Evo am Nationalfeiertag: „Niemand wird die Neugründung Boliviens aufhalten“

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Der bolivianische Präsident Evo Morales hat gestern in seiner Rede zum Nationalfeiertag des Andenstaates die Menschen seines Landes dazu aufgerufen, sich am kommenden Sonntag ihr demokratisches Recht wahrzunehmen und sich massenhaft am Referendum über eine vorzeitige Amtsenthebung des Präsidenten und der Provinzgouverneure zu beteiligen. Zugleich rief er die Opposition auf, sich dem Willen des Souveräns zu unterwerfen und die Ergebnisse der Abstimmung zu respektieren: „Unterwerfen wir uns dem Volk, damit das Volk mit seinem Votum urteilt“, sagte Evo Morales vor Tausenden von menschen auf der Plaza Murillo in La Paz. Ursprünglich sollte die Kundgebung in der bolivianischen Hauptstadt Sucre stattfinden, dem traditionellen Ort der Feierlichkeiten zum Jahrestag der Unabhängigkeit Boliviens, aber nach gewaltsamen Ausschreitungen rechter Oppositionsgruppen und der Weigerung der von der Opposition kontrollierten Regionalregierung, die Sicherheit der Teilnehmer der Feierlichkeiten zu garantieren, verlegte die Regierung die Rede Evos nach La Paz. Auch die Festsitzung des bolivianischen Parlaments mußte aus dem gleichen Grund abgesagt werden.

In seiner 30-minütigen Ansprache legte der Präsident Rechenschaft über die bisherigen Leistungen seiner Regierung ab, die diese gemeinsam mit den indigenen Bewegungen, den Bauern und Arbeitern erbracht habe, wie er betonte. Er hob die Verstaatlichung der Naturressourcen hervor, die zu einer stabilen Wirtschaft ohne Steuerdefizit in den vergangenen zweieinhalb Jahren geführt habe. Auch den Kampf zur Beseitigung des Analphabetismus hob er hervor. Mit Unterstützung Cubas und Venezuelas ist es der bolivianischen Regierung bislang gelungen, mehr als einer halben Million Menschen Lesen und Schreiben beizubringen. Das Wirtschaftswachstum betrage 6,1 Prozent, der Handelsüberschuß zwischen Januar und Juni 2008 habe 997,1 Millionen Dollar erreicht. Die internationalen Währungsreserven Boliviens liegen bei mehr als 7,5 Milliarden Dollar, der Gesamtwert der Exporte lag im ersten Halbjahr bei 3 Milliarden Dollar.

Angesichts dieser für eine stabile wirtschaftliche Lage sprechenden Zahlen erinnerte Morales daran, dass Bolivien zu Zeiten der neoliberalen Regierungen im Ausland als nicht vertrauenswürdig galt und sogar einige Schriftsteller und Analysten Boliviens eine Spaltung Boliviens und eine Abhängigkeit von den Nachbarländern vorhergesagt hatten.

Der Kampf um Selbstbestimmung und Souveränität sei ein ständiger Kampf. Mit Blick auf die vor wenigen Wochen in vier Provinzen durchgeführten Referenden über Autonomiestatute sagte der Präsident, seine Regierung unterstütze die Autonomien, aber diese müssten solidarische Autonomien für die Völker sein, nicht für die Oligarchien. „Hören wir auf, uns dem Imperium zu unterwerfen, um uns dann das Volk zu unterwerfen“, rief er auf. Es werde den „kleinen Gruppen von Privilegierten“ nicht gelingen, mit Gewalt und Protesten Angst und Schrecken zu verbreiten: „Mich können weder die Provokationen noch die Beleidigungen erschrecken oder einschüchtern. Ich bin mir sicher, dass einige Gegner des Heimatlandes und Egoisten verursachen werden, diesen Veränderungsprozess aufzuhalten, aber die Demokratie vertieft sich und schreitet voran!“

Der Gewerkschaftsbund COB hat unterdessen in einer Sondersitzung die Einstellung der Straßenblockaden beschlossen, nachdem am Montag bei Zusammenstößen zwischen Bergarbeitern und der Polizei zwei Menschen ums Leben gekommen waren. Der Streik gegen das umstrittene Rentengesetz werde aber fortgesetzt, betonte Gewerkschaftschef Pedro Montes. Zugleich wies er Versuche der rechten Opposition zurück, die Auseinandersetzungen und Opfer für ihre Kampagne gegen die Regierung zu missbrauchen: „Die Rechte hat weder das Recht noch die Moral, das Wort zu ergreifen!“ Es seien genau diese Parteien gewesen, die das Gesetz angenommen hätten, das nun Zusammenstösse und tragische Folgen verursache. „Diese Kämpfe und Tragödien sind ihre Schuld. Sie haben das gegen die Arbeiter gerichtete Gesetz 1732 beschlossen“, sagte er.

Vertreterinnen und Vertreter sozialer Organisationen stellten sich unterdessen hinter Evo Morales und seine Regierung. So sagte die Präsidentin des Verbandes der Indigenen Bauernfrauen, Leonilda Zurita, dass die Abstimmung am Sonntag lebenswichtig zur Festigung des gegenwärtigen Veränderungsprozesses sei. Mit ihrer Stimme werde die in der Geschichte immer ausgegrenzte Mehrheit der Bevölkerung die wirtschaftlichen und sozialen Programme der Regierung Evo Morales unterstützen, trotz aller Angriffe der verzweifelten Rechten, so Zurita. Auch der Generalsekretär des Landarbeiterverbandes von La Paz, Maximiliano Flores, ging davon aus, dass das bolivianische Volk den Feinden des neuen Boliviens an den Urnen das Vertrauen entziehen werde.

Auch in Berlin kam es gestern zu einer Solidaritätsveranstaltung mit mehr als 100 Teilnehmern. Informationen zu dieser Veranstaltung hier.

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