Von: Breites Bündnis für Kolumbien
Anklage und internationale Solidarität:
Kolumbien durchlebt seit Jahrzehnten einen politisch-sozialen und bewaffneten Konflikt, der in der ungerechten Verteilung des Bodens und einer tiefen sozialen Ungleichheit eine beständig wirkende Ursache hat. Der kolumbianische Staat und die Streitkräfte, die durch die Vereinigten Staaten ausgebildet und gelenkt werden, drängen eine “militärische Lösung” auf, die in keiner Weise die schwere politische, soziale und ökonomische Krise des Landes löst…
sondern im Gegenteil den Krieg und die Verletzung der Menschenrechte des kolumbianischen Volkes ausweitet. Unter der Regierung des gegenwärtigen Präsidenten Alvaro Uribe Vélez hat sich die politische und humanitäre Situation in Kolumbien verschlechtert. Das Drama, das die Eskalation der Gewalt unter der Schirmherrschaft der USA, einiger europäischer Länder und mit dem kolumbianischen Staat als ausführendes Organ darstellt, die Ermittlungen der Justizorgane und die Erklärungen, die Paramilitärs vor Gericht abgegeben haben, zeigen ohne jeden Zweifel, dass Uribe Vélez, Vizepräsident Santos, die in die Para-Politik verwickelten Minister Gelder aus dem Drogenhandel an sich gebracht und die Paramilitärs in den früheren Präsidentenwahlen wie auch in den regionalen Wahlen in diesem Jahr benutzt haben. Ohne dieses mafiose Zusammenwirken wäre Uribe nicht wiedergewählt worden und die Narko-Paramilitärs hätten nicht die politische und militärische Kontrolle in vielen Regionen behalten können. So heißt es bereits in einem Dokument der Defense Intelligence Agency der Vereinigten Staaten, das 1991 ausgearbeitet und erst später bekannt wurde: “Alvaro Uribe Vélez ist ein kolumbianischer Politiker und Senator, der mit dem Kartell von Medellín auf hoher Regierungsebene zusammenarbeitet. Uribe hat mit Aktivitäten des Rauschgifthandels in den Vereinigten Staaten in Verbindung gestanden.” Wenn man dazu den offensichtlichen politischen Zerfallsprozess des kolumbianischen Staates nimmt, können wir die wahre Dimension des Paramilitarismus ermessen. 20 Kongressabgeordnete und ehemalige Abgeordnete, die der Regierung nahestehen, befinden sich in Haft und unter strafrechtlichen Ermittlungen im Rahmen des Skandals um die sogenannte Para-Politik. Verhaftet oder flüchtig sind auch ehemalige hohe Beamte der zentralen Regierung und der regionalen Regierungen.
Situation der Menschenrechte
Kolumbien besitzt reiche Ressourcen und verfügt über eine große Varietät geographischer, ethnischer und kultureller Bedingungen. Es hat eine Bevölkerung von 44 Millionen Einwohnern und eine Ausdehnung von 1.141.748 km², territorial ist es in Departements, Distrikte, Munizipien sowie Territorien der indigenen und afrokolumbianischen Bewohner gegliedert. Die Munizipien sind die Grundeinheiten der politisch-administrativen Gliederung des Staates. Gegenwärtig gibt es 32 Departements und 1.098 Munizipien. Die Bevölkerung besteht zu 25% aus Afrokolumbianern, 2,5% sind Angehörige indigener Völker, der Rest sind Mestizen.
Bei einem Überblick über die politische und humanitäre Situation in Kolumbien müssen wir feststellen, dass 27 Millionen Einwohner in Armut leben, davon 12 Millionen in völligem Elend. Jede dieser Familien lebt von weniger als 1 Dollar täglich. 38,6% der Bevölkerung leiden an Unterernährung. Die Arbeitslosigkeit beträgt 26%, es kommen durchschnittlich 29.800 Unterbeschäftigte täglich hinzu. Die Armutssituation der Mehrheit der Bevölkerung steht in starkem Kontrast dazu, dass sich drei der Wirtschaftsgruppen Kolumbiens, die auch mit den Medien eng verbunden sind, unter den 300 größten Gesellschaften der Welt befinden.
Kolumbien steht mit Vertriebenen an zweiter Stelle in der Welt. Vier Millionen Kolumbianer sind von ihrem Landbesitz verjagt und gezwungen worden, in die Städte anzuwandern, andere sind aus Kolumbien ausgewandert und leben im Ausland unter menschenunwürdigen Bedingungen.Heute besitzen nur 1,7% der Bevölkerung annähernd 50% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die hohe Konzentration des Landeigentums und die gewaltsame Vertreibung sind zwei der Faktoren, die den Bauern zum Anbau der Kokapflanze zwingen.Von je zehn ermordeten Gewerkschaftern sind neun Kolumbianer. Nach Angaben der Weltorganisation gegen die Folter (OMCT).) werden in Kolumbien täglich im Durchschnitt drei Mnschen aus politischen Gründen gefoltert und ebenfalls aus politischen Gründen lässt man vier Menschen täglich verschwinden.
Nein zur Politik der “demokratischen Sicherheit”
Die faschistoide Politik von Präsident Alvaro Uribe Vélez (AUV), die als “Demokratische Sicherheit” bezeichnet wird, basiert gerade auf der Nichtanerkennung der Grundrechte der Kolumbianer, indem im Namen der Politik gegen den Terrorismus die öffentlichen Freiheiten, das Recht auf freie Bewegung aufs äußerste eingeschränkt und die Zivilpersonen in den bewaffneten Konflikt hineingezogen werden, indem Einwohnerlisten angelegt werden und das Prinzip der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilpersonen mißachtet wird. Durch diese Methoden wird der Bürgerkrieg stimuliert, werden Bruderländer in klarer Verletzung des humanitären Völkerrechts bombardiert, werden politische Flüchtlinge in den Nachbarländern Kolumbiens verfolgt, und zu all dem wird das Netz der Informanten in Europa, das bereits 100 000 Leute auf seinen Gehaltslisten führt, weiter verstärkt, wird die humanitäre Arbeit und die Solidarität der europäischen Aktivisten kriminalisiert und jetzt erwägt man, die Ausweisung der kolumbianischen politischen Flüchtlinge , die sich in Europa befinden, zu fordern, mit dem eindeutigen Ziel, inter den Internationalisten Schrecken zu verbreiten und so eine aktive Solidarität zu verhindern für den Fall, dass Venezuela von den Verinigten Staaten militärisch angegriffen wird.
Gesetz “Gerechtigkeit und Frieden” (§75)
Die Regierung Alvaro Uribe institutionalisiert und legitimiert weiterhin die Reintegration der Paramilitärs (Gruppen von Mördern, die durch den Staat geschaffen wurden und mit der offiziellen Armee zusammenarbeiten) in das zivile Leben. Diese Wiedereingliederung ist eine verschleierte Amnestie und wird gegen den Protest der Bevölkerung durchgesetzt, die die Verurteilung und Bestrafung dieser Organisationen fordert, die der schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig sind. Außerdem haben humanitäre, soziale, politische Organisationen aufgedeckt, dass diese Gruppen in neue paramilitärische Strukturen wie die Aguillas Negras (Schwarze Adler) und die Informantennetze, die mehr als eine Million Personen umfassen, sowie die Bataillone der “Bauernsoldaten”, in Wirklichkeit in Todesschwadronen organisierte Paramilitärs, eingegliedert worden sind. Kolumbien ist heute ein Staat, der die Rhetorik über die kapitalistischen Gesellschaften als demokratische Gesellschaften ad absurdum führt. Die dunkle und nicht zu akzeptierende Seite der “Demokratien” sind die Massaker in Kolumbien, das erfordert die aktive internationale Solidarität.
Humanitärer Gefangenenaustausch
Die kolumbianische Gesellschaft ersehnt die Überwindung des langen politischen, sozialen und bewaffneten Konflikts. Dafür müssen Bedingungen durch den humanitären Austausch von Gefangenen geschaffen werden, die sich zum einen in den Händen der Aufständischen der FARC-EP im Urwald befinden, und zum andern die politischen Gefangenen, die in den Kerkern und Strafanstalten zusammengepfercht sind, dazu die Aktivisten des Volkskampfes wie Sonia und Simon, die von der Regierung Uribe illegal in die USA ausgewiesen wurden. Der Gefangenenaustausch kann als erster Schritt zur Vorbereitung von Friedensverhandlungenen zwischen den Aufständischen und der Regierung dienen, die außer den erforderlichen Garantien die Gewähr bieten müssen, dass über eine Perspektive für die Lösung der sozialen Probleme, unter denen das kolumbianische Volk leidet, verhandelt wird. Außerdem muss es um die Abschaffung des Gesetzes über die Ausweisung gehen, wofür die internationale Solidarität notwendig ist, damit die Verhandlungen darüber vorankommen und die zentralen Ziele erfüllt werden können, die sich die Volksbewegung in ihrer Gesamtheit gestellt hat, der Aufbau eines Neuen Kolumbiens in Frieden und sozialer Gerechtigkeit. Wir sind davon überzeugt, dass der Bürgerkrieg nicht die Zukunft Kolumbiens sein kann. Zu den Vorschlägen, um die Verhandlungen einzuleiten, gehört auch die Räumung der Munizipien Florida und Valle im Departement Cauca, wo sich wie die Gespräche über den humanitären Austausch entwickeln sollen, von Militär. Wir wollen diesen Friedensprozess unterstützen, damit demokratische Veränderungen durchgeführt werden können, damit als erstes der humanitäre Austausch stattfinden kann, als Weg zur politischen Lösung des sozialen und bewaffneten Konflikts. Heute ist es die Regierung Uribe, die sich rundweg weigert, Friedensdialoge mit den Aufständischen zu beginnen, und im Gegenteil die “militärische Lösung” aufzwingt. Deshalb gibt es nur eine Alternative:
Rücktritt Uribes jetzt! Vereinigte Staaten raus aus Kolumbien!
Der Plan Colombia
Der Plan Colombia, der auch als Regionale Andeninitiative (Iniciativa Regional Andina) bekannt ist, war ein Plan, der unter dem Vorwand der Bekämpfung des Drogenhandels entworfen wurde, in Wirklichkeit ist es aber ein Plan zur Aufstandsbekämpfung und soll jeden Widerstand in seinen verschiedenen Formen niederwerfen. Deshalb ist es ein militärisch-strategischer Plan – mit Kosten von mehr als 20 Mrd. Dollar bis zum Jahre 2010 – zur Ausübung der Kontrolle über die Naturressourcen im Amazonasbecken, um seine Reichtümer zu patentieren: Sauerstoff, Biodiversität, Wasser, Erdöl, Kohle. Wenn man das Verhältnis der Militärausgaben zum Bruttoinlandprodukt berücksichtigt, weist Kolumbien mit 3,34% die höchsten in Lateinamerika auf, es ist außerdem an zweiter Stelle in der Welt hinsichtlich der Militärhilfe der USA. Der Plan Colombia nutzt moderne Kriegstechnologien und biologische Waffen gegen die Kokapflanzungen und stellt damit eine unvorhersehbare und ernste Gefahr für die ökologische Situation in dieser Zone dar, die die bedeutendste Biodiversität der Welt birgt.
Der Plan Colombia ist Teil der Rekolonialisierungsstruktur der ALCA (Amerikanische Freihandelszone). Daher interessieren sich die USA für die Gebiete, wo die großen Megaprojekte geplant sind, und wollen dort ihre größten militärischen Interventionskräfte konzentrieren. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sie bereits 12 Militärbasen auf dem Kontinent strategisch positioniert.
Der Plan Colombia und die transnationalen Unternehmen
Die Vereinigten Staaten bilden seit 1939 die kolumbianische Armee aus. Diese Zusammenarbeit verstärkte sich während des kalten Krieges. Zur militärischen Kontrolle kommt die Kontrolle der einheimischen politischen Parteien und die Festsetzung der transnationalen Konzerne in diesen Regionen, die die Naturschätze ausbeuten und ein Klima des Terrors im Lande und in ganz Lateinamerika errichten, wie die United Fruit Company, Coca Cola. Chevron, Harken und Occidental aus den USA, BP und Shell aus Großbritannien, die Canadian-Oxy, Alberta, Mera-Mills aus Kanada und die spanische Repsol beuten Millimeter für Millimeter die Erdölreserven Kolumbiens aus. Auch Nestlé aus der Schweiz auf dem Gebiet der Milchprodukte und die Drummond aus den USA, die Kohlevorkommen ausbeutet, ebenso Chiquita Brands, Cemex, Holcim, Muriel, Glencore-Xtrata, Anglo American, Bhp Billington, Anglo Gold, Monsanto, Smurfit Kapa – Cartón de Colombia, Multifruits S.A. – Delmonte, Pizano S.A und seine Filiale Maderas del Darién, Urapalma S.A, Dyncorp; Unión Fenosa, Aguas de Barcelona, Canal Isabel II, Endesa, Telefónica y TQ3 sind zu nennen. Alle diese transnationalen Konzerne sind verstrickt in Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gerade in jenen Zonen, in denen der Plan Colombia umgesetzt wird.
Wie schon im Irakkrieg muss auch festgestellt werden, dass die europäischen Verbündeten der USA und ihre transnationalen Konzerne beteiligt sind an dem Konflikten und den schmutzigen Krieg in Kolumbien nutzen durch politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung der narko-paramilitärischen Regierung von Uribe.
Lateinamerikanische Integration
Kolumbien muss sich in den Prozess der lateinamerikanischen Integration eingliedern, die für die ökonomische und soziale Entwicklung der Völker der Region vorteilhaft ist. Besonders wichtig ist die ALBA (Bolivarische Alternative für Lateinamerika und die Karibik), die von Venezuela, Kuba, Bolivien,Nicaragua,Honduras und Ekuador gebildet wird. Dieses Bemühen soll sich mit einer regionalen Integration verbinden, die ausgehend vom Energiesektor sich auf alle möglichen Bereiche der komplementären Entwicklung ausdehnen kann. Das wird die Gesamtheit der Region stärken und ihre Positionen in Verhandlungen verbessern. Gegenwärtig gibt es vier große supranationale Bereiche, die sich abzeichnen, einerseits die ALCA und die Freihandelsverträge (TLC), andererseits die ALBA und die verschiedenen regionalen Blöcke. Die ALCA ist ein annexionistischer Plan und und bedeutet, dass alle Länder im Süden ohne weiteres von den USA absorbiert werden. Alvaro Uribe ist einer der größten Verfechter dieser Initiative.
Gemeinsame Wege zu bahnen heißt die Träume und Ideale des Volkswiderstandes mit ihren Prinzipien der Würde, der Souveränität und der Selbstbestimmung der Völker miteinander zu verflechten.
* Die Kriminalisierung der kolumbianischen und europäischen Aktivisten durch die faschistoide “demokratische Sicherheit” von Álvaro Uribe Vélez muss zurückgewiesen werden.
* Einstellung der politischen, ökonomischen, finanziellen und militärischen Hilfe der USA und der Europäischen Union an Kolumbien,
* Anerkennung des politischen, sozialen und bewaffneten Konflikts als Produkt der sozialen Ungleichheit und des politischen Ausschlusses, dem wir historisch ausgesetzt waren,
* Arbeit für den humanitären Austausch der Gefangenen, die sich in den Händen der Aufständischen der FARC-EP befinden, einerseits und der politischen Gefangenen, die in den Kerkern und Strafanstalten eingesperrt sind, andererseits,
* Allgemein: Ablehnung des ökonomischen Modells des Krieges.
FRENTE DE ACCIONES POR COLOMBIA – Breites Bundnis für Kolumbien – Deutschland
zugefügt am: 20 Sep 2008