.
http://linksunten.indymedia.org/de/node/56571
Auch in Berlin und Duisburg gab es Demonstrationen zum 18. März, in Dresden gab es einen Spaziergang zum Knast. In Berlin fand die Demonstration ebenfalls unter dem Motto: „Weg mit den §§129! Freiheit für Gülaferit Ünsal“ statt.
Berlin: http://political-prisoners.net/item/1362-berlin-300-bei-demo-zum-tag-der-politischen-gefangenen.html
Duisburg: http://ra.blogsport.de/2012/03/18/bericht-freiheit-fuer-alle-politischen-gefangenen/
Dresden: http://linksunten.indymedia.org/de/node/56708
In der Vorder- und Südpfalz kam es auch zu mehreren Aktionen:
http://linksunten.indymedia.org/de/node/56732
Weitere Fotos findet ihr unter: http://www.trueten.de/gallery2/v/PolitikundGesellschaft/antirepression/18Maerz2012/