Guerilla und Staatsführung unterzeichnen Vereinbarung nach geheimen Gesprächen. Offizielle Verhandlungen angeblich ab Oktober
Von Eva Haule
amerika21.de
Bald Vergangenheit? Angehörige der FARC-Guerilla bewaffnet und in Kampfmontur (Quelle)
Havanna/Bogotá. Die Regierung Kolumbiens und die FARC-Guerilla haben am Montag in der kubanischen Hauptstadt Havanna vereinbart, förmliche Friedensgespräche zu beginnen. Dies berichtet der Informationsdirektor des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur, Jorge Enrique Botero. Die kolumbianische Regierung hatte zu Gerüchten über geheime Verhandlungen mit der FARC in den letzten Wochen stets geschwiegen.
In einer Liveschaltung sagte Botero, der genaue Inhalt der getroffenen Vereinbarung werde bald durch den Präsidenten Kolumbiens, Juan Manuel Santos, bekannt gegeben, der auch über die Inhalte dieser Gespräche informieren werde. Die Geheimgespräche begannen im Mai in Havanna und wurden von den Regierungen Venezuelas, Kubas und Norwegens begleitet, so Botero. Die Nachrichtenagentur Reuters bestätigte die Meldung unter Berufung auf nicht näher genannte vertrauliche Quellen. Demnach seien auch die USA eingeweiht gewesen. Eine offizielle Bestätigung liegt bisher noch von keiner der Konfliktparteien vor. (Update: Präsident Santos trat am Montagabend (Ortszeit) vor die Presse.)
Seitens der FARC waren nach Angaben Boteros unter anderen Kommandant „Mauricio“ beteiligt, der Nachfolger des im September 2010 getöteten Jorge Briceño an der Spitze der Militäreinheit Bloque Oriental der FARC. Anwesend sei zudem Rodrigo Granda gewesen, der im Jahr 2004 von der Regierung Álvaro Uribe aus Venezuela entführt worden war. Die kolumbianische Regierung vertraten Sicherheitsberater Sergio Jaramillo und Umweltminister Frank Pearl, der während der Regierungszeit von Uribe Beauftragter für den Frieden war. Außerdem nahm Enrique Santos Calderón teil, der Bruder des Präsidenten.
Laut Botero sollen die offiziellen Verhandlungen Anfang Oktober in Oslo beginnen und anschließend in Havanna fortgesetzt werden. Das Ziel von FARC und Regierung sei „sich zusammenzusetzen, um zu verhandeln und nicht aufzustehen, bevor nicht ein Friedenspakt unterzeichnet ist, der dem bewaffneten Konflikt in dieser südamerikanischen Nation ein Ende setzt“. Im kolumbianischen Bürgerkrieg kämpfen die linksgerichteten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) seit fast 50 Jahren gegen Armee und rechtsgerichtete Paramilitärs. Die derzeit größte Guerillaorganisation Lateinamerikas soll weiterhin eine Stärke von tausenden Kämpfern besitzen.
Im August 2011 hatte der damalige FARC-Oberkommandierende Alfonso Cano in einem im Internet verbreiteten Video den Willen der FARC zur Aufnahme von Friedensgesprächen erklärt. Präsident Santos erinnerte er damals daran, dass dieser in seiner Antrittsrede versprochen habe, „den Hass hinter sich zu lassen, der die acht Jahre der vorherigen Regierung gekennzeichnet hat“. Im April 2012 bekräftigten die Rebellen ihre Bereitschaft zum Dialog erneut und wiesen gleichzeitig die Forderung der Regierung Santos nach Kapitulation und Entwaffnung als Vorbedingung zurück.
Laut einer Umfrage vom vergangenen Donnerstag befürworten 74,2 Prozent der Bürger Kolumbiens einen Dialog mit den FARC. Die letzten Friedensgespräche fanden in den Jahren 1998 bis 2002 zwischen der damaligen Regierung Pastrana und den Rebellen in der Stadt San Vicente del Caguán im Süden Kolumbiens statt.