Am Freitag (29.1.10) fand eine weitere Infoveranstaltung im Rahmen der antifaschistischen Aktionstage in Magdeburg statt. Knapp über 30 Personen kamen ins Haus der Gewerkschaften zur Veranstaltung mit Kurt Pätzold über den Zusammenhang von faschistischer Diktatur und Kapital beziehungsweise der deutschen Wirtschaft.
Zum Auftakt beleuchtete der Mitbegründer der Antifaschistischen Jugend (1946) und heutiger Geschichtswissenschaftler K. Pätzold den Faschismus Begriff. Da wies er zum einen auf die ideologische Seite hin. Diese kennzeichnet sich in einer antidemokratischen, antisozialistischen, rassistischen und vor allem zwischen 1933 und ´49 antisemitischen und antislawischen Ideologie. Des Weiteren umfasst diese Ideologie die Auf- bzw. Überwertung der eigenen Nation mit der damit verbundenen Nichtschätzung und Missbilligung anderer Nationen und Völker. Ein weiterer Teil bezog sich auf den Faschismus als Bewegung. „Hier gilt das Führerprinzip!“ Demzufolge werden militärische Methoden (auch im Umgang untereinander) angewendet um eine verbrecherische Bekämpfung der Gegner bis hin zum Terror zu ermöglichen. Dabei zog K. Pätzold Parallelen vom Ende der Weimarer Republik bis hin zur heutigen Praxis von beispielsweise Justiz und Verfolgungsbehörden. Diese ginge nicht gegen Nazibanden sondern eher gegen linke und revolutionäre Kräfte vor.
Der Faschismus an der Macht zeigt sich schließlich „in einer offen terroristischen Diktatur der am meist chauvinistischen und imperialistischen Kräfte des Finanzkapitals“ (Dimitri Formel).
1933 wurde die offene Diktatur durch Hinrichtungen von Kommunisten und anderen Oppositionellen schnell spürbar. Die Diktatur wurde zunächst jedoch öffentlich verharmlost. Aus Konzentrationslagern wurden Erziehungsanstalten die nazistische Propaganda schaffte es sogar die Olympiade 1936 ins „friedliche“ Deutschland zu bringen. Aus der Beseitigung der Gegner mit Hilfe von SS- und SA Truppen und der Einrichtung der Konzentrationslager wurde schließlich der offene Terrorismus gegen die Völker.
Aber was hat nun das (Monopol-)Kapital damit zu tun? Die Nazipartei war anfänglich eher weniger ein Projekt der Kapitalisten. In den Gründungsjahren gehörten überwiegend reaktionäre Kräfte aus dem Bürgertum und ehemalige Offiziere der NSDAP an. Das Verhältnis von Großunternehmern und NSDAP änderte sich jedoch in den Jahren 1929/30 in Form von gesteigertem gegenseitigem Interesse. Göring knüpfte im Jahr 1930 Verbindungen zum Reichsbankpräsidenten, Hitler wurde zu Kongressen der Großgrundbesitzer und Industrieverbände eingeladen. Dabei kann keineswegs behauptet werden, dass die Manager dieser Konzerne nicht wussten mit wem sie es zu tun hätten. Im Gegenteil – die Kapitalisten handelten mit Berechnung. Anschließend bezog sich K. Pätzold auf ein geschichtsträchtiges Dokument aus dem Jahr 1932: Die so genannte Industriellen- Eingabe. Eine Gruppe von Großkapitalisten verlangte von Hindenburg und der NSDAP Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Die Großkapitalisten mussten in Hinblick auf die Festigkeit des kapitalistischen Systems in Krisenzeiten eine Entscheidung treffen zwischen einer offenen Militärdiktatur und Hitler. Die Mehrheit der deutschen Eliten und Kapitalisten stimmten für die Machtübernahme Hitlers und unterstützen die Nazipartei. Der Reichsverband der deutschen Industrie sahen zudem die Beseitigung der Demokratie und die damit Verbundene Schwächung der Gewerkschaften als Vorteil. Dazu kam die Steuerung der Enteignung der Juden – schließlich wurden die bürgerlichen Formen beiseite gelegt und zum offenen Raubzug übergegangen. Was kam sollte bekannt sein.
Nach dem Krieg gab es nur zwei große Prozesse gegen Großindustrielle (Flick und Krupp). Bei diesen Prozessen wurde nicht die offene Unterstützung der faschistischen Diktatur zum Inhalt gemacht. Es ging zum einen um die Plünderungen in den besetzten Gebieten und zum anderen um die Beschäftigung von Zwangsarbeitern. Auf größeren deutschen Industrieanlagen wurden Konzentrationslager eingerichtet um die Ausbeutung der Zwangsarbeiter zu optimieren und größtmögliche Umsätze einzufahren.
Die faschistische Bewegung ist aus der bürgerlichen Gesellschaft hervorgegangen (die Kapital dominiert war). Die Bürgerliche Gesellschaft birgt quasi in ihrem Schoße die Möglichkeit der politischen Formation, die nach klarem Kalkül (Herrschaft und Macht) sich bewusst für den Faschismus entscheiden kann.
K. Pätzold ging auch auf den Anteil der Bevölkerung ein. Die Schulbücher aus dem Geschichtsunterricht erzählen heute das Volk hätte Hitler gewählt. Die NSDAP hat nicht mehr als 38 % der Wählerstimmen vereinigt und so wäre eine Machtübernahe Hitlers über den parlamentarischen Weg niemals möglich gewesen. „Dieser Weg war eher eine Intrige eines Kreises von Kapitalisten und Hindenburg“, so Pätzold.
Tatsache bleibt jedoch, dass 38 % die NSDAP wählten – überwiegend Kleinbürger, Bürger und junge Arbeiter. Von daher hatten diese Wähler auch eine wichtige Funktion für Hitler denn ohne diesen Anhang wäre er für die Kapitalisten uninteressant gewesen. Die Mehrheit der Deutschen hätte sich schließlich mit dem System „ausgesöhnt“. Von der katholischen Kirche bis hin zu Industrieverbänden riefen viele zum Parteieintritt auf und so setzte ein „Konsolidierungsprozess“ der Gesellschaft mit dem deutschen Regime ein, schloss Pätzold schließlich seinen Vortrag vorerst ab.
Nun hatte das Publikum die Möglichkeit Anmerkungen zu geben und Fragen zu stellen. Es entwickelte sich eine angeregte Diskussion. Eine Besucherin fügte hinzu, dass die kapitalistische Bourgeoisie schon vor den 30-iger Jahren reaktionäre und faschistische Kräfte beachtlich unterstützte. So wurde ein Stück weit auch die Erreichung 38% erst möglich gemacht sowie gegen klassenkämpferische und kommunistische Bewegungen schon weit 1930 erheblich vorgegangen.
Im Anschluss stellte ein Zuhörer die Frage ob in Hinblick auf die aktuellen Krisenzeiten die Nazis wieder an Stärke gewinnen könnten. Wenn ein bürgerliches parlamentarisches System auch in Krisenzeiten so gut und friedlich funktioniert, gibt es keinen Grund es auszuwechseln. „Die Menschheitsgeschichte wird weitergehen“ – und so gab K. Pätzold die weitere Beantwortung der Frage an das Publikum ab welches noch einige Zeit miteinander diskutierte.
„Dass Hitler nicht vor der Tür steht ist kein Argument dafür den Widerstand gegen jede Form des Faschismus nachzulassen“ – resümierte Kurt Pätzold zum Schluss der Veranstaltung und bedankte sich für die Einladung bei den Veranstaltern und verabschiedete sich.
Ein Veranstaltungsbericht – „Hinter dem Faschismus steht das Kapital“
Permanent link to this article: http://zusammenkaempfen.bplaced.net/2010/02/ein-veranstaltungsbericht-%e2%80%9ehinter-dem-faschismus-steht-das-kapital%e2%80%9c/