Düsseldorfer Prozess gegen Revolutionäre aus der Türkei startet nach 16 Monaten

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Während der Prozess gegen den mit einer Auslieferung an die Türkei bedrohten Mediziner Faruk Ereren fortgesetzt wird, begann am 11. März 2010 nach 16 Monaten der Prozess gegen die Mitglieder der Anatolischen Föderation, Nurhan Erdem, Cengiz Oban und Ahmet Istanbul im OLG Düsseldorf.

Die Verhandlung gegen Nurhan, Cengiz und Ahmet, der rund 90 BeobachterInnen beiwohnten, begann um 9.30 Uhr. Neben deutschen Fernsehkanälen, den Rechtsbeiständen und MenschenrechtsvertreterInnen, waren zahlreiche Menschen im Gerichtssaal anwesend, um den Prozess gegen die politischen Gefangenen mitzuverfolgen. Anhand von mit Maschinengewehren bewaffneten Polizisten und strengen Kontrollen am BesucherInneneingang sollte wohl der Eindruck entstehen, dass es sich bei den Angeklagten um „gefährliche Terroristen“ handelt.

Nach der Identitätsfeststellung der Angeklagten verlautbarte die Gerichtsdelegation den Verlauf der Verhandlung. Staatsanwaltschaft und Verteidigung gaben kurze Stellungnahmen ab, wobei die Anwälte zuallererst beantragten, die Polizeikräfte aus dem Saal abzuziehen. Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben.

Als nächstes verlies der Staatsanwalt eine seitenlange Anklageschrift, die sich hauptsächlich um Aktionen der Revolutionären Volksbefreiungsfront in der Türkei drehte und wenig zu tun hatte mit den Aktivitäten der Angeklagten in Deutschland. Nach dieser Anklageschrift äußerte der Staatsanwalt gegenüber dem Richter: „Für uns wäre es zufriedenstellend, wenn ihr 10 Jahre Haft veranlasst“. Diese Äußerung wurde von den Anwälten kritisiert und Einspruch dagegen erhoben. Eine der AnwältInnen sagte: „Sie können als Staatsanwalt nicht eine solche Meinung kundtun, dazu haben Sie kein Recht. Was heißt, Sie wären zufrieden, wenn 10 Jahre Haft verhängt werden. Sie sollten sich nicht mehr auf diese Weise äußern“. Nach einer kurzen Pause ging der Prozess weiter und Cengiz Oban verlas eine, von ihm vorbereitete 14-seitige Erklärung auf Türkisch, die absatzweise vom Gerichtsdolmetscher auf Deutsch übersetzt wurde. Die Anmerkung des Gerichtsvorsitzenden „Cengiz Oban kann sehr gut Deutsch. Er soll die Erklärung auf Deutsch verlesen“ wurde von seinen AnwältInnen zurückgewiesen. Sie erklärten „Er hat Anspruch darauf, die Erklärung in seiner Muttersprache zu verlesen“. Nach kurzer Diskussion fuhr Cengiz Oban mit seiner Erklärung auf Türkisch fort. Die Erklärugn von Oban begann mit den Worten Mao’s, die lauten, „Die USA ist der Hauptfeind der Völker“ und er legte die Feindschaft und Aggression des US-Imperialismus gegenüber den Völkern anhand von umfassenden Beispielen offen. Er erklärte, dass die Angriffe gegen die USA vom 11. September 2001 eine Folge der US-Aggression und Feindschaft gegenüber den Völkern gewesen sei und nahm Stellung zu den, dem 11. September folgenden Angriffen auf Afghanistan und Irak, zu der gegen die Bevölkerung dieser Länder entwickelten Politik und der Kollaboration und Komplizenschaft bei diesen Angriffen durch andere Länder, u.a. auch Deutschlands. Mit einer Reihe von Beispielen erklärte er, dass der deutsche Staat die Nazis schütze und wie sich Rassismus und Ausländerfeindlichkeit verbreitet habe. Er ging ebenfalls auf die aggressive Politik Deutschlands gegenüber Revolutionären ein, die in Kollaboration mit dem Faschismus in derTürkei zustandekäme. Und die Verhaftungen seien eine Folge dieser Politik. Schließlich berichtete Cengiz auch mittels Beispielen über die massive Isolationspolitik, denen sie als Gefangene ausgesetzt seien. Teil der Erklärung war auch eine Darstellung der Kontrarguerilla-Politik des türkischen Staates, bei der auch Lynchangriffe gegen demokratische Aktionen erwähnt wurden. Die Verhandlung endete um 19.00 Uhr und wird am 18. März fortgesetzt. Im Anschluss an die Verhandlung wurde vor dem Gerichtsgebäude von der Anatolischen Föderation eine Erklärung abgegeben.

ProzessbeobachterInnen

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