Staat und Kapital
Der Staat ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Er begegnet uns im Alltag überall und in verschiedenster Art und Weise – mal beiläufig und verdeckt, mal offensichtlich und direkt. Ob als Mehrwertsteuer an der Supermarktkasse, als Lehrerin, die uns im Unterricht gegenüber steht oder als Gericht, das den Mietdeckel kippt, weil er verfassungswidrig sei. In Zeiten der Corona-Pandemie tritt der Einfluss des Staates nochmal viel deutlicher in Erscheinung: Mit Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen hat sich der staatliche Einfluss auf unser aller Leben in heftiger Weise greifbar gemacht.
Zwar sind der Staat und seine Institutionen überall, aber es ist gar nicht so einfach, genau zu sagen, was der Staat ist und was er macht. Dementsprechend gibt es viele unterschiedliche Vorstellungen von dem, was der moderne Staat ist, was seine Aufgaben sind und wie er funktioniert. Am geläufigsten ist die Auffassung, dass der Staat eine neutrale Instanz sei, die den Willen des Volks umsetzt und zum Wohl aller die freiheitliche und demokratische Grundordnung gewährleistet.

Diese Auffassung von Staat wird vor allem aus liberalen und konservativen Standpunkten heraus vertreten, zB. wenn sich Menschen aus Politik, Wirtschaft oder anderen hochrangigen Ämtern zu diesem Thema äußern. Auch im Schulunterricht, von JournalistInnen oder von zB. Polit-InfluencerInnen auf Twitter und Instagram wird uns diese Darstellung immer wieder dargeboten. Gerade in der heißen Phase des Wahlkampfes berufen sich PolitikerInnen fast aller Parteien auf dieses Staatsverständnis: sie gehen auf Stimmenfang, indem sie sich als VertreterInnen der Interessen der kleinen Leute und als Verkörperung des Gemeinwohls darstellen. Weiterlesen