Politischer Prozeß
Im Düsseldorfer DHKP-C-Verfahren werden Zeugen eingeschüchtert. Polizeiopfer aus Beugehaft entlassen
Von Carsten Ondreka, junge Welt 5.8.2009
Im 129-a-Verfahren vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht gegen Faruk Ereren wurde am Dienstag ein Zeuge nach monatelanger Beugehaft entlassen. Nuri Eryüksel hatte jede Aussage verweigert. Dem Angeklagten Faruk Erkeren wird die Mitgliedschaft in der in Deutschland verbotenen türkischen DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) vorgeworfen. Er soll als führendes Mitglied der Organisation für verschiedene Anschläge in der Türkei in der Zeit von 1993 und 2005 verantwortlich sein. Wie schon bei einem ähnlich gelagerten Verfahren in Stuttgart-Stammheim beruhen auch in Düsseldorf große Teile der Anklage auf Zeugenaussagen aus der Türkei. Zudem sind die Geständnisse größtenteils unter Folter und Mordandrohungen zustande gekommen.
Das zeigte sich auch am Montag. Eine vom Gericht verlesene Aussage des türkischen Gefangenen Gökhan Gündüs von Ende April, in der er Scheinhinrichtungen schildert, machte deutlich, daß alle von ihm zuvor gemachten Aussagen auf Folter und Morddrohungen basierten. Damit ist – wie das Gericht bestätigte – der Vorwurf gegen Ereren, in der Türkei einen Mord begangen zu haben, hinfällig.
Mittlerweile zum sechsten Mal wurde außerdem der durch Polizeigewalt in türkischen Gefängnissen erblindete Nuri Eryüksel vorgeladen. Beim letzten Prozeßtermin hatte dieser auf einem Zeugnisverweigerungsrecht bestanden. Seitdem saß er in Beugehaft. Sein Beistand, der Rechtsanwalt Wolfgang Wegmüller, legte daraufhin am 3.Juli Beschwerde beim Bundesgerichtshof gegen die aus einer Sicht überzogene Strafe ein. Bis Montag hatte sich der BGH noch nicht dazu geäußert, sagte Wegmüller zu jW.
Etwa 40 Prozeßbeobachter zogen nach der Verhandlung zum nordrhein-westfälischen Justizministerium und protestierten gegen die Beugehaft. Das Verfahren wird am 19.August fortgesetzt.
Carsten Ondreka