 Am 11. Oktober findet vor dem Landgericht Berlin das  Berufungsverfahren gegen das Gefangenen Info statt. In erster Instanz  wurde der Presserechtlich-Verantwortliche zu einer Strafe von 800 Euro  verurteilt. Grund hierfür war ein Artikel der Roten Hilfe  Düsseldorf/Neuss über den Prozess gegen Faruk Ereren. Solidarität ist unsere Waffe! Nutzen wir sie!
Am 11. Oktober findet vor dem Landgericht Berlin das  Berufungsverfahren gegen das Gefangenen Info statt. In erster Instanz  wurde der Presserechtlich-Verantwortliche zu einer Strafe von 800 Euro  verurteilt. Grund hierfür war ein Artikel der Roten Hilfe  Düsseldorf/Neuss über den Prozess gegen Faruk Ereren. Solidarität ist unsere Waffe! Nutzen wir sie!
Prozess:
Montag, 11. Oktober 2010 | 13.30 Uhr
Landgericht Berlin Tiergarten (Raum 731)
Turmstr. 91, 10559 Berlin
Aufruf:
Solidarität mit dem Gefangenen Info!
Der Prozess gegen das „Gefangenen  Info“ setzt sich vor dem Landgericht Berlin-Tiergarten fort. Wolfgang  Lettow, presserechtlich Verantwortlicher für das „Gefangenen Info“,  wurde am 21. April dieses Jahres wegen einer Verleumdungsklage zu 800 €  Geldstrafe verurteilt. Hintergrund des Verfahrens war ein Prozessbericht  der Roten Hilfe OG Düsseldorf/Mönchengladbach/Neuss über den §  129b-Prozess in Düsseldorf  gegen Faruk Ereren, den wir in unserer  Ausgabe 348 abdruckten.
Thematisiert wurde die Verhängung der Beugehaft gegen den in türkischer  Folterhaft erblindeten Zeugen Nuri Eryüksel. Er machte zu Fragen, die  seine eigene Person betrafen, keine Angaben, da er befürchten musste,  dadurch selbst kriminalisiert zu werden. Der Vorsitzende Richter Klein  verhängte dann zur Aussageerpressung noch im Gerichtssaal die Beugehaft,  die im übrigen 4 Wochen später vom BGH als rechtswidrig aufgehoben  wurde. Die ProzessbeobachterInnen der Roten Hilfe OG  Düsseldorf/Mönchengladbach/Neuss schrieben in ihrem Bericht dem Richter  nach der Verkündung der Beugehaft eine Bemerkung zu, die von vielen  Ohrenzeugen als zynisch empfunden wurde. In dem Prozessbericht wurde er  mit den Worten „für Nuri sei die Beugehaft wohl ein wirksames Mittel, um  sich zu besinnen, denn er sei ja erblindet“ zitiert und das „Gefangenen  Info“ erhielt deswegen die Anklage wegen Verleumdung. Wegen des  gleichen Artikels kommt es gegen die Betreiberin der Homepage  „Scharf-Links“ nach einem Freispruch zu  einem neuen Verfahren. Wir  denken nicht, dass sich die ProzessbeobachterInnen die zynische  Bemerkung ausgedacht hätten und halten die Artikel der Roten Hilfe OG  Düsseldorf/Mönchengladbach/Neuss für vertrauenswürdig. Wolfgang Lettow  wurde im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten  unterstellt, er habe bewusst etwas Falsches über den Richter verbreitet.  Mit dieser Argumentation soll die Glaubwürdigkeit unseres Blattes herab  gewürdigt werden und uns aufgezeigt werden, dass wir uns hüten sollen,  zynische Bemerkungen von Richtern zu zitieren. Zweifelsfrei feststellen  lässt sich tatsächlich nicht, was gesagt wurde. Wie bei den vielen  Verfahren, bei den Polizisten beteiligt sind, gilt auch insbesondere bei  Verfahren über Richter, welche die Rechtsprechung ja personifizieren  sollen, dass das, was es in einem sogenannten Rechtsstaat nicht geben  darf, in den Augen der Justiz auch nicht geben kann.   Wir werden weiterhin kritisch berichten.
Warum wird das „Gefangenen Info“ kriminalisiert?
Neben der redaktionellen Arbeit musste die Existenz und damit das  Fortbestehen des „Gefangenen Info“ auch immer vor den Gerichten  verteidigt werden, um damit vor allem das Leben der Gefangenen vor  staatlichen Übergriffen hinter Gittern zu schützen. Der Staat versuchte  seit 1989, also seit Bestehen dieser Zeitschrift, unter der Federführung  der Bundesanwaltschaft und den Geheimdiensten durch rund 30 Verfahren,  das „Gefangenen Info“ mundtot zu machen. Von den 30 Ermittlungsverfahren  endeten mindestens vier im Gerichtssaal vor der Klassenjustiz, die  teilweise durch mehrere Instanzen gingen. Verurteilt wurden mindestens  zwei RedakteurInnen. Im „Gefangenen Info“ wurde und wird das staatliche  Vorgehen gegen Gefangene kritisiert. Anlässe von Verfahren waren u. a.  Artikel, die die staatliche Version z. B. der Selbstmorde in  Stuttgart-Stammheim am 18.10.1977 oder die Erschießung von Wolfgang  Grams am 27.6.1993 in Bad Kleinen thematisierten und hinterfragten.
Im aktuellen Verfahren steht die Klage gegen das „Gefangenen Info“ in  direktem Zusammenhang mit den laufenden § 129b-Prozessen. Hier in der  BRD sind ca. zehn kurdische und türkische Gefangene wegen ihrer  politischen Arbeit verhaftet und in Isolationshaft. Der § 129b-Gefangene  Faruk Ereren bezeichnet das umfassende Isolationsprogramm als „Weiße  Folter mit dem Ziel, uns zu zermürben“. Faruk Ereren, der sich auf eine  Kooperation mit dem Gericht nicht einlässt, wird deshalb mit der  Androhung der Abschiebung in die Türkei erpresst.
All das hat Ähnlichkeit mit den drakonischen Maßnahmen, denen die  Gefangenen aus der RAF vor allem in den siebziger und achtziger Jahren  ausgesetzt waren. Die Anklagen gegen die anatolischen AktivistInnen  basieren häufig auf Foltergeständnissen aus der Türkei. Die  Staatsschutzsenate in Stuttgart und Düsseldorf haben durchweg keine  Probleme, „Früchte vom vergifteten Baum“, wie es der stellvertretenden  Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum ausdrückte, zu verwerten.
Die länderübergreifende Verfolgung politischer Oppositioneller aus der  Türkei dient nicht nur den Interessen des türkischen Staates, sondern  sie dient in erster Linie den Interessen der internationalen  Zusammenarbeit zwischen der Türkei und den EU-Staaten sowie den USA. Die  Türkei ist aufgrund ihrer strategischen Lage ein wichtiger Partner für  das expansive NATO-Bündnis. Auf militärischer Ebene lässt sich das gut  anhand der Tatsache aufzeigen, dass die Türkei der größte Waffenabnehmer  der BRD ist.
Von 2000 bis 2007 wehrten sich tausende türkische und kurdische  Gefangene in Hungerstreiks gegen die neuen Isolationsgefängnisse nach  dem Muster des Stammheimer Gefängnismodells, bei dem über 120 politische  Gefangene ums Leben kamen. Diese Gefängnisse wurden 2000 als EU-Auflage  in der Türkei eröffnet. Während des Hungerstreiks verlangte die Türkei  von ihren Verbündeten das Verbot der Öffentlichkeitsarbeit linker  türkischer Organisationen in Europa. Zusätzlich verlangt die Türkei die  Auslieferung von zirka 300 kurdischen und türkischen AktivistInnen.  In den laufenden § 129b-Prozessen in Düsseldorf geht es um dem Vorwurf  der Mitgliedschaft in der marxistisch-leninistischen DHKP-C  (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) aus der Türkei. Dabei werden  hierzulande v. a. das Sammeln von Spenden und die Verbreitung von in  der BRD legalen Publikationen kriminalisiert.
Nein zur Kriminalisierung linker Medien!
Wir sehen es als notwendig an, gegen die Kriminalisierung linker Medien  möglichst geschlossen vorzugehen. So richtet sich unser Protest nicht  allein gegen die Kriminalisierung des „Gefangenen Info“, sondern auch  gegen die Razzien in linken Buch- und Infoläden. Verschiedene linke  Berliner und Münchner Buch- und Infoläden waren in letzter Zeit von  Repressalien betroffen, bei denen die Zeitschriften „radikal“  und  „Interim“ beschlagnahmt wurden. Dem Berliner Buchladen „Schwarze Risse“  drohen Anzeigen wegen „Anleitung zu Straftaten“ und „Verstoß gegen das  Waffengesetz“. Verteidigen wir uns gegen die staatlichen Angriffe auf  unsere Infrastruktur und unsere Medien! Auch im Berufungsprozess gegen  das „Gefangenen Info“ werden wir uns nicht einschüchtern lassen und  mobilisieren zu einer Prozessdelegation!
Solidarität ist eine Waffe!
Info-Veranstaltung:
zum Prozess gegen das „Gefangenen Info“ und der Kriminalisierung linker Buchläden in Berlin
Dienstag, 5. Oktober um 18.00 Uhr
Im Clash (Mehringhof)
Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin
Prozessdelegation:
Montag, 11. Oktober um 13.30 Uhr
Landgericht Berlin-Tiergarten (Raum 731)
Turmstr. 91, 10559 Berlin
Gefangenen Info
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen
Rote Hilfe OG Berlin
 
                
                                    






